NDR Talk vor Ort: Debatte um leere Kassen und wichtige Aufgaben
Drei Bewerber zur Landratswahl im Landkreis Vorpommern-Greifswald stellten sich am Montag den Fragen des Publikums in Lassan. Bestimmende Themen: Verkehr, Tourismus, Windkraft und die Finanzen des Kreises.
Im Schützenhaus in Lassan diskutierten am Abend rund 150 Menschen live vor Ort mit den Kandidaten für das Amt des Landrats im Landkreis Vorpommern-Greifswald. Eingeladen waren Inken Arndt (AfD), der ehemalige Bundestagsabgeordnete Erik von Malottki (SPD) sowie der amtierende Landrat Michael Sack (CDU). Im Fokus standen Themen wie Infrastruktur, medizinische Versorgung und die finanziell angespannte Lage der Kommunen.
Schwerpunkt Infrastruktur: Staus, Straßen und ÖPNV
Das erste große Thema war die Verkehrssituation, etwa Staus und überfüllte Züge Richtung Usedom. Alle Kandidaten waren sich einig, dass der ÖPNV verbessert und die Straßen ausgebaut werden müssen. Erik von Malottki forderte die schnelle Umsetzung der Vorpommern-Magistrale und sprach von einer "riesigen Chance" für die Region. Das Schlagwort "Vorpommern-Magistrale" steht für den Ausbau der Bahnstrecke von Berlin nach Binz: Züge sollen dort schneller fahren können. Michael Sack unterstützte die Idee, wies jedoch auf die Zuständigkeit von Bund und Land hin. Inken Arndt zeigte sich zwar grundsätzlich dafür offen, äußerte aber Skepsis, ob der Bund die notwendigen Mittel bereitstellen werde.
Während der Diskussion um Bus und Bahn in Vorpommern-Greifswald ging es immer wieder um das Modell des Ilse-Busses - ein Rufbus, der nicht flächendeckend im Land fährt. Sack erklärte, der Nahverkehr im ländlichen Raum sei auf dieses System angewiesen. Von Malottki kritisierte, dass der Landkreis bisher kein funktionierendes Rufbussystem habe und forderte dringend eine flächendeckende Einführung. Arndt bekräftigte ebenfalls, dass der Ilse-Bus weiter ausgebaut werden müsse.
Zugesendete Fragen aus dem Publikum
Beim Thema Straßenbau berichteten alle Kandidaten von erheblichen Problemen. Inken Arndt verwies auf die Notwendigkeit, Brücken und Straßen schneller zu sanieren. Michael Sack erklärte, dass nur begrenzte Haushaltsmittel (rund 12 Millionen Euro) zur Verfügung stünden und die Priorisierung der Projekte über eine eigens eingerichtete Matrix, eine Art Prioritätenliste, erfolge. Von Malottki schlug vor, bei der Auswahl stärker die Nutzungshäufigkeit und den baulichen Zustand der Straßen zu berücksichtigen. Zum Ausbau der Elektromobilität, etwa der fehlenden Ladesäule in Ferdinandshof, sagte Inken Arndt, dass bei Bedarf nachgebessert werden müsse. Von Malottki erklärte, E-Mobilität sei ein wichtiges Zukunftsthema, müsse aber behutsam vorangetrieben werden.
Spannungsfeld zwischen Stadt und Land: Volle Küsten, leeres Hinterland
Eine Frage an die Kandidierenden lautete: Wie kann ein Landrat für mehr Ausgleich zwischen touristischen Orten wie Usedom und ländlichen Gebieten sorgen? Erik von Malottki forderte mehr Gerechtigkeit zwischen den Regionen. Michael Sack verwies auf die enorme Flächenausdehnung des Landkreises und die daraus resultierende Notwendigkeit, regionale Unterschiede stärker zu berücksichtigen. Inken Arndt sprach sich für Dorfprojekte und mehr Wohnraum für junge Menschen aus.
Bauen und Wohnen im Landkreis
Die Kandidaten sprachen auch über die Schwierigkeiten beim Wohnungsbau. Michael Sack kritisierte das Bundesbaugesetz als Hemmnis. Inken Arndt sah die Verantwortung auch bei den Kommunen und forderte bessere Gespräche mit Bürgermeistern. Erik von Malottki kündigte an, sich für pragmatische Lösungen bei Bauvorhaben einzusetzen.
Erneuerbare Energien: Kontroverse Diskussion
Eine Nachfrage aus dem Publikum betraf den Ausbau erneuerbarer Energien. Michael Sack betonte, dass Gemeinden, die Anlagen wollen, davon profitieren müssten, etwa durch sinkende Strompreise. Inken Arndt sprach sich klar gegen den Ausbau von Windkraft aus und erhielt dafür Applaus. Erik von Malottki hingegen sah erneuerbare Energien als Chance, insbesondere zur Haushaltsentlastung der Kommunen. Wichtig sei eine vernunftbasierte Planung unter Beteiligung der Gemeinden.
Finanzlage des Landkreises
Ein zentrales Thema war schließlich die angespannte Finanzlage: Der Landkreis hat ein Volumen von etwa 650 Millionen Euro. Inken Arndt forderte eine Senkung der Kreisumlage, kritisierte hohe Ausgaben, etwa bei der Digitalisierung der Verwaltung. Michael Sack plädierte für einen sehr maßvollen Umgang mit den verfügbaren Mitteln. Von Malottki sprach sich dafür aus, an der beitragsfreien Kita festzuhalten und betonte, dass Sparpotenziale geprüft werden müssten, ohne Personal im Verwaltungsapparat abzubauen.
Sachliche Debatte, kurze Zusammenfassung am Schluss
Der Abend im Schützenhaus in Lassan war geprägt von einer fairen, sachlichen Diskussion. Nach über zwei Stunden haben Arndt, Sack und von Malottki mit kurzen Statements die Frage beantwortet, warum man sie am 11. Mai ins Landratsamt wählen sollte. Arndt erklärte: "Weil ich ehrlich bin. Brandmauern gibt es bei mir nicht. Ich sehe viele Projekte, die wir in den Landkreis bringen könnten. Vor allem möchte ich die Digitalisierung weiter vorantreiben." Michael Sack warb mit seiner Erfahrung: "Unser Landkreis ist sicher einer der schönsten, aber auch der mit den meisten Problemen. Ich bringe die Fachkompetenz und Erfahrung für diesen Landkreis mit." Erik von Malottki sagte: "Ich brenne einfach für unsere Heimat und für unseren Landkreis. Ich habe viele Ideen und will Politik weiter voranbringen. Außerdem will ich Bürgerinnen und Bürger stärker einbinden und mein Gehalt auf 3.000 Euro deckeln, damit mehr Gelder für den Landkreis zur Verfügung stehen."
Die Landratswahl in Vorpommern-Greifswald findet am 11. Mai 2025 statt.
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