Screenshot auf dem Videospiel "Stray" © Annapurna / BlueTwelve

Videospiel-Tipp: "Stray" - als Katze in der Postapokalypse

Stand: 25.07.2022 17:28 Uhr

Mit dem PC- und Konsolen-Spiel "Stray" hat das französische Games-Studio BlueTwelve einen Überraschungshit gelandet. Das hat sicherlich viel mit der Protagonistin, einer rotfelligen Katze, zu tun. 

von Tobias Nowak

Es beginnt damit, dass eine rotfellige Katze bei einer Kletter-Exkursion abstürzt und in einer hermetisch abgeriegelten Stadt landet. Das Spielziel von "Stray" ist damit klar: Wir müssen mit der Katze aus der Stadt entkommen, um wieder zur Katzenfamilie zurückkehren zu können.

"Stray": Wie bei Blade Runner, nur etwas gemütlicher 

Dafür müssen wir den Weg aus einer Stadt finden, die halb zugemüllte Favela, halb Cyberpunk-Moloch à la "Blade Runner" ist, wenn auch etwas gemütlicher. Post-apokalyptisch angehauchte Stadtbilder sind zwar inzwischen leidlich ausgenudelt, aber dieses gewinnt ganz neuen Charme durch den Perspektivwechsel, den das Spiel vornimmt: Aus Sicht einer Katze ist die eng verwinkelte, sehr vertikale Architektur ein einziges Kletterparadies.

Die "Weichen" mussten weichen - Roboter haben übernommen

Menschen, im Spiel die "Weichen" genannt, gibt es in dieser Welt nicht mehr. Stattdessen wohnen hier Roboter, humanoid in Gestalt und Verhalten, allerdings immer etwas traurig und manchmal scheinbar ohne Verständnis für die menschlichen Codes, die sie kopieren. Sie scheinen nicht nur den Sinn des Lebens zu suchen, sondern möchten erst einmal verstehen, was Leben überhaupt bedeutet - und Tod.

Die Menschen waren die ersten Bewohner. Nun scheinen sie alle tot zu sein. Was glaubst du, wie es ist, tot zu sein? Ich weiß, es klingt albern, aber sind sie wirklich im Frieden? Werde ich "im Frieden" sein, wenn ich "sterbe"? Ich weiß nicht, wie der Tod sich für eine KI anfühlt.  Zitat aus "Stray"

Roboter versuchen sich an Kunst 

Eine mögliche Antwort auf die existentielle Herausforderung des Lebens war schon immer Kunst. Auch die Roboter versuchen sich daran: In den Gebäuden hängen Bilder, ein abgerissener Robo-Gitarrist sucht musikalische Inspiration und an den Wänden prangen Grafitti.

Erstaunlich, die Gefährten haben sich enorm weiterentwickelt. In den Anfängen ahmte ihre einfache KI die menschliche Kunst lediglich nach. Jetzt haben sie ihre ganz eigene. Die Menschen haben oft gesagt, dass es in verzweifelten Situationen wichtig ist, künstlerisch tätig zu sein. Dies sind zweifellos verzweifelte Zeiten. Zitat aus "Stray"

Leichtes Puzzle-Game mit gelegentlicher Action 

Auf der Spiel-Ebene ist "Stray" ein leichtes Puzzle-Game: Wo muss ich hin, mit wem sprechen, was tun? Es braucht keine große Geschicklichkeit, meist herrscht kein Zeitdruck. Abstürzen kann die Katze auch nicht, und nur gelegentlich gibt es gefährliche Action-Sequenzen, die den ansonsten ruhigen Takt des Spiels unterbrechen. 

Katze als Hauptfigur: entzückend gestaltet und animiert

"Stray" besticht in erster Linie durch seine entzückend gestaltete und animierte Hauptfigur. Die Atmosphäre der Spielwelt speist sich aus dem Kontrast zwischen diesem zerbrechlichen Lebewesen und seiner kalten, mechanischen Umwelt, die aber auf den zweiten Blick gar nicht tot ist. Denn sie ist voller Wesen, den Robotern, die ungefragt in ihre Existenz geworfen wurden, Bewusstsein haben und Sinn suchen. Mit kindlichem Eifer meditieren, handwerken, musizieren sie, und emanzipieren sich dabei langsam von ihren menschlichen Schöpfern.

Dabei bewertet das Spiel nicht: Leben und Intelligenz, Körper und Gefühle sind wertvoll, egal ob künstlich oder natürlich. Aber während sich die Roboter von ihrem Erbe befreien, geht die Erinnerung an die Menschheit verloren. 

 

Stray

Genre:
Videospiel
Zusatzinfo:
Erhältlich für PC und Playstation, je nach Version für ca. 30 bis 40 Euro.
Label:
BlueTwelve Studios
Veröffentlichungsdatum:
19. Juli 2022

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassisch unterwegs | 26.07.2022 | 14:20 Uhr

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