Blick unter die Schale: Experten testen bunte Supermarkt-Eier

Stand: 06.03.2023 20:05 Uhr

Im Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) in Braunschweig werden aktuell auf Hochtouren bunte Eier geprüft. Denn: Immer wieder finden sich in Stichproben Keime.

von Tino Nowitzki

"Klack!" Wie eine Guillotine zerteilt das Messer das im grellen Pinkton gefärbte Osterei. Anschließend werden die Hälften an die Nase gehalten und erst mal ordentlich beschnüffelt. Was wie schlechte Tischmanieren klingt, ist eine ausgeklügelte Prüfmethode: "Riecht eiig-frisch. Wie gerade gekocht", sagt Roswitha Schiedeck, Mitarbeiterin des Lebensmittellabors am Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) in Braunschweig. Eiig-frisch - quasi das höchste Gütesiegel der Expertin. Eben genau so, wie ein buntes Ei eigentlich riechen sollte. Nicht immer ist das aber der Fall. Immer wieder findet die Labor-Mitarbeiterin faule Exemplare: "Diese sondern dann eher einen fruchtig-säuerlichen Geruch ab", sagt Schiedeck - also eindeutig Eier, die niemand beim Osterfrühstück verzehren sollte.

Ein Drittel der Proben belastet

Solche Befunde sind keine Seltenheit im LAVES: "Rund ein Drittel der Proben, die hier ankommen, sind mit Keimen belastet", sagt Prüfleiterin Dr. Jana Paulsen. Aber Vorsicht: Das ist nicht gleichbedeutend mit einem Drittel verdorbener Ware. Jede Probe besteht aus 30 Eiern, von denen im Schnitt zwei bis drei Auffälligkeiten zeigen. Stellen sie sich nach nochmaliger Prüfung tatsächlich als verdorben heraus, gilt die gesamte Probe als belastet. Dann geht eine Meldung an die zuständigen Behörden der Landkreise, die sich an die Hersteller wenden. Hochgerechnet ist also jedes dreißigste Ostereier aus dem Supermarkt nicht genießbar. Aber wie kommt das? Werden die Eier zuvor etwa nicht abgekocht?

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Ein Nest mit bunten Ostereiern. © fotolia.com Foto: gudrun

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Hersteller reizen Mindesthaltbarkeitsdatum gerne aus

Tatsächlich werden sie in Eierfärbereien, von denen die größten Europas in Niedersachsen stehen, zunächst mit Dampf und kochendem Wasser abgebrüht, bevor die Eier in allen möglichen Farben und Mustern gefärbt werden. Während rohe Eier ein gesetzlich vorgeschriebenes Maximal-Verkaufsdatum von 21 Tagen und eine maximale Haltbarkeit von 28 Tagen haben, gibt es bei bunten Ostereiern eine solche Vorgabe nicht. Die Hersteller wählen das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) selbst - und reizten gerne mal die Grenzen aus, sagt Paulsen. "Dazu kommt, dass die Eier im Supermarkt meist ungekühlt lagern", so die Expertin. Keime hätten es so leichter. Denn obwohl die meisten Färbereien die Eier noch einmal mit Schellack überziehen, könnten Keime eindringen - zum Beispiel bei leichten Beschädigungen.

Wachsweich soll der Dotter sein

Deshalb wird im LAVES vor jedem weiteren Test die Schale auf Schäden überprüft. Ist diese intakt, lagern die Eier bis zum Ablauf ihrer Haltbarkeit bei Zimmertemperatur und werden erst dann weiter analysiert. Neben dem Geruch entscheidet da auch die Haptik: "Das Eiweiß muss so richtig schön glänzen", sagt Prüferin Roswitha Schiedeck, "und der Dotter sollte wachsweich sein". Alles Zeichen für Frische. Verfärbungen von Dotter und Eiweiß hingegen seien in der Regel kein Alarmsignal: "Das ist zumeist nur die Lebensmittelfarbe von der Schale, die abfärbt", so Schiedeck. Essen könne man so ein Ei ohne Bedenken.

Süßlich: Pfui! Eiig: Hui!

Und genau das machen auch die Prüferinnen und Prüfer: Sie schaufeln kleine Happen auf einen Löffel, stecken ihn sich in den Mund, lassen die Proben auf der Zunge zergehen und schauen dabei höchst konzentriert in den Raum. Auch beim Geschmackstest gilt: süßlich: pfui. Frisch und eiig: hui! Währenddessen wird in einem anderen Bereich des LAVES die Farbe auf der Schale untersucht. Die Prüfer analysieren, ob alle verwendeten Farbstoffe deklariert wurden und ob sie überhaupt zugelassen sind. Die Fabriken verwenden zumeist drei Farbstoffe und mischen sie, um verschiedene Farbergebnisse zu erzielen: Erythrosin, Patentblau und Annatto. Letzteres ist ein gelblich-oranger Stoff, gewonnen aus den Früchten einer tropischen Pflanze. Schon die Azteken nutzten es für die Bemalung ihrer Krieger. Heute wird es, abgesehen von Ostereiern, zum Beispiel auch zum Färben von Käse benutzt.

Immer weniger belastete Eier

In den Wochen vor dem Osterfest testen die Expertinnen und Experten des LAVES in Braunschweig rund 100 Ostereier am Tag. Dann stapeln sich in den Laboren förmlich die Pappkartons und Plastik-Körbchen. Und auch wenn sie immer wieder mit Keimen belastete Exemplare finden, scheint sich die Situation deutlich zu verbessern: "Tatsächlich kommen uns immer weniger auffällige Eier unter", sagt Dr. Jana Paulsen. Vorm Ostereier-Kauf im Supermarkt muss also niemand Angst haben. Aber kann man bei derartig intensiver Beschäftigung mit dem Thema an Ostern überhaupt noch Eier sehen? "Klar", sagt Testerin Roswitha Schiedeck. "Auch, wenn ich dann lieber die Eier meiner eigenen Hühner esse."

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Orangefarbenes Ei in einem Nest. © imago/Science Photo Library

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Hallo Niedersachsen | 06.03.2023 | 19:30 Uhr

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