NDR Talk vor Ort zur Landratswahl in VG: Der Faktencheck
Die drei Kandidaten haben sich am Montag gut zwei Stunden den Fragen der Journalisten, der Zuschauer und des Publikums gestellt. Dabei wurden auch einige Fakten genannt, die einem Faktencheck unterzogen wurden.
Minute 13: Erik von Malottkis Mandat in der Greifswalder Bürgerschaft
Bei der Vorstellung von Erik von Malottki (SPD) heißt es, er sei seit 2014 Mitglied der Greifswalder Bürgerschaft.
CHECK: Erik von Malottki hat sein Mandat im Juni 2022 niedergelegt. Seit der Kommunalwahl im Juni 2024 ist er wieder Mitglied der Bürgerschaft.
Minute 14: Vorpommern-Greifswald fast Schlusslicht bei Zukunftsfähigkeit
Erik von Malottki (SPD) sagt, der Landkreis Vorpommern-Greifswald liege bei der Bewertung der Zukunftsfähigkeit auf Platz 391 von 401 Landkreisen bundesweit.
CHECK: Das stimmt, allerdings gibt es eine Ungenauigkeit. Das Wirtschaftsforschungsunternehmen prognos überprüft alle drei Jahre in seinem Zukunftsatlas die Zukunftsfestigkeit der deutschen Kreise und kreisfreien Städte anhand ausgewählter makro- und sozioökonomischer Indikatoren und stellt sie in einem bundesweiten Ranking einander gegenüber. Dabei liegt Vorpommern-Greifswald bei den Zukunftschancen auf Platz 391. Allerdings nicht von 401 sondern von 400 Regionen.
Minute 24: Vorpommern-Magistrale
Inken Arndt (AfD) sagt, mit der Vorpommern-Magistrale, also dem Ausbau der Bahnstrecke Berlin-Angermünde-Stralsund würde sich die Fahrtzeit teilweise um nur 20 Minuten verringern.
CHECK: Das Aktionsbündnis Vorpommern-Magistrale spricht von mindestens 25 Minuten. Die Reisezeit von Berlin nach Sassnitz würde sich sogar um eine Stunde verringern, heißt es.
Minute 29: Polnische Firmen für den Straßenbau
Inken Arndt (AfD) schlägt vor, polnische Firmen für den Straßenbau zu beauftragen. Dort würden Straßen deutlich schneller gebaut werden als in Deutschland.
CHECK: Wie ein Sprecher des Kreises mitteilt, werden Maßnahmen erst ab einer bestimmten Summe europaweit ausgeschrieben. Der EU-Schwellenwert liegt bei 5.538.000 Euro. Darunter wird öffentlich in Deutschland ausgeschrieben. Bei Liefer- und Dienstleistungen, wie zum Beispiel Planungsleistungen, beträgt die Schwelle 221.000 Euro. Tatsächlich werden in Polen Infrastrukturmaßnahmen relativ schnell umgesetzt, weil es dort bei Genehmigungen und Bauplanungen weniger Bürokratie gibt. Allerdings gibt es keine Datengrundlage, ob polnische Firmen schneller arbeiten als deutsche, heißt es vom Landesstraßenbauamt. Dafür müssten zwei Unternehmen dieselbe Straße unter denselben Randbedingungen herstellen.
Minute 33: Flächendeckender Rufbus
Erik von Malottki (SPD) sagt, der Landkreis Vorpommern-Greifswald sei der einzige Landkreis ohne flächendeckendes Rufbussystem.
CHECK: Das stimmt. In Vorpommern-Greifswald gibt es den "Friedrich"-Rufbus in Greifswald und den ILSE-Rufbus. Der fährt aber nur zwischen Loitz und Jarmen und im südlichen Teil des Landkreises. Zwischen Greifswald und Anklam und auf der Insel Usedom gibt es kein Rufbus-Angebot. Auf bestimmten Linien der Anklamer Verkehrsgesellschaft (AVG) verkehren allerdings zu bestimmten Zeiten und nur bei tatsächlichem Bedarf Rufbusse. Der Kreis übernimmt aber ab 2026 die Konzession der Usedomer Bäderbahn und will ab 2028 auch die Konzession der Anklamer Verkehrsgesellschaft übernehmen.
