Nach der Ministerpräsidenten-Wahl: Karin Prien im Gespräch
Die neue Landesregierung von Schleswig-Holstein steht. Ministerpräsident Daniel Günther wurde in seinem Amt bestätigt, und auch Karin Prien bleibt Bildungsministerin. Im Interview spricht sie über ihre neuen Herausforderungen.
Frau Prien, fühlt es sich heute anders an, diesen Job anzutreten, als damals, vor fast genau fünf Jahren?
Karin Prien: Ein bisschen anders natürlich schon, weil man ein bisschen besser einschätzen kann, was einen grundsätzlich erwartet. Obwohl ich mir sicher bin, dass diese Legislaturperiode wieder viel Unvorhergesehenes mit sich bringen wird. Der Respekt und die Demut vor der Aufgabe ist mit dem zusätzlichen Wissen nicht geringer geworden, und es bleibt ja etwas ganz Besonderes, in dieser Form seinem Land dienen zu dürfen.
Was wird - Stand jetzt - für Sie die größte Herausforderung in den kommenden Jahren sein?
Prien: Mit Zuversicht aus der Pandemie zu kommen, ist sicherlich die Aufgabe für alle Bereiche, die ich verantworte - Schule, Wissenschaft, Forschung, berufliche Bildung und Kultur gleichermaßen. Wir kommen aus einer ganz herausfordernden Zeit und gehen auch in eine besonders herausfordernde Zeit. Wir wollen versuchen, diese Bereiche im Lichte dieser Herausforderung zwischen Kontinuität und Innovation weiterzuentwickeln.
Es könnte aber tatsächlich konkret werden, dass wir im Herbst wieder über Maskenregeln und über Schließungen von Theatern und Co. sprechen. Welche konkreten Lehren aus den vergangenen zwei Jahren konnten Sie ziehen, die uns im Herbst weiterbringen?
Prien: Wir stehen an einem ganz anderen Punkt als vor zwei Jahren, weil wir mit der Impfung für nahezu alle Altersgruppen ein probates Mittel zur Verfügung haben, um schwere Erkrankungen und eine Überlastung der Krankenhäuser zu vermeiden. Wir haben mit der Maske, einem angepassten Test-System auch weitere Hygienemaßnahmen zur Verfügung, die uns ermöglichen die Bildungsinstitutionen offen zu halten. Wir wissen inzwischen auch mehr über die dramatischen Folgen, insbesondere für Kinder und Jugendliche, aber auch für junge Erwachsene, die mit den Lockdown-Maßnahmen einhergegangen sind. Insofern werden wir auch anders darauf reagieren müssen als vor zwei Jahren.
Gucken wir auf den Kulturbereich: Die Kulturausgaben pro Kopf von Schleswig-Holstein lagen laut dem letzten Bericht des Statistischen Bundesamts bei knapp 72 Euro - zweitletzter Platz. Ganz vorn war zum Beispiel Sachsen mit 213 Euro. Sie haben diese Ausgaben im vergangenen Jahr schon im Haushalt erhöht - aber sind die Schritte groß genug, oder müssten sie eigentlich noch größer sein?
Prien: Wir haben den Kulturhaushalt in der vergangenen Legislaturperiode erheblich anheben können, aber das reicht natürlich noch nicht. Bei der Finanzsituation ist im Augenblick vieles im Ungewissen, aber wir haben uns vorgenommen, bei den Kulturausgaben in das Mittelfeld der deutschen Flächenländer hineinzukommen - auch auf Grundlage einer strategischen Kulturplanung. Insofern haben wir uns da einiges vorgenommen. Ich freue mich sehr darüber, dass es uns während der letzten Legislaturperiode gelungen ist, parteiübergreifend die Bedeutung der Kultur stärker ins politische Bewusstsein zu bringen.
Es ist vieles im Ungewissen. Allein die steigenden Preise für Gas, Benzin, Lebensmittel - wir können noch gar nicht abschätzen, was noch auf uns zukommt. Sind Sie auch so ein bisschen in Sorge, dass in den kommenden Jahren in den Landeshaushalten die Kultur am Ende den Kürzeren zieht, weil sie vielleicht doch als nicht ganz so wichtig eingeschätzt wird?
Prien: Natürlich werden alle Bereiche um die möglicherweise knapper werdenden Haushaltsmittel miteinander konkurrieren. Aber mein Eindruck ist, dass in Schleswig-Holstein zuletzt die Bedeutung von Kultur für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft, auch für die Entwicklung unseres demokratischen Systems, deutlich gewachsen ist. Deshalb bin ich ganz optimistisch, dass wir den Rotstift nicht als erstes in der Kultur anlegen, weil das nicht so wichtig sein soll. Nein, Kultur ist entscheidend für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Und gerade den brauchen wir in schweren Zeiten.
Wir hatten auch unsere Hörerinnen und Hörer gebeten, uns Fragen an Sie zu schicken. Edeltraud Harten aus Büchen hat geschrieben: "Ich denke, Kinder sollten gefördert werden, in Kitas und Schulen. Chorgesang und Instrumente müssen unterstützt werden, denn sie sind unsere Zukunft. Sie schreibt, dass sie selbst in einer Kita mit einem Musikschwerpunkt arbeitet. Welche Rolle spielt das im Konzept für die kommenden Jahre?
Prien: Frau Harten hat absolut Recht. Kulturelle Bildung ist weiterhin ein Schwerpunkt dieser Landesregierung. Deshalb ist es auch so wichtig gewesen, mit allgemeiner beruflicher Bildung, Kultur und zusätzlich der Wissenschaft hier ein klassisches Kultusministerium weiter zu erhalten, um diese Themen der kulturellen Bildung weiter in die Schulen hineinzubringen. Wichtig ist mir auch, dass wir uns gemeinsam entschieden haben, eine Initiative zu starten, damit auch Chöre wieder ins Singen kommen können. Dafür wollen wir als Landesregierung werben.
Das Interview führte Jan Wiedemann.