"Körper und Seele": Ein traumhafter Liebesfilm
Auf der Berlinale 2017 wurde der ungarische Film "Körper und Seele" von der Regisseurin Ildikó Enyedi von Publikum und Kritik gefeiert - und gewann den Hauptpreis der Festivals, den Goldenen Bären.
Um es gleich zu sagen: "Körper und Seele" von der ungarischen Regisseurin Ildikó Enyedi ist der Liebesfilm des Jahres. Schauplatz ist ein Schlachthaus. Und, dieser Kalauer muss sein, er wird keineswegs ausgeschlachtet. Vielmehr ist der Ort Hintergrund für eine Liebesgeschichte von geheimnisvoller Schönheit.
Sprachlose Verbundenheit
Allein durch ihre Blicke wirken die beiden Hauptfiguren schon bei der allerersten Begegnung in der Kantine des Schlachthofes so, als gebe es zwischen ihnen eine Verbindung. Endre ist der etwa 50-jährige Finanzdirektor. Er hat einen gelähmten Arm und erwartet vom Leben nicht mehr viel. Mária ist die neue Fleischkontrolleurin. Sie wirkt seltsam verschlossen und offenbar kann sie gar nicht anders, als immer die Wahrheit zu sagen.
Schon nach kurzer Konversation haben sich Mária und Endre nichts mehr zu sagen. Worte, Sätze, Pausen liegen wie unsichtbare Trümmerhaufen zwischen den beiden. Sie, jung, blond, ernsthaft, mit durchgedrücktem Rücken, hat Angst vor Berührungen. Er hat sich - wohl nach früheren Liebesverletzungen - in sich selbst verbarrikadiert. Was die beiden nicht wissen: Sie haben jede Nacht dieselben Träume von einem Hirschen und einer Hirschkuh, die durch einen winterlichen Wald ziehen, Futter suchen, einander beschnuppern. Durch Zufall stellt sich dies durch Sitzungen bei der Betriebspsychologin heraus.
Gleichklang der Gefühle
Es ist wunderbar zu sehen, wie diese beiden Figuren erschüttert, verunsichert, irritiert sind. Durch ihren mysteriösen nächtlichen Gleichklang. Durch einen Gefühlsdialog, den sie schon lange miteinander führen, ohne dass sie davon wussten.
Das Wild, der Wald, der Schnee - die Bilder dieser stillen, poetischen Zweisamkeit stehen im seltsamen Gegensatz zum eher sterilen, in Grün- und Weißtönen gehaltenen Ambiente des Schlachthofs. Wie eine Malerin spielt Ildikó Enyedi mit den Farben, mit dem Wechsel von Schärfen und Unschärfen. In diesen Bildern wirken Mária und Endre wie aufgehoben - und sie brauchen ihn auch, den Rückhalt der Bilder. Denn ihre Begegnungen in der Kantine sind ein Hin-und-Her, ein Vor-und-Zurück, eine Choreografie der Unsicherheit.
Poetische Zweisamkeit in steriler Umgebung
Nebenbei erzählt "Körper und Seele" vom Alltag im Schlachthof, von all den anderen Formen der Anziehung zwischen Menschen. Unter den Kollegen drehen sich die Gespräche vor allem um Klatsch, Sex und Affären. Ein Mittel zur Potenzsteigerung von Bullen wird aus dem Medizinschrank geklaut. Ein junger vitaler Kollege bringt Unruhe in die Belegschaft. Derweil arbeiten sich unsere Liebenden langsam zueinander vor. Endre kauft sich ein After-Shave und Mária sucht Hilfe bei ihrem alten Kindertherapeuten.
"Körper und Seele" ist ein Film über das Wunder der Liebe im Schlachthaus des Lebens. Über die Schwierigkeit, sich zu öffnen. Über zwei Seelen, die sich gefunden haben, und die doch lernen müssen, sich immer wieder aufs Neue aufeinander zuzubewegen.
Körper und Seele
- Genre:
- Drama
- Produktionsjahr:
- 2017
- Produktionsland:
- Ungarn
- Zusatzinfo:
- mit Alexandra Borbély, Morcsányi Géza, Réka Tenki
- Regie:
- Ildiko Enyedi
- Länge:
- 116 Min.
- FSK:
- ab 12 Jahren
- Kinostart:
- 21. Sept 2017
