Schon ab Oktober keine Autos mehr auf dem Jungfernstieg
Der Jungfernstieg in der Hamburger Innenstadt soll im Eiltempo zur weitgehend autofreien Zone werden. Schon ab Oktober sollen nur noch Fahrräder, Busse, Taxis und Lieferwagen in der Tempo-30-Zone unterwegs sein dürfen. Das kündigte Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) am Donnerstag an. "Wir wollen noch in diesem Jahr die Autos aus dem Jungfernstieg herausnehmen", so Tjarks.
Jungfernstieg: Mehr Platz für Radfahrer
Der Verkehrssenator erläuterte: "Es ist einer der schönsten Orte in dieser Stadt - und wir wollen ihn noch schöner zum Flanieren machen. Wir wollen, dass die Hamburgerinnen und Hamburger diesen Ort nochmal auf eine andere Art und Weise sinnlich erfahren können." Außerdem sei es ein Zeichen für die Mobilitätswende in Hamburg. Die Radfahrerinnen und Radfahrer sollen auf der Straße fahren, der alte Radweg fällt zugunsten eines breiteren Fußwegs an der Alster weg. In die Mitte der Fahrbahn kommt ein markierter Streifen mit Pollern und Pflanzen. An drei Stellen wird es für Fußgängerinnen und Fußgänger barrierefreie Möglichkeiten der Fahrbahnquerung geben.
Mehr Grün und schönere Plätze geplant
Im Neuen Wall und in den Großen Bleichen dürfen nur noch Radfahrerinnen und Radfahrer fahren. Zudem soll es mehr Grün und schönere Plätze im Kern der Innenstadt geben, wie Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) ankündigte: "Wir möchten damit die Lebens- und die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt deutlich verbessern und damit auch den Einzelhandel stärken."
Um den durch Corona-Krise geschwächten Einzelhandel durch die Umbaumaßnahmen nicht zusätzlich zu belasten, werde das Projekt zunächst mit temporären Lösungen und somit ohne große Baustellen umgesetzt, sagte Falko Droßmann (SPD), Leiter des Bezirksamts Hamburg-Mitte. Ab Herbst 2021 soll dann laut Tjarks der endgültige Umbau des Jungfernstiegs beginnen und es soll in Zusammenarbeit mit den Kaufleuten und Anliegern der Innenstadt ein Konzept erarbeitet und umgesetzt werden.
Busse sollen aus der Mönckebergstraße verschwinden
Bereits ab März 2021 sollen aus der Mönckebergstraße die Busse verbannt werden. Erst einmal nur für einige Monate, weil darunter die U-Bahn saniert wird. Vielleicht aber auch für immer, wenn es keinen Protest gibt.
CDU: Schnellschuss des neuen Verkehrssenators
Während die Regierungsparteien SPD und Grüne die Pläne des Senats begrüßten, kam aus der Opposition Kritik. "Die Sperrung des Jungfernstiegs ohne Konzept für Verkehrsströme und eine Aufwertung des Areals ist ein Schnellschuss des neuen Verkehrssenators", sagte der CDU-Abgeordnete David Erkalp. Das Vorhaben sei eine Mogelpackung. "In Wahrheit wird nicht nur der Jungfernstieg, sondern damit auch das gesamte innenstädtische Areal zwischen Rathaus und Gänsemarkt de facto gesperrt." Das sei ein Schlag ins Gesicht für Einzelhändler, Gastronomen und Bürger aus den Außenbezirken, wo das Nahverkehrsangebot schwächer ist.
Für Heike Sudmann von der Fraktion der Linken sind die vorgestellten Pläne eine Minimallösung, die Rot-Grün als großen Schritt verkaufe, anstatt ein Konzept für eine autofreie Innenstadt vorzulegen.
Forderungen der Handwerkskammer
Auch die Wirtschaft beobachtet die Maßnahmen in der Innenstadt skeptisch. "Ich hoffe, dass dem berechtigten Interesse des Hamburger Handwerks an einem flüssigen Handwerks-, Liefer- und Wirtschaftsverkehr Rechnung getragen wird", sagte Hjalmar Stemmann, Präses der Handwerkskammer. "Wir fordern Fahrgenehmigungen und Service-Parkplätze." Ohne eine sichere Versorgung der Bevölkerung mit Handwerksleistungen könne die Innenstadt auch als Wohnquartier nicht wieder attraktiver werden.
