Bei einem Feuer sind am Donnerstagmorgen 50 Bootsschuppen in einer Anlage in Neubrandenburg abgebrannt. © NDR Foto: Felix Gadewolz
Bei einem Feuer sind am Donnerstagmorgen 50 Bootsschuppen in einer Anlage in Neubrandenburg abgebrannt. © NDR Foto: Felix Gadewolz
Bei einem Feuer sind am Donnerstagmorgen 50 Bootsschuppen in einer Anlage in Neubrandenburg abgebrannt. © NDR Foto: Felix Gadewolz
AUDIO: #111 Bootsschuppenbrände in Neubrandenburg bleiben unaufgeklärt (22 Min)

Feuer im Bootsschuppen: Wenn der Brandstifter ein Interview gibt

Stand: 02.02.2023 14:37 Uhr

Über 70 Bootsschuppen sind 2022 in Neubrandenburg abgebrannt. Ein Urteil wird es aber nie geben. Die Pächter stehen vor hohen Zahlungen. Im NDR MV Podcast "Dorf Stadt Kreis" rollen wir den Fall auf.

Feuerschein leuchtet bedrohlich rot über dem Oberbach in Neubrandenburg in dieser jungen Mai-Nacht 2022. Flammen lodern nicht bloß, sie wüten regelrecht in der Bootsschuppenanlage in der Nähe des Tollensesees. In dieser Nacht gehen 63 Holzhäuschen auf Pfählen in Flammen auf - darin verbrennen Lebensträume, der ganze Stolz ihrer Besitzer: große und kleine Motorboote, liebevoll gepflegt und instandgehalten.

Als die Sonne aufgeht, sind nur noch qualmende Trümmer und verkohlte Stümpfe übrig, die aus dem öligen Wasser ragen. Für die Ermittler ist schnell klar: Das war Brandstiftung.

Weitere Informationen
Die Brandruine eines Bootshauses © Screenshot

Nach Bootsschuppenbränden: Angst und Verunsicherung in Neubrandenburg

In wenigen Wochen sind in Neubrandenburg mehr als 70 Bootshäuschen durch Brände zerstört worden. Auf der Anlage herrscht große Verunsicherung - und Solidarität. mehr

NDR Reporter Sven Peter Martens ist am Tag nach dem Feuer im Mai am Trümmerfeld im Einsatz, berichtet im Livestream bei NDR MV Live und abends im Nordmagazin im NDR Fernsehen. Was er nicht ahnt: Der mutmaßliche Brandstifter steht an diesem Vormittag direkt neben ihm. "Er war derjenige, der auch gleich sprechen wollte", erzählt Martens in der neuen Ausgabe vom Podcast "Dorf Stadt Kreis". "Er wollte sagen, dass er die Feuerwehr gleich informiert hat kurz nach vier Uhr. Und was er alles anstellen würde mit dem Brandstifter, wenn man ihn kriegt." Da sei dann die Rede gewesen, den Täter mit einem Anker irgendwo mitten auf dem Tollensesee zu versenken. Wenig später ist für die Kriminalpolizei klar: Der Mann, der da freimütig und rigoros von Selbstjustiz gesprochen hatte, ist mit großer Wahrscheinlichkeit selbst für das verheerende Feuer verantwortlich.

Ermittler sammeln Indizien

Konkrete Beweise sind zunächst schwer zu finden. "Es gab mehrere Zeugenaussagen, dass sich der Tatverdacht erhärtet hat. Man nennt das Indizienkette", sagt Diana Krüger von der Polizeiinspektion in Neubrandenburg im Podcast. Die Überwachungskamera eines benachbarten Wassersportvereins zeigt einen Mann, der in der Nacht Richtung Bootsschuppen geht. Wenig später kehrt er mit einem Kanister zurück. Zeugen sagen, dass er dem Verdächtigen sehr ähnlich sähe. Der 55-Jährige soll zudem Streit mit einem anderen Pächter gehabt haben - Anlass für ein weiteres Feuer im Frühjahr. Und auch ein dritter Brand in der Anlage soll auf sein Konto gehen. Über 70 Schuppen haben die Feuer zerstört.

Kripo wertet Filmaufnahmen aus

Die Kriminalpolizei wertet zudem auch Aufnahmen des Kamerateams des NDR Nordmagazins aus. "Dazu gab es einen Beschluss des Amtsgerichts Neubrandenburg", sagt Sven-Peter Martens. Die Polizei hatte eine vierköpfige Ermittlungsgruppe gebildet. Diese findet Widersprüche in den Aussagen des Tatverdächtigen. So stimmen Zeitangaben, wann er den Brand entdeckt haben will, nicht überein. Im Interview mit dem NDR hat der Mann andere Angaben gemacht als bei der Polizei. Außerdem gibt es weitere Zeugenaussagen, die nicht zu dem passen, was der Neubrandenburger selbst bei der Kripo ausgesagt hat.