Minute 45: Ausbau der Kreisstraßen
Michael Sack (CDU) sagt, in den vergangenen sechs Jahren wurden in Vorpommern-Greifswald vier mal so viele Straßen saniert wie davor.
CHECK: Das stimm. Vom Landkreis heißt es: "Von 2011 bis 2017 wurden durchschnittlich pro Jahr rund 3,35 Kilometer Kreisstraßen fertiggestellt. Von 2018 bis 2024 rund 13,16 Kilometer. Dies ist also rund 3,93 mal so viel."
Minute 53: Rufbus auf Usedom
Erik von Malottki (SPD) sagt, die UBB habe dem Kreis Vorpommern-Greifswald angeboten, ein Rufbussystem auf Usedom umzusetzen, wenn der Landkreis einen Zuschuss gegeben hätte.
CHECK: Hier gibt es unterschiedliche Angaben. Eine Sprecherin der Deutschen Bahn bestätigt, dass die UBB dem Landkreis genau das angeboten hat. Ebenfalls wurde ein Antrag auf Förderung von vier Kleinbussen sowie zur Anschaffung eines Buchungssystems beim Landkreis gestellt. Ein Sprecher des Kreises teilte dem NDR dagegen mit, der Kreis habe der AVG und der UBB angeboten, auf das ILSE-Rufbussystem aufzusteigen. Beide hätten das aber abgelehnt. Die Gründe seien nicht bekannt. Nach Angaben des Sprechers muss bei einem Rufbus immer mit einem Defizitgeschäft gerechnet werden. Allerdings gibt es für den Rufbus einen Zuschuss vom Land. Die AVG bietet auf einigen Strecken auch einen eigenen Rufbus an.
Minute 66: Nachrangigkeit von Fußgängern im Straßenverkehr
Michael Sack (CDU) sagt, dass es gesetzlich geregelt sei, dass auf Straßen der Verkehr einen Vorrang hat.
CHECK: Das stimmt so nicht. Wer im Straßenverkehr Vorrang hat, wird in der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) beschrieben. Und die ist eine Rechtsverordnung, kein Gesetz. Um Fußgänger geht es in Paragraph 25. Es wird nicht explizit beschrieben, dass der Verkehr den Vorrang vor Fußgängern hat. Das geht aber aus den verschiedenen Paragraphen hervor.
Minute 108: Zahlung an die IKT-Ost
Inken Arndt (AfD) sagt, der Kreis Vorpommern-Greifswald habe in den vergangenen sieben Jahren insgesamt 80 Millionen Euro in die IKT-Ost eingezahlt.
CHECK: Die IKT-Ost wurde 2019 als gemeinsames IT-Dienstleistungszentrum der Landkreise Vorpommern-Greifswald, Mecklenburgische Seenplatte und der Stadt Neubrandenburg gegründet. Wie ein Sprecher des Kreises Vorpommern-Greifswald mitteilt, seien die Herausforderungen im Bereich Cybersicherheit, Datenschutz und technologischer Wandel so groß, dass sie ein einzelner Kreis wirtschaftlich und personell kaum alleine stemmen könne. Die IT-Infrastruktur sei damals völlig veraltet und unsicher gewesen. Zwischen 2019 und 2024 hat der Kreis Vorpommern-Greifswald nach eigenen Angaben rund 65,6 Millionen Euro an die IKT-Ost gezahlt. Der Kreis spricht übrigens nicht von "Einzahlungen": "Die IKT ist keine Einrichtung, in die pauschal 'eingezahlt' wird. Sie ist ein IT-Dienstleister, welchem für die Erbringung von Dienstleistungen finanzielle Mittel durch die Träger zur Verfügung gestellt werden." Diese Zahlungen haben nach Angaben eines Sprechers die Arbeitsfähigkeit der Verwaltung und Modernisierungsprojekte ermöglicht, zum Beispiel an Schulen und im Rettungsdienst.
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