Vorsorgevollmacht, Brille und Stift liegen auf einem Tisch. © Fotolia.com Foto: Jürgen Hüls
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AUDIO: Notvertretungsrecht: Entscheidungen im medizinischen Notfall (4 Min)

Mit einer Vorsorgevollmacht für den Ernstfall vorsorgen

Stand: 04.07.2023 12:37 Uhr

Plötzlich nicht mehr handlungsfähig: Eine Vorsorgevollmacht legt fest, wer stellvertretend handeln und entscheiden darf. Ergänzend kann auch eine Patientenverfügung sinnvoll sein.

Unfall, Schlaganfall oder Demenz - plötzlich kann man nicht mehr für sich selbst entscheiden. Wer kümmert sich um die Bankgeschäfte? Wer kündigt die Wohnung? Wer schließt den Vertrag mit einem Pflegeheim? Weder Freunde noch Angehörige - das gilt zurzeit auch noch für den Ehepartner - haben ohne spezielle Vollmacht das Recht, stellvertretend zu handeln oder zu entscheiden. Fehlt eine solche Vollmacht, bestellt das Betreuungsgericht einen gesetzlichen Betreuer. Das kann ein Angehöriger sein, muss es aber nicht.

Viele Menschen haben Angst davor, dass ihnen vom Gericht eine fremde Person als Betreuer "vorgesetzt" wird, der über sie bestimmen kann. Mit einer Vorsorgevollmacht kann man eine private Regelung treffen, die im Allgemeinen eine gesetzliche Betreuung überflüssig macht. Sie muss allerdings frühzeitig aufgesetzt werden - zu einem Zeitpunkt, zudem der Betroffene noch im vollen Besitz seiner geistigen Kräfte, im rechtlichen Sinne "geschäftsfähig" ist. Die Einzelheiten sind in den Paragrafen 1896 ff. (Rechtliche Betreuung) des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt.

Notvertretungsrecht für Ehepartner im medizinischen Notfall

Am 1. Januar 2023 ist eine Gesetzesnovelle in Kraft getreten, die Ehepartner das sogenannte Notvertretungsrecht ermöglicht. Auch wenn keine Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht vorliegt, können Verheiratete dann Entscheidungen über die Behandlung des erkrankten Ehepartners treffen, sofern er bewusstlos oder krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, diese Entscheidungen selbst zu treffen. Das Recht zur Gesundheitsfürsorge ist auf einen Zeitraum von sechs Monaten begrenzt und räumt nur eingeschränkt vermögensrelevante Entscheidungen ein. Nach Fristablauf wird ein gerichtlich bestellter Betreuer eingesetzt. Eine Vorsorgevollmacht ist deshalb trotzdem empfehlenswert.

Was kann man in der Vorsorgevollmacht regeln?

Die Vollmacht kann umfassend sein, wenn es sich um eine sogenannte Generalvollmacht handelt, oder nur einzelne Bereiche regeln, wie etwa:

  • Finanzangelegenheiten
  • Vertragsangelegenheiten
  • Gesundheitsvorsorge
  • Aufenthaltsbestimmung
  • medizinische Behandlung (eventuell durch Patientenverfügung ergänzen)
  • digitaler Nachlass

Wie setzt man eine Vorsorgevollmacht auf?

Formular-Vorlagen gibt es bei Beratungsstellen und Behörden, wie etwa der Betreuungsbehörde, aber auch im Internet, zum Beispiel vom Bundesministerium für Justiz. Die Verbraucherzentrale Hamburg bietet zudem eine Online-Anwendung, mit der sich Schritt für Schritt individuell passende Textbausteine für die eigene Verfügung oder Vollmacht zusammenstellen lassen.

Im Prinzip kann jeder selbst die Vollmacht aufsetzen oder Vordrucke ausfüllen. Von bestimmten Fällen abgesehen, wie zum Beispiel die Verfügung über ein Grundstück, ist ein Notar für die rechtliche Wirksamkeit nicht notwendig, aber dennoch sinnvoll. Man kann eine Vollmacht auch bei den städtischen Betreuungsbehörden gegen eine geringe Gebühr öffentlich beglaubigen lassen. Allerdings bestätigt die Beglaubigung nur die Identität der Unterzeichnenden. Eine weitergehende Wirkung ist damit nicht verbunden.

