Bildungstrend: Opposition und Gewerkschaft kritisieren Landesregierung

Stand: 17.10.2022 18:42 Uhr

Nachdem die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends vorgestellt wurden, üben Opposition und Gewerkschaft scharfe Kritik an der bisherigen Bildungspolitik der Landesregierung Schleswig-Holstein.

Die Ergebnisse seien alarmierend, sagte der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Christopher Vogt. Dass die pandemiebedingten Schulschließungen und -einschränkungen erhebliche negative Auswirkungen auf den Lernerfolg der Kinder hatten, ist aus seiner Sicht jedoch nicht überraschend. "Die Landesregierung muss viel mehr tun, um unsere Schulen und insbesondere die Grundschulen zu stärken", so Vogt. Die bisherigen Aufholprogramme reichten bei Weitem nicht aus.

Weitere Informationen
Ein Kind sitzt an einer Schulbank. © picture alliance/dpa | Frank Hammerschmidt Foto: Frank Hammerschmidt

Bildungstrend: Schleswig-Holsteins Schüler können am besten zuhören

Auch im Lesen liegt Schleswig-Holstein über dem Bundesdurchschnitt. Doch der Bildungstrend zeigt auch besorgniserregende Defizite. mehr

FDP: Bildung unabhängig vom sozialen Hintergrund

Grundsätzlich sollten Elternhaus und Wohnort für die Bildung keine Rolle spielen, so Vogt. "Die Realität sieht leider anders aus: Der Bildungserfolg hängt immer stärker vom sozioökonomischen Hintergrund ab." Schulen mit einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund bräuchten mehr Unterstützung vom Land. "Bildung muss in unserer Gesellschaft endlich Priorität haben", sagte Vogt. Zudem müsste die Unterrichtsversorgung und die Stundenanzahl an allen Grundschulen verbessert werden.

SPD: Fachkräfte und Ressourcen fehlen

Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Martin Habersaat, sprach von einer Grundschulkrise - an der seien aber nicht die Schulen Schuld: "Die brauchen Fachkräfte, Ressourcen und Raum für gute Pädagogik - nicht mehr und nicht weniger." Das Problem liege auch nicht an der Inklusion, so Habersaat. Das zeige das Beispiel von Hamburg, in dem ähnlich viele Schülerinnen und Schüler einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben. "Mehr Noten, strengere Sortierung der Schülerinnen und Schüler nach Klasse vier und weniger Inklusion - die CDU-Rezepte, die Frau Prien an unseren Schulen nun seit 2017 umsetzt, haben offenbar keinen Erfolg gebracht."

Habersaat sagte zudem, es sei "peinlich, dass Schleswig-Holstein als das Land, in dem die Präsidentin der KMK [Kultusministerkonferenz] Verantwortung trägt, eines von fünf Ländern ist, bei denen keine Angaben zur Ausstattung der Schulen mit technischen Endgeräten, WLAN oder dem Vorhandensein von Medienkonzepten möglich sind."

Neue Zugänge zur Mathematik gefordert

Jedes vierte Kind hätte angegeben, Angst im Fach Mathematik zu erleben. Nach Habersaats Ansicht läge darin der Ansatzpunkt für "erfolgreiche Pädagogik". Statt die Anzahl der Mathe-Stunden für Schülerinnen und Schüler zu erhöhen, bräuchte es andere Zugänge zur Mathematik, "auch Fächer und Jahrgänge übergreifend, und eine Mathematik-Didaktik, die Zugänge öffnet".

Schließlich erklärte Habersaat, dass die Corona-Pandemie die Schulen im Land noch länger beschäftigen werde als nur bis zum Ende des kommenden Halbjahres. "Das sollte auch Schwarz-Grün bei seiner Budgetplanung endlich berücksichtigen und das Auslaufen der Mittel zum Halbjahresende nicht noch als Erfolg verkaufen", sagte der SPD-Politiker.

GEW: Grundschulen in Schleswig-Holstein leiden unter Fachkräftemangel

Probleme beim Distanzunterricht wegen einer schlechten Internetverbindung, fehlende Geräte oder wenig Unterstützung für belastete Familien - die Ergebnisse des Bildungstrends auf die Corona-Pandemie zurückzuführen, greife dennoch zu kurz, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Schleswig-Holstein (GEW) Franziska Hense. In Schleswig-Holstein gäbe es einen massiven Fachkräftemangel. 15 Prozent der Lehrkräfte an Schulen hätten keine Lehramtsausbildung. "Gleichzeitig ist der Mangel an Sonderpädagoginnen und -pädagogen in den letzten Jahren dramatisch gestiegen", sagte Hense. Man könne die Anforderungen an Grundschulen nicht immer weiter durch Stundentafel und weitere Inhalte erhöhen ohne für personelle und zeitliche Ressourcen zu sorgen.

Weitere Informationen
Schülerinnen und Schüler arbeiten an Tablets und Laptops. © Keystone Foto: Georgios Kefalas

FDP kritisiert: Fördergelder für Schul-Digitalisierung ungenutzt

Der millionenstarke Digitalpakt soll die Digitalisierung der Schulen antreiben, die Anträge seien jedoch zu kompliziert. mehr

Leerer Klassenraum © Fotolia.com Foto: Uolir

Bildungssystem SH: Wie digital sind unsere Schulen?

Corona, Digitalisierung, Inklusion - wie steht es um das Bildungssystem im Land? Wir schauen auf die Schulen in Schleswig-Holstein. mehr

Schüler im Klassenzimmer während des Unterrichts. © NDR Foto: NDR

Warum deutsche Schulen in Dänemark einen Ansturm erleben

Erstmals zählen die Schulen der dänischen Minderheit mehr als 1.500 Schülerinnen und Schüler. Laut der Schulrätin hat das zwei Gründe. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 17.10.2022 | 17:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Schule

Nachrichten aus Schleswig-Holstein

Die EU-Flagge weht vor blauem Himmel im Wind © dpa Foto: Jens Kalaene

Europawahl: So denken die Menschen in Schleswig-Holstein

Eine Umfrage von #NDRfragt zeigt, welches für die Schleswig-Holsteiner die wichtigsten Themen sind und wie sie sich repräsentiert fühlen. mehr

Videos