Der Staatsanwaltschaft reichen diese Hinweise, zwar gebe es keine eindeutigen Beweise, aber genug Indizien, die Anklage wird vorbereitet. Aber der Fall endet ohne Urteil. Der Tatverdächtige ist Ende 2022 verstorben.

Pächter sollen für Aufräumarbeiten zahlen

Die Trümmer sind längst beseitigt am Gelände an der Schillerstraße. Hier können neue Bootschuppen gebaut werden. Neubrandenburgs Bauamtsleiter Frank Renner: "Dieses Verfahren wird frühestens 2024 abgeschlossen sein". Gutachten müssen erstellt werden, die Pläne öffentlich ausgelegt werden. Klar ist, dass die neuen Schuppen anders aussehen würden als die historischen grünen und braunen Bretterbuden. Ob aber die bisherigen Pächter dort jemals wieder mit einem ihrer Boote festmachen werden, ist unklar. Viele hatten ihre Fahrzeuge nicht versichert - und die Stadt fordert, dass sich die Pächter an den Kosten für die Räumung der Trümmer beteiligen. Das würde sie finanziell überfordern, sagen viele.

Weitere Informationen
Abgebrannte Bootsschuppen in Neubrandenburg. © Anette Ewen Foto: Anette Ewen

Neubrandenburg: Neue Bootsschuppen nicht vor 2024

Nach der Brandserie am Oberbach muss ein Bebauungsplan erstellt werden, bevor die Schuppen wieder aufgebaut werden können. mehr

Schwimmbagger haben die verkohlten Balken aus dem Oberbach gezogen, Fachleute haben die Reste von Wellasbestplatten abtransportiert, eine mit Asbeststaub verseuchte Grasfläche abgetragen. 450.000 Euro hat das alles gekostet, die nun die Pächter nach dem Willen der Stadtverwaltung bezahlen sollen. Das wären gut 7.000 Euro für jeden.

Weil es nun kein Urteil geben wird und darum auch niemanden, der finanziell für die Folgen geradestehen will, wird noch viel Wasser den Oberbach herunterfließen, bis der Fall auch in dieser Hinsicht abgeschlossen sein wird.

Weitere Informationen
NDR 1 Radio MV - Dorf Stadt Kreis: Annette Ewen und Mirja Freye © iStock Foto: golero

Dorf Stadt Kreis – starke Geschichten aus dem Norden

Reporterinnen und Reporter aus den NDR Regionalstudios mit starken Geschichten aus dem Norden: Gastgeberinnen am Mikrofon sind Annette Ewen und Mirja Freye. mehr

 

Ihr Themenvorschlag für den Podcast

Ihre Daten
Ihre Nachricht
Kopie Ihrer Mail erwünscht?
Datenschutz

Unsere Datenschutzerklärung, Ihre Rechte und weitere Informationen zum Datenschutz finden Sie unter NDR.de/datenschutz

*- Pflichtfelder. Diese Felder müssen ausgefüllt werden.

Dieses Thema im Programm:

Nordmagazin | 02.02.2023 | 19:30 Uhr

Mehr Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern

Patrick Glöckner schaut auf die Uhr. © IMAGO / osnapix

Hansa Rostock trennt sich von Trainer Glöckner

Vorstandschef Robert Marien kündigte an, bis spätestens Ende der Woche einen neuen Coach für den Fußball-Zweitligisten präsentieren zu wollen. mehr

NDR MV Highlights

Leberblümchen. © NDR Foto: Klaus Steindorf-Sabath aus Waren an der Müritz

Frühlingswetter in MV: Ihre schönsten Bilder vom Wochenende

In Mecklenburg-Vorpommern war es dieses Wochenende frühlingshaft. Sie haben uns atemberaubende Bilder geschickt. Bildergalerie

Ein Radfahrer überquert eine Brücke über den Magnusgraben am Französischen Garten in Celle. © dpa Foto: Sina Schuldt

Mit dem Rad durch den Norden

Norddeutschland per Fahrrad entdecken - das ist spannend und erholsam. Hunderte Radwege führen durch die überwiegend flache Landschaft. Eine Auswahl. mehr

Der SG Wöpkendorf in neuen Trikots © NDR.de Foto: Vanessa Kiaulehn

Kuna packt an - für die Vereine in unserem Land

An jedem letzten Freitag im Monat haben Vereine die Chance auf 1.000 Euro. Hier können Sie sich jetzt anmelden. mehr

Lottokugeln fliegen vor blauem Hintergrund. © Fotolia Foto: ag visuell

Spielend gewinnen: Zeit ist Geld beim Quiz 6 in 49

Das schnellste Quiz in Mecklenburg-Vorpommern in der Stefan Kuna Show: Bewerben Sie sich jetzt zum Mitspielen. mehr