Stand: 20.08.2020 06:44 Uhr

Hamburger Gericht stellt Abschiebepraxis infrage

Einsatzkräfte der Polizei führen einen Mann einen Gang zu einem Flugzeug hinauf. © picture-alliance/dpa Foto: Michael Kappeler
In Hamburg hat es nach Angaben der Bundesregierung im vergangenen Jahr mehr als 450 Abschiebungen gegeben (Archivfoto).

Es ist gängige Praxis - nicht nur in Hamburg: Mitten in der Nacht werden Flüchtlinge aus ihren Unterkünften von Beamtinnen und Beamten abgeholt und zum Flughafen gebracht - und das ohne richterlichen Beschluss. Doch Abschiebungen aus Flüchtlingsheimen ohne richterlichen Beschluss sind illegal. Das hat das Hamburger Oberverwaltungsgericht jetzt entschieden. Es bestätigte eine Entscheidung der Vorinstanz. Das Urteil des Verwaltungsgerichts hatte Hamburg angefochten und verlor nun auch in der Berufungsinstanz.

Gericht: Auch Flüchtlingsunterkunft ist eine Wohnung

Die kirchliche Hilfestelle fluchtpunkt hatte 2019 im Falle eines irakischen Ehepaars und seiner zwei kleinen Kinder gegen dieses Vorgehen geklagt und recht bekommen. Das Gericht begründete das Urteil damit, dass auch eine Flüchtlingsunterkunft eine Wohnung sei. Diese stehe unter dem Schutz des Grundgesetzes. Wollen Beamte Menschen aus ihrer Wohnung holen, ist dies rechtlich gesehen eine Durchsuchung. Dafür muss nach Artikel 13 des Grundgesetzes ein richterlicher Beschluss vorliegen.

"Eines Rechtsstates nicht würdig"

Fluchtpunkt-Leiterin Anne Harms begrüßte das Urteil. Damit betone das Oberverwaltungsgericht, dass Geflüchtete den gleichen Grundrechtsschutz genießen wie jeder andere Mensch. Sie forderte die Innenbehörde auf, vor Abschiebungen künftig richterliche Beschlüsse einzuholen. Die gängige Praxis verurteilte sie als eines Rechtstaats nicht würdig.

Der Innenbehörde liegt das Urteil noch nicht vor. Eine Revision ist nicht zugelassen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 20.08.2020 | 06:00 Uhr

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