Gaspreis-Entwicklung: Warum die Kosten zuletzt gesunken sind
Trotz der anhaltenden Energiekrise zahlen Neukunden derzeit weniger für eine Kilowattstunde Gas als noch vor einigen Wochen. Auch der Großmarkt-Preis sinkt. Zwei Forscher erklären, welches die Ursachen für den Rückgang der Gaspreise sind.
Im Vergleich zum Vorjahr ist der Gaspreis zwar immer noch hoch, aber seit Anfang September ist der Preis pro Kilowattstunde deutlich zurückgegangen - zumindest wenn man auf die Preise für Neukunden im bundesweiten Mittel schaut. Anfang September lag der Preis pro Kilowattstunde für Neukunden noch bei rund 40 Cent, aktuell sind es um die 22 Cent. Dies entspricht einem Rückgang um rund 45 Prozent. Und auch der Großhandelspreis von Gas ist in den vergangenen Wochen gesunken. Wie kommt es zu einer so starken Entspannung der Preislage?
Volle Gasspeicher, milde Witterung und Einsparungen
Jochen Linßen, Wissenschaftler am Forschungszentrum Jülich und Professor für Gas- und Wasserstoffinfrastrukturen, geht davon aus, dass mehrere Faktoren die Preisentwicklung beeinflusst haben: "Sicher wirken sich die zu knapp 95 Prozent gefüllten Gasspeicher zusammen mit der derzeit vorherrschenden milden Witterung und die Einsparungen in Industrie, Kraftwerke, Gewerbe und Haushalten dämpfend auf die Preisentwicklung aus", so Linßens Einschätzung Mitte Oktober.
Auch Jakob Wachsmuth, Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung, sieht in den gefüllten Gasspeichern und der milden Witterung einen Grund für die Entspannung der Preise. Aber auch positive Prognosen könnten laut Wachsmuth einen Effekt gehabt haben: Eine Studie der Internationalen Energieagentur (IEA) zu den Versorgungsrisiken für die EU sei zu eher optimistischen Ergebnissen gekommen.
Aussicht auf LNG sorgt für Beruhigung
Der Blick in die Zukunft spielt auch für den Jülicher Forscher Linßen eine maßgebliche Rolle: Die angekündigten Lieferungen von regasifiziertem Flüssigerdgas (LNG) aus Frankreich hätten vermutlich zum beruhigenden Effekt auf die Märkte beigetragen - ebenso wie die Tatsachen, dass ab dem kommenden Jahreswechsel die ersten deutschen LNG-Terminals in Betrieb gehen sollen und Norwegen derzeit mehr Gas per Pipeline liefert als jemals zuvor.
Preissenkende Wirkung der Gaspreisbremse
"Zuletzt kann auch der in der EU diskutierte Gaspreisdeckel bei der zukünftigen Beschaffung von Erdgas eine preissenkende Wirkung auf den weltweiten Handel mit LNG haben", sagt Linßen. Er geht jedoch nicht davon aus, dass die Gaspreise wieder auf Vorkrisen-Niveau sinken werden, da ein Wechsel vom Pipeline-Bezug zum LNG-Import mit deutlich höheren Transportkosten für das Gas verbunden sei. Fraunhofer-Forscher Wachsmuth weist zudem daraufhin, dass trotz optimistischer Prognosen weiterhin ein Versorgungsrisiko bestehe, insbesondere im Falle eines sehr kalten Winters.