Werbegrafik, auf der eine Familie Corona-Schutzmasken der Marke "VivaMask" trägt.

Corona: Biologisch abbaubare Masken mit FFP3-Filter

Stand: 26.03.2021 09:31 Uhr

Studierende der Leuphana Universität in Lüneburg wollen etwas gegen den Müll tun, der durch die vielen Einweg-Masken entsteht. Sie haben Masken entwickelt, die biologisch abbaubar sind.

von Daniela Remus

Einweg-Masken schützen zwar vor Corona, aber sie sind ein Problem für die Umwelt. Seit es Pflicht geworden ist, in bestimmten Zusammenhängen medizinische Masken zu tragen, wächst der Müllberg von Tag zu Tag. Mindestens 300 Milliarden Masken sind allein im letzten Jahr weltweit produziert worden, so besagen Schätzungen. Nach anfänglichen Engpässen läuft die Produktion jetzt auf Hochtouren, überall sind die Wegwerf­Produkte zu kaufen.

Alleine Deutschland braucht zwölf Milliarden Corona-Masken im Jahr

Für den Schutz vor einer Corona-Infektion ist das eine gute Entwicklung. Für die Umwelt nicht. Denn da die Masken für den optimalen Infektionsschutz nur einmal getragen werden sollten, entsteht allein in Deutschland jährlich ein Bedarf von rund zwölf Milliarden Masken. So hat es das Hamburger Umweltinstitut errechnet. Und das bedeutet, dass unsere Müllberge um etwa 1,1 Millionen Tonnen zusätzlich wachsen. Das sind etwa sieben Prozent des anfallenden Hausmülls.

Medizinische und FFP-2-Masken liegen auf einem Tisch. © NDR Foto: Anja Deuble
AUDIO: NDR Info Perspektive: Biologisch abbaubare Masken aus Lüneburg (5 Min)

Mikroplastik, das auch in die Nahrung gelangt

Medizinische und FFP-2-Masken liegen auf einem Tisch. © NDR Foto: Anja Deuble
2021 werden wir in Deutschland etwa zwölf Milliarden Einwegmasken benutzen und wegwerfen.

Die Produkte werden aus Kunststoffen hergestellt, die nicht abbaubar sind. Und so gelangt ein erheblicher Teil davon als Gefahr für Umwelt und Lebewesen ins Meer. Die Naturschutzorganisation OceansAsia schätzt zum Beispiel, dass rund 1,5 Milliarden dieser Masken allein im letzten Jahr im Meer gelandet sind. Dort schwimmen sie über Hunderte von Jahren und werden zu chemielastigem Mikroplastik zerrieben, das auch in unserer Nahrungskette auftaucht.

Lösung: Die biologisch abbaubare Maske

Um die Müllberge und das Problem mit Mikroplastik zu minimieren, haben Studierende der Leuphana Universität in Lüneburg Mehrwegmasken entwickelt, die biologisch abbaubar sind, und die trotzdem vor dem Coronavirus schützen. Holy Shit heißt das Start-up, das sie gegründet haben, um der Einweg-Maskenflut und Ressourcen-Verschwendung etwas entgegenzusetzen. Und schon mit diesem Namen machen sie klar, worum es ihnen geht: um Wiederverwertbarkeit, um biologische Abbaubarkeit und um die Herstellung von Produkten, die im Einklang mit dem Kreislauf der Natur stehen. "Der Stoff der Maske ist aus Zellulose und die Bändchen der Maske sind aus einem biologisch abbaubaren Elasthan", sagt Studentin Lea Lensky. "Das heißt: Die Maske ist zu 100 Prozent biologisch abbaubar."

Medizinischer Filter zum Auswechseln

Ein FFP-3 Filter zum Einlegen in eine Maske von der Firma Viva Mask
Der Filter zum Einlegen hat seine FFP3-Zertifizierung bereits erhalten.

Die Stoffmaske mit dem Namen "Viva Mask" gibt es in drei unterschiedlichen Gesichtsgrößen - und sie sieht aus wie eine bequeme Alltagsmaske. Sie besteht aus Zellulosefasern von Buchen- und Eukalyptusholz. Damit sie aber anstelle einer medizinischen FFP2-, FFP3- oder OP-Maske getragen werden kann, haben die Studierenden auch einen Filter entwickelt, der in die Maske hineingeschoben wird. Dieser Filter besteht zu 99 Prozent aus abbaubarer Zellulose. Damit sind die Studierenden aber noch nicht zufrieden, sie tüfteln zurzeit an einer Version, die zu 100 Prozent abbaubar ist. Darüber hinaus kostet das Tragen dieser Maske sehr viel weniger als die herkömmlichen Einweg-Masken, sagt Student Viktor Büchner: "Unsere Maske ist ja schon auf dem Markt, sie ist bis zu 50 Mal waschbar. Dann kostet ein Einlegefilter, den man nur einmal benutzen, kann 45 Cent. Nach einer Tragedauer von ungefähr 10 Wasch-Zyklen ist man dann auf jeden Fall auch günstiger dabei als mit dem Kauf von Einwegmasken."

Cradle to Cradle: Zurück in den natürlichen Kreislauf

Angeregt wurden die Studierenden durch ihren Professor Michael Braungart. Schon vor rund 20 Jahren hat der Chemiker und Verfahrenstechniker das umweltschützende Produktionsverfahren Cradle to Cradle - auf Deutsch: von der Wiege zur Wiege - entwickelt. Damit plädiert er für eine Kreislaufwirtschaft, in der jedes Produkt in die natürlichen Kreisläufe zurückgeführt wird. "Es muss etwas sein, was verschleißen kann und in biologische Kreisläufe zurückgehen kann. Da meine Studenten natürlich Cradle to Cradle als Vorlesung hören, habe ich mit ihnen eine gemeinnützige Firma namens Holy Shit gegründet. In diesem Zusammenhang kamen die Studierenden auch auf die Idee, Masken zu machen, die perfekt biologisch abbaubar und gut hautverträglich sind."

Kombination aus Filter und Maske wird zertifiziert

Solche abbaubaren Stoffmasken zu nutzen, habe nur Vorteile, sind sich die Gründerinnen und Gründer von Holy Shit einig. Einerseits entstehe dadurch weniger Müll und vor allem auch weniger Mikroplastik, das die Meere, die Natur und damit auch uns selbst dauerhaft schädigt. Andererseits hätten die Masken für jede und jeden, der sie trägt, auch noch ganz konkrete gesundheitliche Vorteile: Denn sie benötigen für die Herstellung keine Zusatzstoffe, weder Chemikalien noch Farbstoffe, die gesundheitsschädlich sein könnten. Die einlegbaren FFP-3 Filter sind bereits zertifiziert. Die Maske in Kombination mit dem Filter befindet sich gerade im Prozess der Zertifizierung. Die Studierenden rechnen mit einer Zulassung im nächsten Monat.

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Perspektiven - auf der Suche nach Lösungen | 26.03.2021 | 08:50 Uhr

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