Die Spieler von Holstein Kiel bilden einen Kreis © picture alliance/dpa | Axel Heimken

Holstein Kiel: Boygroup vor der Bundesliga-Premiere

Stand: 11.05.2021 14:40 Uhr

Dem Fußball-Zweitligisten Holstein Kiel fehlen nur noch zwei Siege zur Bundesliga. Am Donnerstag ist Regensburg der Gegner, am Sonntag könnte die KSV in Karlsruhe den Aufstieg perfekt machen.

von Christian Görtzen

Knapp 100 Kilometer weiter südlich, beim Hamburger SV, haben sie den Konkurrenzkampf mit Holstein bereits verloren gegeben. "Auf Kiel können wir nicht mehr hoffen", sagte HSV-Interimstrainer Horst Hrubesch zu den Perspektiven des Ex-"Dinos". Respekt schwang in seinen Worten mit. Und den haben sich die "Störche" auch wahrlich verdient. Die Mannschaft von Trainer Ole Werner hat zuletzt eindrucksvoll gezeigt, wie sie größte Herausforderungen meistern kann - selbst zwei Team-Quarantänen innerhalb kurzer Zeit und die daraus resultierende Terminhatz mit acht Zweitligapartien und einem DFB-Pokal-Halbfinale bei Borussia Dortmund im Zeitraum von nur einem Monat.

13 Punkte aus vergangenen fünf Spielen

Nach dem zweiten Neustart haben die Norddeutschen vier ihrer fünf Ligaspiele gewonnen, hinzu kommt noch ein Remis beim 1. FC Nürnberg - ergibt herausragende 13 Punkte. Dank dieses Wiederbeginns sind die Kieler ihrem großen Ziel nun so nahe. Die KSV Holstein wäre der erste Club aus Schleswig-Holstein, dem der Sprung in die Eliteliga gelänge.

Sollte am Himmelfahrtstag (15.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) auch noch im Heimspiel gegen Jahn Regensburg ein Dreier glücken, hätte Kiel mit dann 62 Punkten zwei Spieltage vor dem Saisonende vier Zähler Vorsprung auf den Dritten Greuther Fürth (58). Die Teilnahme an der Relegation wäre mit dann sieben Punkten Vorsprung auf den Vierten HSV schon sicher. Mit einem weiteren Sieg am Sonntag beim Karlsruher SC stünde der Aufstieg fest.

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"Scheißegal, wir packen das!"

Was aber macht die Kieler so stark? Ein Punkt ist mit Sicherheit der Glaube an die eigenen Fähigkeiten und das Vermögen, das Ziel zu fokussieren; und nicht über die vielen Hürden auf dem Weg dorthin zu klagen. "Wir müssen es so annehmen, wie es ist", sagte Werner vor dem Neustart, der mit einem 3:1 in Osnabrück perfekt gelang. Sportchef Uwe Stöver wurde seinerzeit im "kicker" noch deutlicher: "Das Saison-Finale bietet uns immer noch eine riesige Chance. Und genau das ist die Botschaft an die Spieler, als wir uns zum ersten Mal wieder gesehen haben: Scheißegal, wir packen das! Davon sind wir alle überzeugt."

So mancher im Team wandelte die hohe Belastung in etwas Besonderes um - in etwas, das auch Spaß bereiten kann. "Wir sind wie eine Boygroup, die von Gig zu Gig zieht", sagte Stürmer Fabian Reese.

Wichtiger Wert: Leistungsträger gehalten

Dass sich die Mannschaft als Einheit begreift, ist ein weiterer Faktor für die Kieler Stärke. Das Team ist in sich gewachsen. Nachdem Holstein seit der Rückkehr in die Zweite Liga zweimal einen personellen Aderlass durch eine kluge Transferpolitik hatte kompensieren können, gelang es im vergangenen Sommer, die Leistungsträger zu halten. Und das, obwohl etwa Offensivspieler Jae-sung Lee schon damals Abwanderungsgedanken geäußert hatte.

Die KSV widerstand auch in der vergangenen Winterpause der Verlockung, durch Verkäufe ihrer Besten Geld einzunehmen. Sie konnte sich diesen Luxus leisten, weil in Corona-bedingt schwierigen Zeiten über den DFB-Pokal nicht eingeplante Einnahmen generiert und somit Löcher gestopft wurden. Das zahlt sich nun aus.

Gute Balance im Holstein-Team

Zudem ist das Team mit einer starken Achse in einer guten Balance. In der Abwehrmitte gibt der gebürtige Hamburger Hauke Wahl das Kommando. Im offensiven Mittelfeld bilden Lee und der im Sommer 2020 von Werder Bremen zurückgekommene gebürtige Kieler Fin Bartels ein starkes Duo, und vorne ist Janni Serra (elf Tore) ein unverzichtbarer Abnehmer.

Hinzu kommen zahlreiche andere Spieler, die enorm viel ins Team einbringen, wie etwa Alexander Mühling oder Reese. Die Mannschaft schafft es exzellent, auch schwächere Phasen ihrer Leistungsträger aufzufangen. So fielen zuletzt etwa Lees Formschwankungen nicht entscheidend ins Gewicht. Zudem ist der südkoreanische Nationalspieler niemand, der eine Starrolle für sich in Anspruch nehmen und für Trubel sorgen würde, wenn er mal nicht in der Startelf steht.

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Klare Ansprache von Coach Werner

Und dann ist da natürlich Trainer Werner als Faktor für den Erfolg. Als André Schubert im September 2019 nach nur sechs Spieltagen gehen musste, rückte der gebürtige Preetzer vom Coach der zweiten Mannschaft zum Profi-Team auf: erst als Interimstrainer, wenig später als Chef. Er überzeuge "mit einer klaren Ansprache, mit Inhalten und der nötigen fachlichen Grundlage, um diese zu vermitteln", beschrieb Stöver einmal Werner, der mit 33 Jahren jüngster Trainer im deutschen Profifußball ist.

Kapitän Wahl: "Wir werden Vollgas geben"

Werners Team war zuletzt im Spiel gegen Hannover 96 zwar der Kräfteverschleiß der vergangenen Wochen deutlich anzumerken, gleichwohl gelang mit einer großen Willensleistung der nächste Dreier. "Wir sind auf einem guten Weg. Aber man hat gesehen, dass wir langsam auf der letzten Rille laufen", räumte Siegtorschütze Bartels nach dem 1:0 ein. Viel Benzin ist beim Überraschungs-Pokal-Halbfinalisten offenbar nicht mehr im Tank. Kapitän Wahl aber verspricht: "Wir werden Vollgas geben." Die Ziellinie ist ganz nah.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 2 Sport | 13.05.2021 | 23:03 Uhr

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