Talent vs. Follower-Zahlen: Was zählt mehr im Filmgeschäft?
Welchen Einfluss haben Social-Media-Accounts auf den Casting-Prozess in Hollywood und Deutschland? Die Antwort ist überraschend.
"I don't care about Instagram. Instagram sucks" - "Instagram ist mir egal. Instagram ist scheiße", findet die Schauspielerin Maya Hawke. Der Hollywood-Star ist bekannt durch Projekte wie "Stranger Things" oder Tarantinos "Once Upon A Time in Hollywood". Im Podcast "Happy Sad Confused" von Josh Horowitz erzählt sie sehr offen und sehr echauffiert darüber, was es für sie bedeuten würde, ihren Instagram-Account zu löschen - für sie und die Regisseure, mit denen sie arbeitet.
Regisseure müssen oft eine Quote im Casting erfüllen - eine Quote an Instagram-Followern -, um ihr Projekt überhaupt finanzieren zu können. Fiele Maya Hawke mit ihren neun Millionen Followern da raus, würde die Wahl eventuell auf jemand anderen fallen oder die anderen Rollen würden mit Influencern statt Schauspielern besetzt.
Das Problem: Follower-Zahlen schlagen Talent
Es ist eine der Grundsatzfragen, die Hollywood bewegt. Mayas Vater Ethan Hawke, der seine Karriere noch in der analogen Welt begonnen hat und dank seines Ruhms auf 1,5 Millionen Follower kommt, ist ob des Themas richtig angefressen: "Die junge Generation tut mir einfach nur leid. Manchmal, wenn ich in ein Projekt involviert bin, schlägt irgendjemand vor, ich solle doch Susie McGillicotti besetzen. Hat sie schon mal gespielt? Nein, aber sie hat 10 Millionen Follower. Das ist doch verrückt. Es geht doch nicht nur um Follower-Zahlen, es geht um Talent! Viele junge Schauspieler denken, es ginge um Protein-Shakes und das beste Fitnessprogramm. Schauspiel ist so viel mehr, als einfach nur ins Fitnessstudio zu gehen."
Das ist das Problem: Follower-Zahlen schlagen Talent. Denn alle buhlen um Aufmerksamkeit und Geld. Selbst Scarlett Johansson wurde vom Filmverleih Universal gebeten, sich für die Promo-Tour für den kommenden neuen Teil von "Jurassic World" im Sommer ein Instagram-Profil zuzulegen. Sie hat dankend abgewunken, sie könne sich damit nicht selbst treu bleiben und würde sich selbst verraten. Allerdings ist Johannson seit über dreißig Jahren im Filmgeschäft und kann es sich leisten, nein zu sagen.
Entwarnung aus deutscher Sicht?
So weit ist der deutsche Schauspieler Maximilian Mundt noch nicht, dabei ist auch er seit über zehn Jahren im Filmgeschäft, hat dank seines internationalen Erfolgs mit der Netflix-Serie "How To Sell Drugs Online Fast" 126.000 Follower und gibt - aus deutscher Sicht zumindest - erstmal eine halbe Entwarnung, was den Einfluss von Influencern aufs Schauspielgeschäft betrifft. "Ich glaube, es wird vermehrt darauf geachtet, dass die vielleicht Gastauftritte bekommen um irgendwie Leute anziehen, dass diese dann die Serie gucken oder den Film", so Mundt. "Ich habe auch eine relativ hohe Follower-Zahl und werde dadurch auch nicht mit Rollenangeboten überschüttet. Also ich glaube, es ist dann trotzdem immer noch auch eine Typ- und Talentfrage."
Trennlinie zwischen Schauspielern und Influencern verschwimmt
Typ oder Talent - aber gerade das ist die Krux, gerade bei jungen Schauspielerinnen und Schauspielern. Denn Talent muss erstmal entdeckt werden. Linda Wolters, Inhaberin der Schauspielagentur "Next Generation", die sich vor allem um junge Talente wie Maxton-Hall-Star Harriet Herbig Matten kümmert, merkt gerade in der Arbeit mit den großen Streamern einen Sinneswandel: "Man merkt auf jeden Fall, dass gleiche Personen immer und immer wieder angefragt werden, was natürlich schwieriger ist, weil wir dadurch umso mehr Kraft aufbringen müssen, um unsere jungen Talente, die ja alle wirklich schauspielerisch in der Regel sogar gut ausgebildet sind, nach vorne zu bringen. Das ist total schwer, weil die Follower-Zahlen fehlen."
Das ist das große Problem: Junge Talente ohne Social Media Karriere können so gar nicht mehr entdeckt werden. Die Trennlinie zwischen Schauspielern und Influencern verschwimmt und Karrieren können eingestampft werden, bevor sie überhaupt begonnen haben.
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