Der Lüneburger Lastenrad-Bringdienst Heid-Löper © Laralü

Lüneburg: Logistik mit dem Lastenrad

Stand: 04.07.2022 18:32 Uhr

Steigende Spritpreise belasten derzeit viele Unternehmen in der Logistikbranche. Nachhaltigere Logistikkonzepte, zum Beispiel mit dem Lastenrad, können eine Lösung sein.

Ein Mann fährt auf einem Lastenrad. © dpa-Bildfunk Foto: Carsten Koall
Beitrag anhören 5 Min

von Paul Frederik Schulz-Greve

Andreas Göhring will lieber mit dem Fahrrad als mit dem Auto unterwegs sein. Vor sechs Jahren sah das aber noch ganz anders aus. Als Außendienstler fuhr er mehr als 5.000 Kilometer pro Monat, angetrieben durch einen Verbrennungsmotor. Dann stieg er um: "Ich bin als Quereinsteiger auf die Idee gekommen, etwas mit einem Lastenfahrrad zu machen. Dann gab es eine Gemüse-Kooperation hier in Lüneburg. Die brauchten jemanden, der das Gemüse emissionsarm und -frei an die Abholorte schafft. Das war der Start für mein großes Lastenfahrrad, das eine Europalette transportieren kann."

Innenstadtlogistik mit dem Lastenrad - läuft!

Andreas Göhring vom Lüneburger Lastenrad-Bringdienst Laralü. © Laralü
Andreas Göhring vom Lüneburger Lastenrad-Bringdienst Laralü ist überzeugt vom Potential des Lastenverkehrs ohne Motor.

Laralü, Lastenrad Lüneburg, nennt sich sein Ein-Mann Unternehmen. Andreas Göhring liefert alles am gleichen Tag: Das Buch, die Spielwaren vom Einzelhandel in der Innenstadt oder Medikamente aus der Apotheke. Sein Angebot wird durch den sogenannten Heid-Löper ergänzt, der sich vor allem auf Post- und Presseerzeugnisse spezialisiert hat. Geschäftsführer Thomas Gräble und seine Mitarbeiter kümmern sich mit insgesamt 21 Lastenrädern und mehreren Elektro-Fahrzeugen um die Innenstadtlogistik für den nächsten Tag. Während die Konkurrenz in Frachträumen denke, fordert Thomas Gräble ein Umdenken. Bepreist werden soll nicht das verschickte Volumen, sondern das einzelne Produkt: "Das kapieren auch immer mehr Kunden. Das Schöne ist, dass auch immer mehr Kunden mittlerweile von der Verpackung weggehen. Das ist natürlich auch gerade bei Andreas ein Riesenvorteil."

Müllvermeidung inklusive

Der Lüneburger Lastenrad-Bringdienst parkt zwischen Bäumen. © Laralü
Auch wenn es noch zu wenige ausgewiesene Parkplätze gibt - ein schönes Plätzchen für den Lüneburger Lastenrad-Bringdienst findet sich eigentlich immer.

Andreas Göhring transportiert so gut wie alles ohne Karton oder Plastikmantel. Allerdings fehlt es noch an einer geeigneten Software, um eingehende Aufträge optimal zu bearbeiten. Die App, die die Beiden bräuchten, müsste schon bei der Auftragserteilung entscheiden können, ob ein Lastenfahrrad oder ein Elektro-Fahrzeug eingesetzt werden muss. Eine solche Software gibt es bisher aber noch nicht. Das spielt auch für große Logistikkonzerne eine Rolle. Die Göttinger Zufall logistics group zum Beispiel investiert deshalb nicht nur in einen Hersteller für Lastenräder, sondern auch in ein Unternehmen für Logistik-Software. Ein langfristiges Vorhaben. Denn aktuell sei die Lastenradlogistik noch nicht wettbewerbsfähig, findet Zufall Innovation Scout Mark Henkel: "Wenn wir aber an die Zukunft denken, die wirklich nachhaltig ist, die die Umwelt und den Menschen in den Vordergrund stellt und nicht einfach nur das Geld, das man verdient, dann wird es ein sehr wettbewerbsfähiger Ladungsträger werden. Da kann man auch wirklich im zwei-Mann-Handling eine Waschmaschine dazu stellen, wie ein Beispiel aus Kassel zeigt."

Nachhaltig denken heißt klein denken

Eine wichtige Rolle spielten dabei die Regionalität und sogenannte Micro-Hubs - das heißt weg vom großen Verteilzentrum, hin zu vielen kleinen Depots. So könnten Lastenräder Leerfahrten vermeiden und die Strecken blieben kurz. Um die Lastenradlogistik wettbewerbsfähig zu machen, braucht es deshalb Vorreiter wie die beiden Lüneburger Unternehmer: "Ohne solche Pilotprojekte würde die Szene gar nicht so weit vorangehen", ist sich Andreas Göhring sicher. "Viele Akteure, etwa der Händler, machen das nicht in erster Linie, um Geld damit zu verdienen, sondern um den Unterschied zu machen und auch ein Proof of Concept zu hinterlegen. Das sind Wegbereiter. Ohne diese Menschen würde diese ganze Branche noch weiter hinten sein." Pionier Andreas Göhring ist Idealist, sagt er. Das müsse er auch sein, denn steigende Kosten für Ersatzteile wie Bremsscheiben verringern auch seine Gewinnmarge. Dennoch ist er glücklich mit seinem Berufswechsel: "Ich bin da, wo ich sein wollte, und mach das jetzt so lange, bis ich vom Fahrrad falle. Und dann ist gut."

Weitere Informationen
Logo der Sendung Einfach genial © MDR

Einfach genial!

Geniale Erfindungen die den Transport mit dem Fahrrad leichter machen. Das Magazin über Erfinder und ihre Ideen. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Perspektiven - auf der Suche nach Lösungen | 06.07.2022 | 08:50 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Klimaschutz

Energiewende

Solarenergie

Mehr Nachrichten aus Niedersachsen

Fahrzeuge von Feuerwehr und Rettungsdienst stehen am frühen Morgen auf dem Gelände der Freiwilligen Feuerwehr Elm. © dpa-Bildfunk Foto: Jonas Walzberg

Vermisster Arian aus Bremervörde: Helfer starten "leise Suche"

In der Nacht auf Samstag suchen die Einsatzkräfte ohne Feuerwerk und Musik nach dem Jungen. Aufgeben sei keine Option. mehr