Wismarer Bürgerschaft will Wonnemar retten
Die Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie bringen Schwimmbäder in Bedrängnis - so auch das Wonnemar in Wismar. Das Freizeitbad könnte in den Besitz der Stadt übergehen.
Die Wismarer Bürgerschaft hat am Donnerstagabend einem Rettungsplan zugestimmt, falls der Betreiber in die Insolvenz geht. Das Freizeitbad steckt Corona-bedingt in finanziellen Schwierigkeiten. Gespräche mit dem Betreiber laufen - laut Wismars Bürgermeister Beyer (SPD) gehe es darum "Vorbereitungen für alle Eventualitäten zu treffen, damit das Bad weiterbetrieben werden kann."
Beim "Heimfall" übernimmt die Stadt das Schwimmbad
Die Stuttgarter Mutterfirma interSPA befindet sich seit Ende September in der Insolvenz in Eigenverwaltung. Nun droht auch die Tochterfirma HWR, die das Wismarer Wonnemar betreibt, insolvent zu gehen. Für diesen Fall will die Stadt vorsorgen: Sie bereitet den sogenannten "Heimfall" vor, was bedeutet, dass das Schwimmbad in den Besitz der Stadt übergehen würde. Das geht aus Unterlagen hervor, die dem NDR vorliegen.
Vertrag über öffentlich-private Partnerschaft aus dem Jahr 1998
Vor mehr als 20 Jahren hatte die Stadt Wismar einen entsprechenden Vertrag über die Finanzierung und Nutzung geschlossen. Die interSPA hat das Wonnemar damals gebaut und lässt es seitdem durch die HWR betreiben. Dafür hat sie einen Kredit über rund 30 Millionen Euro ausgezahlt bekommen, den die Kommune über 30 Jahre zurückzahlt. Die Stadt trägt außerdem weitere Kosten, erläutert ein Stadtsprecher: "Damit verbunden ist auch ein Nutzungsvertrag für das Schul- und Vereinsschwimmen, für den die Hansestadt Wismar rund 1,3 Millionen Euro im Jahr bezahlt." Obwohl das Wonnemar Corona-bedingt für die Allgemeinheit geschlossen ist, findet das Schulschwimmen momentan statt.
Erhaltungsbetrieb soll Schäden verhindern
Sollte demnächst auch die HWR in die Insolvenz gehen, müsste die Stadt eingreifen. Der Heimfall ist dafür eine Art Joker in dem Vertrag zwischen interSPA und der Stadt Wismar um einen Schaden am Freizeitbad zu verhindern. Denn wenn zum Beispiel die Becken leer sind und Pumpen, Belüftung und Heizung nicht laufen, würde das Schwimmbad Schaden nehmen. In der Wismarer Bürgerschaft wurde entschieden, dass die Stadt diese Option nutzen darf, falls es soweit kommt. Laut dem Senator der Stadt Berkhahn (CDU) müssen man sich das jetzt wie eine Trapez-Nummer vorstellen: "Wir sind dabei, ein Netz aufzuspannen, falls doch jemand runterfällt." Ob sie das Freizeitbad später selbst betreiben würde oder ein anderes Unternehmen, ist dabei offen. Nahtlos weitergehen würde es trotzdem nicht: Der Übergang kann mehr als ein Jahr dauern. In der Zwischenzeit muss das Schwimmbad weiter erhalten werden. Und das mit Betriebskosten von rund 50.000 Euro im Monat - auch wenn keine Besucher kommen dürfen.
Alle Bäder des Betreibers durch Pandemie in Bedrängnis
Durch die Corona-Krise mussten alle sechs Bäder der Gruppe im Frühjahr schließen. Nach einem eingeschränkten Betrieb unter Hygiene-Auflagen im Sommer, sind die Freizeitbäder seit Anfang November wieder geschlossen. Ob das Wonnemar in Wismar weiterbestehen kann, hängt einem Sprecher der interSPA-Gruppe zufolge von drei Faktoren ab: "Erstens davon, wie lange der Lockdown dauert; zweitens davon, ob die Betriebsgesellschaft des Wonnemar Wismar die Corona-Hilfszahlungen in der erwarteten Höhe erhält; und schließlich drittens davon, ob die Bemühungen zu einem positiven Ergebnis führen, gemeinsamen mit der Kommune ein zukünftig tragfähiges Standortkonzeptes zu entwickeln." Nach den Unterlagen, die dem NDR vorliegen, geht es in dem Konzept um Stundungen der Stadt und auch Forderungen, für die ausfallenden Einnahmen während der Corona-Pandemie einzuspringen. Schon im Mai war die Stadt Wismar dem Unternehmen entgegengekommen, in dem sie fällige Zahlungen stundete.
"Heimfall" wird auch an anderen Standorten geprüft
Auch in anderen Städten, in denen die interSPA-Gruppe Wonnemar-Freizeitbäder betreibt, gibt es diese Gespräche. Laut gemeinsamen Recherchen mit dem Bayerischen Rundfunk wird auch in Sonthofen im Allgäu über verschiedene Konzepte zwischen dem Stuttgarter Unternehmen und der Kommune gesprochen. Im schwäbischen Neu-Ulm ist der "Heimfall" bereits vollzogen: Seit Anfang 2017 ist das dortige Freizeitbad in städtischer Hand.
