Ein Kind mit Ringelröteln. © Wikipedia/Gemeinfrei Foto: Andrew Kerr
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Mehr Fälle von Ringelröteln in SH: Experten geben Entwarnung

Stand: 08.03.2024 17:05 Uhr

Die hochansteckende Krankheit zeigt sich vor allem bei Kindern durch einen roten Hautausschlag im Gesicht. In den meisten Fällen sind Ringelröteln ungefährlich, sagen Experten. Schwangere sollten dennoch aufpasssen.

Die Arztpraxen bei uns im Land behandeln aktuell mehr Fälle von Ringelröteln als gewöhnlich. Das Institut für Infektionsmedizin an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel zählte allein in den ersten zwei Monaten dieses Jahres schon 260 Fälle in Schleswig-Holstein - im gesamten vergangenen Jahr waren es nur 40.

Angesteckt, bevor man den Ausschlag sieht

Das Tückische an dem Virus: Es ist hoch infektiös und das bevor man überhaupt einen Ausschlag im Gesicht sieht. Wenn so eine Kita-Gruppe dann erstmal betroffen ist, wird natürlich auch gleich eine große Zahl von Fällen gemeldet. Das erklärt der Kinder- und Jugendarzt Dr. Sebastian Groth und gleichzeitig Sprecher des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärztinnen und -Ärzte in Schleswig-Holstein.

In seiner Praxis in Rendsburg behandelt Dr. Groth derzeit jeden Tag mindestens einen Fall von Ringelröteln. Vorher waren es höchstens fünf bis sechs Fälle im Jahr. Er vermutet einen Nachholeffekt. Viele der kleineren Kinder, die sich in den letzten Jahren noch nicht immunisiert haben, erkranken jetzt an Ringelröteln. Diesen Effekt hat man nach Aufhebung der Corona-Schutzmaßnahmen bei vielen Infektionserkrankungen beobachten können, so Groth.

Extrem viele Fälle in Lübeck

Eigentlich müssen Infektionen mit Ringelröteln den Behörden nicht gemeldet werden. Der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte geht deshalb von einer großen Dunkelziffer aus. In Lübeck werden derzeit dennoch hohe Fallzahlen gemessen. Bis jetzt wurden dort in diesem Jahr 137 Fälle gemeldet, 2023 waren es insgesamt nur 35. Auch im Vor-Corona-Jahr 2019 wurden dem Gesundheitsamt in Lübeck 35 Fälle gemeldet. In Ostholstein zählt der Kreis seit der 9. Kalenderwoche 29 Fälle. Davor gab es keine Meldungen. Die erfassten Fälle verteilen sich laut Kreis auf sechs Ausbrüche in Neustadt, Ratekau, Bad Schwartau, Eutin und Lensahn, sowie Einzelfälle. Der Kreis Segeberg verzeichnet 91 Fälle bis zum Stichtag Anfang März. Im gleichen Zeitraum vor einem Jahr wurde dem Kreis nur ein Fall gemeldet.

Auch im Kreis Rendsburg-Eckernförde zählt die Behörde mehr Fälle, bis dato 77, im vergangenen Jahr waren es insgesamt drei Fälle. In Flensburg sind die Zahlen etwas geringer. In 2024 sind bisher 14 Fälle gemeldet worden, in 2023 lediglich zwei Fälle. Dasselbe Bild zeigt sich im Kreis Segeberg: In diesem Jahr zählte man bis jetzt 24 Fälle. Im vergangenen letzten Jahr waren es 14 Meldungen. Dem Kreis Herzogtum-Lauenburg liegen keine genauen Zahlen zur Verbreitung von Ringelröteln vor. Das Gesundheitsamt dort bestätigte dem Kreis jedoch, dass an mindestens zwei Schulen eine unbekannte Anzahl an Fällen aufgetreten ist.

Kinder- und Jugendeinrichtungen interessieren sich mehr für Infektionskrankheiten

In Kiel beobachtet man, dass Schulen, Kitas und andere Gemeinschaftseinrichtungen vermehrt Kontakt mit den Behörden zu dem Thema aufnehmen. Laut Stadt bedeutet das aber nicht, dass dort viele Fälle auftreten. Nach der Corona-Pandemie scheinen die Einrichtungen beim Thema Infektionskrankheiten eher deutlich sensibler zu sein, so die Stadt.

Die Kreise verweisen insgesamt aber darauf, dass Infektionen mit Ringelröteln von den Einrichtung nicht bei den Gesundheitsämtern und Behörden gemeldet werden müssen. Meistens werden die Kreise von den Kitas informiert, wenn dort eine ganze Gruppe infiziert ist, so die Stadt Flensburg. Offiziell meldepflichtig sind Ringelröteln erst ab dem zweiten Fall in einer Gemeinschaftseinrichtung wie der Kita, so die Stadt Lübeck. Anders ist das zum Beispiel beim Norovirus, bei dem sofort eine Meldepflicht besteht.

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Eine Gefahr für Schwangere

Betroffen sind vor allem zwei- bis fünfjährige Kinder. Die meisten Infektionen verlaufen harmlos mit wenig Beschwerden. Ringelröteln verursachen zumeist nur milde Krankheitsverläufe mit zum Beispiel Fieber oder Kopfschmerzen. Bei Vorschädigungen des Immunsystems können allerdings, so wie bei anderen Infektionskrankheiten, Probleme auftreten. Bei Ringelröteln sei das laut Dr. Sebastian Groth aber selten so.

Von schwangeren Frauen sollten Kinder mit Ringelröteln allerdings ferngehalten werden. Sie können die Viren auf das ungeborene Kind übertragen, wodurch die Blutbildung geschädigt werden kann, so Dr. Groth. Schwangere, die Kontakt zu Kindern mit Ringelröteln hatten, sollten sich am besten schnell vom Gynäkologen untersuchen lassen.

Hat dir jemand eine Ohrfeige verpasst?

Ringelröteln verursachen Hautausschlag im Gesicht, der wie ein Schmetterling aussieht. Sie wird auch Ohrfeigenkrankheit genannt, weil die Wangen durch den Ausschlag rot gefärbt sind. Der Ausschlag wird durch Viren (Parvovirus B19) ausgelöst. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) gehören Ringelröteln neben Scharlach, Masern, Windpocken und Röteln zu den fünf Kinderkrankheiten, die Ausschlag verursachen können. Mit Röteln haben Ringelröteln außer dem Namen jedoch nichts gemeinsam. 

In Kindergärten und Schulen häufen sich die Krankheitsfälle vor allem vom Spätwinter bis zum Frühsommer, so das RKI. Nur wer sich noch nicht mit Ringelröteln angesteckt hat, ist gefährdet zu erkranken. Hat man die Krankheit einmal überstanden, ist man lebenslang geschützt und kann nicht erneut erkranken.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 08.03.2024 | 20:00 Uhr

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