Vorteile der notariell beurkundeten Vorsorgevollmacht

Deshalb sollte man sich überlegen, die Dienste eines Notars in Anspruch zu nehmen und die Vollmacht von ihm beurkunden zu lassen. Die Vorteile:

  • Die Echtheit der Unterschrift muss der Notar von Amts wegen prüfen.
  • Er muss sich Gewissheit verschaffen, ob der Vollmachtgeber in der Lage ist, die Folgen und die Tragweite seiner Erklärung zu überschauen.
  • Nur die notariell beurkundete Vollmacht erlaubt die Regelung von Grundstücks-Angelegenheiten wie Verkauf, Belastung oder Löschung.
  • Er muss gegebenenfalls aufklären und belehren.
  • Der Notar muss vermerken, ob er der Auffassung ist, dass der Vollmachtgeber als geschäftsfähig anzusehen ist.

Betrachtet der Notar den Vollmachtgeber als geschäftsfähig, können Dritte zu einem späteren Zeitpunkt die Geschäftsfähigkeit praktisch nur dann angreifen, wenn ärztliche Zeugen oder Atteste besagen, dass Geschäftsfähigkeit nicht vorlag. Deshalb bringt eine solche Vollmacht einen hohen Grad an Verlässlichkeit. Die Notar-Gebühren hängen von der Höhe des Vermögens ab. Sie beträgen mindestens 60 Euro und maximal 1.735 Euro. Die Gebühren-Deckelung beginnt bei Vermögen von mehr als zwei Millionen Euro.

Zentrales Vorsorgeregister sorgt für Auffindbarkeit

Die beste Vorsorgevollmacht nützt nichts, wenn sie im Fall der Fälle nicht gefunden wird. Die bevollmächtigte Person sollte also wissen, wo sich die Vollmacht befindet. Man kann die Bevollmächtigung und den Namen der bevollmächtigten Person auch registrieren lassen. Die Bundesnotarkammer hat dafür das "Zentrale Vorsorgeregister" eingerichtet. Dort fragen auch Gerichte nach, ob eine Vorsorgevollmacht vorliegt. Der Aussteller der Vollmacht bekommt eine Karte im Scheckkartenformat, die auf die Registrierung hinweist.

Alternative: Betreuungsverfügung mit gerichtlicher Kontrolle

Bevor man sich für eine Vorsorgevollmacht entscheidet, sollte man sich in jedem Fall über Alternativen wie etwa die Betreuungsverfügung informieren. In der kann man bestimmen, wer als gesetzlicher Betreuer eingesetzt und wie die Betreuung inhaltlich gestaltet werden soll. Die Betreuungssgerichte sind weitgehend daran gebunden. Während bei der gesetzlichen Betreuung das Vormundschaftsgericht eine Kontrollfunktion hat, besteht bei der umfassenden Vorsorgevollmacht die Gefahr des Missbrauchs. Es ist daher eine absolute Vertrauenssache, einem Menschen so weitgehende Befugnisse einzuräumen.

Patientenverfügung regelt medizinische Maßnahmen

Während die Vorsorgevollmacht vor allem regelt, durch wen man in welchen Bereichen vertreten werden will, legt die Patientenverfügung fest, welche Handlungen Ärzte vornehmen oder unterlassen sollen. Häufig bezieht sich das auf die Frage lebensverlängernder Maßnahmen. Es ist sinnvoll, eine Patientenverfügung als Ergänzung der Vorsorgevollmacht aufzusetzen. Gesetzlich ist die Patientenverfügung in§ 1827 Absatz 1 BGB geregelt. Tipps und Textbausteine zum Verfassen liefert die Broschüre "Patientenverfügung" des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. Auch eine Patientenverfügung kann im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert werden.

Weitere Informationen
Ein Kugelschreiber liegt auf einem Vordruck einer Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. © dpa - Bildfunk Foto: Holger Hollemann

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | 17.02.2023 | 05:21 Uhr

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