Corona-Impfung: Experten beantworteten Ihre Fragen
Die Corona-Impfungen sollen am 27. Dezember in Deutschland anlaufen. Doch bislang gibt es noch Unklarheiten bei den Bürgern. Fachleute aus Mecklenburg-Vorpommern haben im Livestream auf NDR.de Ihre Fragen beantwortet.
Anders als bei den Masern handele es sich nicht um einen Lebendimpfstoff, so Dr. Franziska Schuster von der Unimedizin Greifswald. Der neue Corona-Impfstoff bringe genetisches Material in den Körper, das die Proteine für die benötigten Antikörper aufbaue. So soll eine Immunität hergestellt werden. Wie lang die anhält, sei noch nicht bekannt, so Schuster. Es sei davon auszugehen, dass regelmäßig aufgefrischt werden müsse - wie beispielsweise bei der Tetanusimpfung.
Der Corona-Impfstoff werde intramuskulär und in sehr geringen Dosen verabreicht. Der neue Wirkstoff sei an 40.000 Menschen getestet worden, dabei sei die Auswahl der Probanden breit gefächert gewesen. "Das ist eine solide Basis, auf die man aufbauen kann", so die Greifswalder Wissenschaftlerin. Es würden weiterhin Daten gesammelt werden. Die Amtsärztin aus Ludwigslust-Parchim Dr. Ute Siering sagte: "Wer sich impft, hilft das System weiterlaufen zu lassen."
Impfzentren, mobile Teams und Terminvergabe
In den Impfzentren sollten möglichst schnell sehr viele Menschen geimpfet werden können, so Siering. Bewohner von Pflegeheimen und Menschen über 80 Jahre sollen die Ersten sein, die nach Weihnachten gegen das Corona-Virus geimpft werden. Außerdem habe das Personal in den sensiblen Bereichen der Krankenhäuser Priorität. Wer als erstes geimpft wird, werde darüber informiert. Die älteren Menschen würden über das Melderegister ausfindig gemacht und chronisch Erkrankte von den Hausärzten und Krankenkassen benannt werden. In den Pflegeheimen würden mobile Teams die Bewohner und das Personal impfen. Ob es beispielweise Shuttle-Busse für ältere, alleinstehende Menschen geben wird, hänge vom zuständigen Landkreis ab und sei noch nicht endgültig geklärt, so Siering bei NDR 1 Radio MV. Die Impfung wird unabhängig vom Versichertenstatus – privat oder gesetzlich - kostenlos sein.
Außerdem rechnet die Ärztin damit, dass es bald auch einen Impfstoff gebe, der im handelsüblichen Kühlschrank gelagert werden kann. Dann wären auch niedergelassene Hausärzte in der Lage, die Corona-Impfung durchzuführen. Aus der Grippe-Impf-Zeit sei bekannt, dass die Hausärzte viele Impfungen am Tag schaffen würden und die Bereitschaft dazu sei bei den Hausärzten groß, so Siering.
Impfung mit Vorerkrankungen und Allergien
"Eine Impfung stellt natürlich eine Belastung für das Immunsystem dar. Der Körper kann mit leichtem Fieber und mit Schmerzen an der Einstichstelle reagieren", sagte Dr. Franziska Schuster vom Koordinierungszentrum für Klinische Studien an der Universitätsmedizin Greifswald. Wer sich fit fühle, könne sich aber impfen lassen, so die Expertin. Eine Erkältung oder ein Infekt sollte vor einer Impfung auskuriert werden. Sie empfiehlt außerdem ein Beratungsgespräch mit dem Hausarzt. Den gleichen Rat gibt sie auch Paaren, die Nachwuchs planen und Sorge, um die Fruchtbarkeit haben. Generell gelte: Gerade Risikopatienten würden von einer Impfung profitieren. Laut Amtsärztin Siering, soll sich jeder im Vorfeld umfassend informieren. In den Impfzentren werde aber auch ein beratender Impfarzt zur Verfügung stehen.
Arbeitgeber kann nicht zur Impfung zwingen
"Ich rechne damit, dass die Arbeitgeber gerade im Gesundheits- und Pflegebereich Druck auf die Mitarbeiter ausüben könnten, sich impfen zu lassen", so der Schweriner Medizinrechtler Henning Linnhart. Kündigen könnten Arbeitgeber ihre Mitarbeiter deswegen aber nicht. Die Verpflichtung zur Impfung sei ein Eingriff in den höchstpersönlichen Bereich, so der Anwalt. Aber wenn der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht habe, zum Beispiel im Gesundheitswesen gegenüber Patienten, dann könnten Mitarbeiter, die sich nicht impfen lassen wollen, auf eine andere Stelle oder in einen anderen Bereich versetzt werden. Würde ein Arbeitgeber eine Impfung anweisen, sei er auch für die Haftung potenzieller Impfschäden zuständig, so der Anwalt bei NDR 1 Radio MV.
Haftung bei Impfschäden
Grundsätzlich haftet die Behörde beziehungsweise die Anstalt, die die Impfung durchführt. Diese Einrichtung ist im Impfausweis festgehalten. Wer nach der Impfung Nebenwirkungen feststelle, die über das Erwartbare hinausgehen, müsse sich in ärztliche Behandlung begeben, so der Medizinrechtler. Eventuelle Impfschäden müssen als Nachweis dokumentiert werden. Ob diese anerkannt werden, beurteilen Sachverständige.
Anwalt hält Impfpflicht für unwahrscheinlich
Die Hürden für eine bundesweite Impfpflicht seien sehr hoch, so der Anwalt für Medizinrecht. Aktuell sei es zwar bereits möglich, per Verordnung festzulegen, dass gefährdete Menschen geimpft werden müssen. Um jedoch alle Erwachsenen in Deutschland zwingend impfen zu lassen, müsse erst das Infektionsschutzgesetz geändert werden. Amtsärztin Siering sagte: "Es ist besser, wenn man die Menschen überzeugt, anstatt sie zu zwingen."
Der Anwalt schätzt hingegen eine sogenannte indirekte Impfpflicht als möglich ein. Fluggesellschaften oder auch Hoteliers könnten einen Impfnachweis verlangen. Das müssten sie aber bereits vor Vertragsschluss bekannt machen. Es sei datenschutzrechtlich jedoch schwierig von Kunden zu verlangen, ihren Impfpass vorzuzeigen.
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