Buch des Monats Mai: "Haus in Flammen" von Mischa Kopmann
Das NDR Buch des Monats "Haus in Flammen" von Mischa Kopmann handelt von drei jungen Klimaktivisten - einem Radikalen, einer Visionärin und einem stillen Zuschauer - und um das eigene Verschwinden.
Nach "Aquariumtrinker" und "Dorfidioten" hat Mischa Kopmann mit "Haus in Flammen" seinen dritten Roman geschrieben. Es ist ein Buch über das Verschwinden - von Menschen, die man liebt, die weg sind, unerreichbar. Und es ist ein Buch über das eigene Verschwinden:
Mein Traum war es, zu verschwinden. Seit jeher. Dorthin, wo ich herkam und wo ich auch hingehöre. Wo ich ganz und gar bei mir bin. Und ganz und gar außerhalb meiner selbst. Verschmolzen mit dem großen Ganzen. Jenseits von Zeit und Raum. Und dann wieder. Leseprobe
Der Radikale, die Visionärin und der stille Zuschauer
Lias Thaden spielt Klavier, ist gut in der Schule, kommt bei Mädchen an, geht auf Partys, studiert in Hamburg. Aber: Lias' Welt scheint sich aufzulösen. Wie ein tiefer Bass zieht sich die Angst vor dem Klimawandel durch alle Seiten. Das titelgebende "Haus in Flammen" ist natürlich unsere Welt. Und nicht nur das: In Flammen stehen drei junge Menschen Anfang 20. "Ich bin da sehr gespalten, und damit ich nicht losgehe und anderer Leute SUVs anzünde, schreibe ich Bücher, in denen Leute das für mich tun", sagt Autor Mischa Kopmann.
Schon in der Schule lernt Lias Minnigk kennen, einen superschlauen Draufgänger, Sprücheklopfer, einen coolen Hund. Die dritte ist Yvette, sie ist die Geheimnisvolle in diesem Dreier-Spiel. Und damit sind die Karten gemischt: der Radikale, die Visionärin und der stille Zuschauer.
"Haus in Flammen": Die Eskalation ist vorprogrammiert
Alle drei sind entschlossen, dass man etwas gegen den Klimawandel tun muss. Sie gehen auf Demos von Fridays for Future, aber die sind Minnigk bald zu harmlos. Er gründet die Gruppe "Dead Loss Brigade":
Es ging um keine Ideologie. Um kein Dogma. Kein System. Keine Wahrheit. Es ging nicht darum, recht zu haben. Es ging darum, den Planeten zu retten. Leseprobe
Die Eskalation ist vorprogrammiert. Minnigk befreit Tiere aus einem Labor, wird zum gehypten Medienstar, twittert mit Greta Thunberg. Nur: Reicht das?
Yvette ist das Hirn hinter den Aktionen. Lias und Yvette werden ein Paar, dann Yvette und Minnigk. Die Temperatur in diesem so frisch geschriebenen Roman steigt von Seite zu Seite. Ein Bombenanschlag auf eine Tankstelle, die Gruppe wächst und radikalisiert sich - bis Lias aussteigt.
"Wenn wir so weitermachen, fahren wir das Ding komplett an die Wand"
Einen Kontrapunkt bieten die Szenen, wo er sich mit Adele trifft, der französischen Großmutter von Yvette, in ihrer vollgestopften Wohnung in Altona. Adele scheint hinter die Dinge zu blicken, auch sie sieht die Menschheit am Rand. Aber sie kämpft um jede Minute Leben:
"Die Welt stirbt, wenn du stirbst, Lias", sagte Adele. "Nicht umgekehrt. Es ist wichtig, das zu wissen." Leseprobe
"Für mich ging es darum, so eine Art Werk von Desillusionierung zu schaffen, zu sagen: Wenn wir so weitermachen, wie wir das seit vielen Jahrzehnten machen, fahren wir das Ding komplett an die Wand", so der Autor.
"Haus in Flammen": Zutiefst bedrohlicher Roman
Mischa Kopmanns Roman steht nie still, er berührt mit seiner jugendlichen Brüchigkeit und ist zutiefst bedrohlich. Die Szenen sind lose aneinandergereiht, nicht immer chronologisch, durchblitzt von kurzen poetischen Einfällen. Minnigk, Lias und Yvette: drei Arten damit umzugehen, dass wir auf eine Wand zurasen, sehenden Auges. Am Ende ein filmreifer Showdown, ein Hauch "Bonny und Clyde", bevor Lias, der sanfte Chronist, selbst verschwindet.
Natürlich hast du recht, Minnigk. Von deiner Seite. Und ich habe recht von meiner. Weil wir beide Teil dessen sind, was wir um jeden Preis bewahren wollen: unsere Traurigkeit. Unsere tiefe Trauer über den Verlust all der Dinge, die das Leben ausmachen. Leseprobe
Haus in Flammen
- Seitenzahl:
- 160 Seiten
- Genre:
- Roman
- Verlag:
- Osburg
- Veröffentlichungsdatum:
- 27. März 2022
- Bestellnummer:
- 978-3955102746
- Preis:
- 20 €
Schlagwörter zu diesem Artikel
Romane
