Transparency wirft MV wegen Stiftung Verschleierung vor
Mogel-Packung, Tarn-Organisation oder schlicht "Fake-Stiftung" - seit ihrer Gründung steht die Landesstiftung "Klima- und Umweltschutz MV" in der Dauerkritik. Jetzt geht es um einen neuen Vorwurf: Nach Ansicht von Transparency International verstößt die Landesregierung mit der Stiftung gegen das Geldwäsche-Gesetz.
Alle haben sich schon an ihr abgearbeitet: die Deutsche Umwelthilfe, die großen Naturschutzverbände, die Grünen und jetzt - nach dem Wechsel in die Opposition - auch die CDU-Fraktion im Landtag. Seit mehr als 13 Monaten produzieren die Attacken gegen die Stiftung "Klima- und Umweltschutz MV" eine Negativschlagzeile nach der anderen. Vor allem zwei Dinge bringen die Kritiker in Rage: Die Stiftung bekommt ihr Geld - 20 Millionen Euro in der ersten Tranche - aus den Gewinnen russischer Gaskonzerne. Es sei schlicht "Etikettenschwindel", mit dem klimaschädlichen Gas Umweltschutzprojekte zu finanzieren. Und der zweite Kritikpunkt: Die Stiftungsspitze um Ex-Ministerpräsident Erwin Sellering und seine Nachfolgerin Manuela Schwesig (beide SPD) kuscheln mit der russischen Machtelite und verkaufen die Öffentlichkeit für dumm.
Transparency sieht Verstöße gegen Transparenzvorgaben
Bisher hat die Stiftung alle Vorwürfe pariert - es gibt sie immer noch. Für Stiftungs-Chef Sellering sind die Baumpflanzaktionen und die Kita-Projekte eine Erfolgsgeschichte. Jetzt unternimmt die Antikorruptions-Organisation Transparency International einen neuen Versuch, die Stiftung madig zu machen oder besser: zu entlarven. Sie sagt, die Landesstiftung verstoße gegen Transparenzvorgaben und das Geldwäschegesetz.
Transparency will Nennung russischer Hintermänner
Transparency begründet das so: Die Landesstiftung verschleiere, wer die wahren Geldgeber sind und wer hinter der Stiftung steckt - nämlich russische Unternehmen wie der Staatskonzern Gazprom und damit der russische Staat. Die Antikorruptions-Organisation sagt, die Stiftung mache nur lückenhafte Angaben im Transparenzregister des Bundes. Dort werde nur der dreiköpfige, deutsche Stiftungsvorstand um Stiftungschef Sellering genannt - und auch das nur nach Aufforderung. Diese Angaben aber reichten nicht. Transparency-Chef Hartmut Bäumer fordert einen offenen und ehrlichen Umgang mit den russischen Hintermännern, die das eigentliche Sagen hätten.
Bestimmt letztlich Russland über den wirtschaftlichen Betrieb?
Denn mehr als 99 Prozent des gesamten Stiftungskapitals von 20 Millionen Euro komme von der Nord Stream 2 AG. Die sei eine Tochter des russischen Gazprom-Konzerns, und der gehöre dem russischen Staat. Nord Stream 2 könne bestimmen, wie der wirtschaftliche Betrieb zu laufen habe, mit dem die Stiftung die Pipeline Nord Stream 2 ans Netz bringen will. Dafür sei eigens eine Firma gegründet und ein Schiff gekauft worden - die "Blue Ship". Das Ziel einer gemeinnützigen Stiftung werde damit hintertrieben.
"Alle Karten müssen auf den Tisch"
Der russische Einfluss müsse klar benannt werden, fordert Bäumer: Gazprom-Chef Alexej Miller gehöre ebenso ins Transparenzregister wie die Russische Föderation - und an deren Spitze steht Präsident Wladimir Putin. "Alle Karten müssen auf den Tisch", so Bäumer. Er meinte, Mecklenburg-Vorpommern solle das, was von Firmen verlangt werde, auch selbst umsetzen. Außerdem sei wichtig, dass die Lobby-Verstrickungen rund um die Stiftung offengelegt werden. Ministerpräsidentin Schwesig müsse über ihre "vermeintlich privaten Treffen" mit dem Chef-Lobbyisten der russischen Gasindustrie, Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) aufklären. "Politische Entscheidungsfindung muss transparent und nachvollziehbar ablaufen."
