Mieterin Sandra Wietzki steht in ihrem Heizungskeller. © NDR Info

Steigende Gas-Preise: Hilft Habecks Spar-Aufruf?

Stand: 20.06.2022 15:34 Uhr

Wie kann Deutschland weiter Gas sparen? Seitdem Russland weniger Gas nach Deutschland liefert, ist die Sorge groß, dass zum Winter hin die Gasspeicher nicht ausreichend gefüllt sind. Für Mieter ist es mitunter nicht einfach, mehr Energie zu sparen.

von Lukas Knauer

Für die Krankenschwester Sandra Wietzki aus Hamburg ist es keine einfache Situation. Die 48-Jährige wohnt in einer Klinkerbau-Siedlung nahe der Trabrennbahn in Hamburg-Bahrenfeld. In dem unsanierten Haus wohnt sie zusammen mit ihren beiden Söhnen zur Miete. Vor der Energie-Krise und dem Ukraine-Krieg sei sie mit ihrem Gehalt gut über die Runden gekommen, berichtet sie. Doch nun werde es langsam eng. "Für das Gas muss ich jetzt einen Betrag von 238 Euro nachzahlen", sagt Wietzki. "Das zeigt, dass die Gaspreise gestiegen sind. Und als neuen Abschlag muss ich ab Juli jeden Monat 121 Euro zahlen, bislang sind es 77 Euro."

Durch die alte Balkontür entweicht viel Energie

Sandra Wietzki hatte mit einer höheren Gas-Rechnung gerechnet, aber nicht, dass sie gleich so viel mehr bezahlen muss. Dabei sei die Familie bereits sehr sparsam im Verbrauch. Mehr Energie zu sparen, wie es Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angemahnt hat, sei kaum möglich. Denn das Haus, in dem sie wohnt, lasse das nicht zu. "Hier in der Küche sieht man zum Beispiel die alte Balkontür, die keine Isolierung hat. Wenn wir hier im Winter heizen, geht mindestens die Hälfte der Energie nach draußen." Auch das gesamte Backstein-Haus habe keine gute Isolierung.

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Einen günstigeren Gas-Anbieter finden? Kaum möglich

Die Hamburger Krankenschwester ist mit ihren Problemen nicht allein. In der Verbraucherzentrale in Hamburg ist Anwalt Jan Bornemann gerade sehr gefragt: Er hat hier eine Energie-Sprechstunde. Seit März haben sie die Stundenzahl von vier auf acht in der Woche ausgebaut, weil der Beratungsbedarf so hoch ist wie nie.

In den meisten Fällen nimmt Jan Bornemann Strom- und Gas-Rechnungen seiner Klienten nochmal genauer unter die Lupe und versucht zu helfen, wo er kann. "Früher haben wir den Leuten immer gesagt: Schaut euch um auf dem Markt, es gibt immer günstigere Alternativen oder Anbieter. Jetzt komme ich häufig zu dem Ergebnis, dass ich den Leuten sage: In der aktuellen Situation würde ich der Preiserhöhung hier nehmen, auch wenn es viel ist. Ich sehe keine günstigere Alternative für Sie."

Energie-Spartipp: Heizkörper freistellen und kürzer duschen

Mit Sorge blickt Bornemann auf die kommende Heizperiode. Trotzdem ist er davon überzeugt, dass Verbraucher etwas tun können, um ihre Energiekosten zu senken. Beispielsweise müsse das Schlafzimmer in der Heizungszeit nicht so warm sein wie das Wohnzimmer. "Ein guter Tipp ist auch, mal nachzuschauen, ob ich die Heizkörper freistellen kann. Steht da ein Sofa davor? Gibt es die Möglichkeit, in meiner Wohnung etwas umzustellen? Beim Warmwasser hilft es, weniger zu baden und kürzer zu duschen."

"In einem alten Haus sind die Heiz-Tipps nicht umsetzbar"

Bei Sandra Wietzki im Keller steht ihre alte Gastherme, daneben der Wäschetrockner. Den Stecker hat sie rausgezogen, weil sie ganz sicher gehen will, dass das Gerät nicht auch ausgeschaltet Strom verbraucht. Mit den Tipps der Verbraucherzentrale kann sie nicht viel anfangen. "In einem neu gebauten Haus kann ich vielleicht diese Maßnahmen umsetzen, aber in diesem alten Haus sind diese Maßnahme nicht umsetzbar." Die alleinerziehende Mutter fühlt sich nicht gesehen - von der Stadt Hamburg und der Politik. Auch deshalb wünscht sie sich mehr Hilfe für Menschen wie sie, um die Strom- und Gaspreis-Erhöhungen, die noch kommen werden, bewältigen zu können.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Aktuell | 20.06.2022 | 14:00 Uhr

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