Polizei Braunschweig: Schlag gegen europaweite Finanzbetrüger
Der Polizei Braunschweig ist ein Schlag gegen die internationale Organisierte Kriminalität gelungen. Die Opfer: vermutlich mehrere Zehntausend Menschen. Es geht insgesamt um Hunderte Millionen Euro.
Die Fäden der Ermittler laufen in Braunschweig zusammen, am Mittwoch schnappt ihre Falle zu: Zeitgleich durchsuchen Beamte Callcenter in Bulgarien und IT-Dienstleister in der Ukraine. Im Fokus außerdem: ein Privathaus sowie ein Unternehmen auf Zypern. Es wird verdächtigt, im großen Stil Geld gewaschen zu haben. Nach NDR Informationen wird auf der Mittelmeerinsel auch ein mutmaßlicher Drahtzieher des Netzwerks verhaftet. Er ist nach Zahlung einer hohen Kaution wieder auf freiem Fuß. Der Auslieferungsantrag ist gestellt. Die Polizei sichert zahlreiche Datenträger.
An den Durchsuchungen in der bulgarischen Hauptstadt Sofia haben auch Ermittler aus Braunschweig und Rostock teilgenommen haben. Die bulgarischen Behörden haben dazu ein Video veröffentlicht.
"Bislang größter Einsatz"
"Das ist unser bislang größter Einsatz", fasst ein Ermittler der Cybercrime Dienststelle in Braunschweig den Einsatztag im Gespräch mit dem NDR zusammen. Seit zwei Jahren hatten die Beamten gemeinsam mit Europol und der Kriminalpolizei in Rostock ermittelt.
Es geht um hochspekulative Finanzgeschäfte
Den Beschuldigten wird vorgeworfen, über die Internetplattform fx-leader Finanzgeschäfte angeboten zu haben, die aber tatsächlich nie abgewickelt wurden. Konkret geht es laut Justizministerium in Hannover um sogenannte Differenzkontrakte (CFD = Contract for Difference). Das sind hochspekulative Produkte, bei denen Anleger ihr Geld komplett verlieren können. Der Trick der Betrüger geht so: Auf Webseiten, die professionell gestaltet sind, werden den Interessenten hohe Gewinne für Anlagegelder zugesagt. Um glaubwürdig zu wirken, missbrauchen die Betrüger oft die Namen von Prominenten, die nichts davon ahnen, dass ihre Identität für Straftaten benutzt wird. Nach einer Mindesteinzahlung von zum Beispiel 250 Euro werden den Anlegern schnell vermeintliche Gewinne vorgetäuscht. Erst wenn die Opfer ihr Geld zurückhaben wollen, fällt der Betrug auf: Es ist bereits nach der ersten Einzahlung von den mutmaßlichen Betrügern auf andere Konten umgelenkt worden, die selbst für die Polizei kaum nachvollziehbar sind.
Kriminelle Anbieter mit seriösem Auftreten
Bis dahin sind die Opfer im Glauben, ihr Geld erwirtschafte etwa in profitablen Kryptowährungen wie Bitcoins hohe Renditen, die mit konservativen Geldanlagen nie erreichbar wären. Die Handelsplattformen im Internet, die das Geschäft angeblich abwickeln, haben gar keine Zulassung oder sitzen im Ausland. Rund 250 solcher Plattformen sollen nach Schätzungen der Ermittler derzeit existieren. Besonders perfide ist das seriöse Auftreten der Anbieter, die geschickt suggerieren, besonders glaubwürdig zu sein: Etwa indem die Betrugsopfer sogar gebeten werden, sich via virtuellem Identifikationsverfahren auszuweisen. So berichten es Ermittler dem NDR. Den Betrugsopfern scheint das auf den ersten Blick so seriös, dass sie zu durchaus hohen Investitionen bereit sind.
Betrugsopfer aus Göttingen bringt Ermittlungen ins Rollen
Auslöser für die Ermittlungen waren Anzeigen wie die eines 79-jährigen Mannes aus Göttingen. Er hatte den Versprechen einer solchen Internet-Plattform geglaubt. Der Rentner aus Göttingen freute sich zunächst über die intensive Betreuung durch Finanzberater per Telefon: "Die waren freundlich, sie waren sehr gut informiert. Es waren gute Verkäufer, und darauf bin ich reingefallen", sagt der Mann im NDR Interview. 250.000 Euro hat er den Betrügern nach und nach überwiesen. Als er das Geld abheben wollte, flog der Schwindel auf. Heute schämt er sich für seine Naivität, deshalb möchte er unerkannt bleiben.
Zehntausende Betrugsopfer bundesweit
Hunderten solcher Anzeigen aus dem gesamten Bundesgebiet ist die Polizei nachgegangen - bis sie zu den mutmaßlichen Hintermännern gelangte. Doch die Beamten sind sich sicher, dass es Zehntausende Betrugsopfer bundesweit geben dürfte, die noch nicht bemerkt haben, dass sie auf Kriminelle hereingefallen sind.