SPD-Ortverein Wismar erhielt Parteispende von russischer Firma
Mindestens einmal hat die Landes-SPD von den engen Wirtschaftskontakten in Richtung Russland profitiert. Das russische Holzunternehmen Ilim Timber mit Zentrale in St. Petersburg hat 2017 eine Parteispende in Höhe von 10.000 Euro an den SPD-Ortsverein Wismar überwiesen. Ilim Timber ist neben Gazprom oder Nord Stream 2 einer der Sponsoren des Russlandtags der Landesregierung. Auch diese Veranstaltung ist eine Idee von Sellering, Sie fand 2014 in Rostock das erste Mal statt. Sellering setzte das Wirtschaftsforum gegen den Widerstand von Kritikerin - unter anderem aus Polen - ein halbes Jahr nach Russlands Annexion der Krim durch. Hauptredner in Rostock war damals Sellering-Freund Gerhard Schröder.
Antikorruptions-Organisation fürchtet Präzedenzfall
Mit Blick auf Sellerings Klimastiftung warnte der Finanzexperte von Transparency, Stephan Ohme, vor einem Präzedenzfall. Schon jetzt sei Deutschlands internationale Rolle im Kampf gegen Schattenwirtschaft und Geldwäsche durch das Beispiel aus Mecklenburg-Vorpommern gefährdet. Wenn das Vorgehen in Schwerin Schule mache und ungestraft weiterlaufe, so Ohme, dann könnten weitere Stiftungen unter externem Einfluss entstehen. Beispielsweise könnte es die Idee geben, im Hamburger Freihafen eine Stiftung "über die Förderung der Erinnerung an die internationale Handelsbeziehungen Hamburgs im Bereich Teppichwesen" zu gründen - finanziert vom Iran und mit einem Zollfrei-Lager internationaler Händler. Die Lobbyszene und die Schattenwirtschaft seien "enorm kreativ", so Ohme, um immer wieder neue Gesetzeslücken zu finden.
Ministerien eingeschaltet
Transparency ist im Fall der Klimastiftung mit mehreren Anläufen vor dem Bundesverwaltungsamt und auch bei Ministerpräsidentin Schwesig gescheitert. Beide hatten sich jeweils für nicht zuständig gehalten. Jetzt hat die Organisation das Innen- und das Finanzministerium aufgefordert, einzuschreiten. Die Ministerien sind zuständig für Stiftungsfragen und Geldwäsche-Bekämpfung.
Transparency-Chef Bäumer vermutet eine Taktik hinter dem Agieren der Landesregierung: Sie wolle dem Ansehen der Stiftung nicht schaden. Es sei einfach ein Makel, wenn ganz klar werde, dass ein Land wie Russland an den Schalthebeln der Stiftung stehe. Immerhin gelte Russland als hochkorruptiv. Eine Erwähnung im Transparenzregister würde an dem Konstrukt der Stiftung zwar nichts ändern, so Bäumer, aber diese Nennung wäre wenigstens rechtskonform.
Landesregierung: Stiftung ist für Transparenzregister zuständig
Ein Regierungssprecher wies die Vorwürfe mit Blick auf die Eigenständigkeit der Stiftung zurück. Die Landesregierung sei nicht für die Eintragung ins Transparenzregister zuständig, die müsse die Stiftung selbst vornehmen. Und die Kontrolle der Stiftung liege beim Bundesverwaltungsamt. Darauf habe das Justizministerium Transparency International bereits vor einigen Tagen hingewiesen. Transparency verweist dagegen auf die engen Verbindungen der Landesregierung in die Stiftung - so würden Vorstand und Kuratorium von der Ministerpräsidentin berufen.
