Katzenbaby auf einer Wiese © picture alliance / blickwinkel/D. u. M. Sheldon | D. u. M. Sheldon
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AUDIO: Nachgedacht: Mit Kant und Katzenbabys ins neue Jahr (4 Min)

Nachgedacht: Mit Kant und Katzenbabys ins neue Jahr

Stand: 05.01.2024 07:37 Uhr

2023 endete ja doch eher bescheiden, was die Weltlage betrifft. Das erste Nachgedacht des neuen Jahres versucht einen Neuanfang. Kleine Warnung: Es werden schlechte Wortwitze gemacht. Denn das scheint dringend nötig.

von Lena Bodewein

Neues Jahr, neues Glück. Beim alten hieß es ja "rien ne via plus" - nichts geht mehr. Nur schlimmer ging immer noch. Darum machen wir jetzt Tabula rasa und fangen bei Null an - mit ein paar Grundkomponenten: Kant und Katzenbabys.

Es ist Kant-Jahr. Vor 300 Jahren kam der Knabe Kant in Königsberg zur Welt. Auch wenn wir alle meinen zu wissen, dass mit diesem Denker die moderne Philosophie begann - Stichwort "Aufklärung" - so scheinen doch verhältnismäßig wenig Menschen seine Theorien zu beherzigen: Am "Mut, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen" mangelt es zu vielen. Zu viele Menschen käuen verknappte Botschaften von Lautsprechern und Krawallmachern wieder, rennen großmäuligen Potentaten und ihren Heilsversprechen nach, ohne irgendetwas zu hinterfragen. Die Folge ist eine Gesellschaft, in der Teile immer radikaler werden und die anderen sich immer weiter zurückziehen. Klare Kante zeigen, klaren Kant zeigen, selbst denken und danach handeln! Für Verfolgte einstehen, deeskalierend wirken, deutliche Worte finden, wo andere schweigen: Das wäre mal ein guter Vorsatz fürs neue Jahr.

Es fehlt an Prinzipien und moralischem Handeln

Denn wenn wir nach Immanuel Kants "Kategorischem Imperativ" Ausschau halten, herrscht ebenfalls Fehlanzeige. Sie wissen schon: "Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne." Das ist vielleicht an einzelnen Stellen ein bisschen viel verlangt, dass ich jede noch so kleine Handlung stets darauf überprüfe, ob das jetzt als durchgängiges Gesetz taugt: vom richtigen Staubsaugen über den korrekten Einwurf des Altglases in Grün-, Weiß- und Braunglas bis zur Frage, wann der Weihnachtsbaum abgeschmückt werden darf.

Darum geht es ja auch nicht, sondern um grundlegende Prinzipien moralischen Handelns. Und daran fehlt es. Sowohl an Prinzipien als auch an moralischem Handeln, und zwar überall in unserer Welt: im echten Leben wie im Netz.

Der katzegorische Imperativ

So: Jetzt kommen die Katzenbabys ins Spiel. In dem von mir geschätzten Film "Spione Undercover - eine wilde Verwandlung" ersetzt ein junger Wissenschaftler die Sprengsätze im Arsenal des Top-Spions durch Glitzerbomben und riesenhafte Projektionen von Katzenbabys - und zwar alles in bester Absicht. Denn, so sein Argument: Der Anblick von Katzenbabys führe zu vermehrter Serotoninausschüttung. Und siehe da: Die gefährlichsten Schurken liegen sich - zumindest in diesem computeranimierten Film - in den Armen, wenn die Kätzchen ihren Zauber entfalten. Es werde Frieden. Denn Katzenbabys sind magisch, geben Sie es doch zu: Wer etwas Ekliges, Unangenehmes, Peinliches gesehen oder gedacht hat, muss ganz schnell dreimal "Katzenbabys" sagen - schon ist es überschrieben.

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Gerade im Internet, wo gehasst und gehetzt und aufgewiegelt und gelogen und verbal vergewaltigt wird, sind Videos von Katzenbabys immer der Renner. Das lässt sich, tatsächlich, und nicht nur im Zeichentrickfilm, wissenschaftlich unterfüttern: Laut einer neuen Studie erfahren Menschen, die Katzenvideos angesehen haben, einen ähnlich positiven Effekt wie nach dem tatsächlichen Spielen mit einem Therapietier.

Härteste Kerle werden weich durch Katzenbabys. Das zeigt auch der Fall eines Gefängnisses in Chile: Dort haben sich die Insassen um frei streunende Katzen gekümmert, Bett und Essen mit ihnen geteilt. Die Tiere gaben ihnen etwas, das in dieser feindlichen Umgebung selten ist: Liebe, Zuneigung, Akzeptanz. Die Gefängnisdirektorin stellte fest, dass die Gefangenen viel besserer Laune waren, sich besser im Griff hatten und ein größeres Verantwortungsgefühl an den Tag legten. Sie handelten jetzt sozusagen nach dem katzegorischen Imperativ. In Kants Schrift "Zum Ewigen Frieden“ reflektiert der Philosoph über die Möglichkeit der Beendigung von Kriegen. Ich möchte da nur eine Möglichkeit nennen: Katzenbabys.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NachGedacht | 05.01.2024 | 10:20 Uhr

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