Wie hoch ist der Gasverbrauch in Deutschland aktuell?
Kaltes Wetter lässt den Gasverbrauch steigen. Droht nun ein Gasmangel? Aktuelle Daten zeigen, wie sich der Verbrauch und die Außentemperaturen im Vergleich mit den Vorjahren entwickeln.
In der Kalenderwoche ab dem 16.01. wurden täglich im Schnitt 3.716 Gigawattstunden Gas verbraucht. Das sind 9,4 Prozent weniger als im entsprechenden Zeitraum der Jahre 2018 bis 2021. Gleichzeitig war es im Schnitt 2,6 Grad kälter als im Vergleichszeitraum. Im Mittel war es in der betreffenden Woche dieses Jahr -0,2°C warm. Das Wetter spielt eine entscheidende Rolle, da bei niedrigen Temperaturen mehr geheizt und somit mehr Gas verbraucht wird.
Temperaturbereinigter Verbrauch: 19,5% geringer als in Vorjahren
Rechnet man den Temperatureffekt heraus und berücksichtigt nur die Sparanstrengung der Gasverbrauchenden, so wurden laut Bundesnetzagentur zuletzt 19,5 Prozent weniger verbraucht als im entsprechenden Vergleichszeitraum der Vorjahre. Die Bundesnetzagentur betrachtet dabei allerdings immer die letzten beiden Kalenderwochen.
Aktueller Gasverbrauch in Deutschland
Wöchentliche Durchschnittstemperatur
Temperatur und Gasverbrauch: Wöchentlich aktualisierte Daten
Wie viel Gas zuletzt im Vergleich zu den Vorjahren verbraucht wurde und wie die Außentemperaturen im historischen Vergleich waren, zeigen die obigen Grafiken. Sie werden wöchentlich mit Daten der Bundesnetzagentur und des Deutschen Wetterdienstes aktualisiert.
Höhere Temperaturen, geringerer Gasverbrauch
Einige frostige Tage im Dezember hatten den Gasverbrauch zwischenzeitlich sprunghaft ansteigen lassen. Wegen des milden Wetters rund um die Weihnachtsfeiertage ging er dann aber wieder deutlich zurück.
Um die aktuelle Lage zu bewerten, berücksichtigt die Bundesnetzagentur fünf Faktoren, die regelmäßig aktualisiert werden: Neben den Gasspeicherfüllständen und dem temperaturbereinigten Gasverbrauch, spielen die Temperaturprognose und die Situation in den Nachbarländern eine Rolle. Die Gasspeicher in Deutschland waren zu Beginn der kalten Jahreszeit zwar gut gefüllt, in der kalten ersten Dezemberhälfte wurde jedoch vermehrt ausgespeichert. Auch die Beschaffung der sogenannten Regelenergie nimmt die Behörde in den Blick. Damit ist die Gasmenge gemeint, die nötig wird, um Schwankungen im täglichen Verbrauch auszugleichen.
Bundesnetzagentur: Situation derzeit stabil
Die Bundesnetzagentur bewertet die Lage insgesamt als weniger angespannt als zu Beginn des Winters. Eine Gasmangellage in diesem Winter werde zunehmend unwahrscheinlich, steht im aktuellen Lagebericht. Dennoch sei eine weitere Verschlechterung der Situation nicht ausschließen. Ein sparsamer Gasverbrauch bleibe wichtig. Jede Kilowattstunde, die jetzt eingespart werde, müsse nicht teuer im Sommer eingekauft werden, um die Gasspeicher aufzufüllen, so der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller.
Die Großhandelspreise seien zuletzt leicht gestiegen, so die Bundesnetzagentur. Unternehmen und private Verbraucher müssten sich weiterhin auf ein deutlich erhöhtes Preisniveau einstellen.
Umkehr der Flussrichtung: Besondere Herausforderung
"Zum aktuellen Zeitpunkt bestehen keine generellen oder regionalen Versorgungsengpässe", schreibt die Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber Gas auf NDR Anfrage. Dass durch die wegbrechenden russischen Lieferungen nun insgesamt mehr Gas von West nach Ost fließt, stelle die Gasnetzbetreiber aber vor besondere Herausforderungen. Denn anders als Strom lässt sich Gas im Leitungsnetz nicht beliebig in alle Richtungen schicken. Kehren sich die Flüsse um, sind teilweise erhebliche technische Anpassungen nötig. So muss etwa der Druck im Netz überall so eingestellt werden, dass das Gas richtig fließt. Dafür kann es zum Beispiel nötig sein, sogenannte Verdichterstationen umzubauen, die das Gas komprimieren.
Man habe im Rahmen der gemeinsamen Netzplanungsprozesse Lösungen für diese herausfordernde Situation erarbeitet, damit es nicht zu regionalen Engpässen komme, heißt es dazu von den Netzbetreibern.
Gaseinsparungen der EU-Länder im Vergleich
Im europäischen Vergleich liegt Deutschland derzeit im Mittelfeld, was das Gas-sparen angeht. Energie-Experten des Brüsseler Thinktanks Bruegel haben die Gas-Verbrauchsdaten europäischer Länder aus unterschiedlichen Quellen für November 2022 zusammengetragen.
Insgesamt seien von den Ländern, für die bereits Daten vorliegen, im Dezember rund 13 Prozent weniger Gas verbraucht worden als im entsprechenden Monatsdurchschnitt der Jahre 2019 bis 2021. Im Gegensatz zu den obigen Daten der Bundesnetzagentur bezieht sich Bruegel hier auf den Durchschnitt von drei statt vier früheren Jahren.
Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind angehalten, ihren Verbrauch von August 2022 bis Ende März 2023 um 15 Prozent im Vergleich zum Schnitt der vorangegangenen fünf Jahre zu verringern. Das besagt der Gas-Notfallplan der EU-Kommission. Verpflichtend ist das Sparprogramm jedoch nicht.
