Ärger um Nord-Ostsee-Kanal: Sanierung bedroht Tourismus

Stand: 08.10.2022 06:00 Uhr

Wegen der Schäden an der NOK-Böschung drohen jahrelange Baumaßnahmen. Touristiker sehen den neuen Radwanderweg entlang des Kanals in Gefahr. Die Schifffahrt fürchtet jahrelange Einschränkungen und fordert Ersatz.

von Oliver Kring

Der Nord-Ostsee-Kanal (NOK) ist die meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt. Aber besonders für den Tourismus in Schleswig-Holstein und Dithmarschen wächst die Bedeutung immer mehr: "Entlang des Kanals führt auf beiden Seiten der bislang einzige professionell vermarktete Radwanderweg des Landes entlang," sagt Helge Haalck, Vorsitzender der touristischen Arbeitsgemeinschaft Nord-Ostsee-Kanal und zugleich Geschäftsführer von Dithmarschen Tourismus. Die Strecke verläuft fast ohne Steigungen am Kanal entlang von Brunsbüttel bis nach Kiel ist auf 99 Kilometern und gilt unter anderem deshalb sowie wegen der vielen Schiffe für viele Radwanderer als ein echter "Leckerbissen".

NOK: Ufer droht abzurutschen

Doch jetzt droht Ärger. Grund sind schwere Schäden unterhalb der Ufer. Der Kanal muss an den Böschungen durchgängig saniert werden. Besonders schlimm ist es an drei Schwerpunkten: in den Bereichen Hochdonn und Fischerhütte -auf beiden Kanalseiten - sowie am Uferbereich zwischen Oldenbüttel und Tackesdorf auf der Südseite. Die Radwege sind dort deshalb komplett gesperrt.

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Eine Absperrung und Hinweisschilder an einem Weg am Nord-Ostsee-Kanal. © NDR Foto: Anja Deuble

Wege am Nord-Ostsee-Kanal aus Sicherheitsgründen gesperrt

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Thomas Fischer vom zuständigen Wasser- und Schfffahrtsamt (WSA) in Kiel warnt: "Das heißt, es sind dort Ausspülungen. Die müssen instand gesetzt werden. Sonst kann es im Extremfall zu Rutschungen kommen." Das heißt, brechen die Böschungen dort weiter ein, könnte auch der darüber liegende Teil nachgeben und im schlimmsten Fall samt Fußgängern oder Radfahrern in den Kanal hineinrutschen.

Rückschlag für Radtourismus

Der Touristiker Helge Haalck ärgert sich: "Wir haben uns gerade auf den Weg gemacht, ein neues Marketingkonzept aufzulegen und im nächsten Jahr wollten wir in die Umsetzung gehen, in die neue Beschilderung, Infokästen etc. und jetzt kommen die Baustellen!" Das Tourismuskonzept für Schleswig-Holstein hat vor einigen Jahren den Radtourismus als eine riesengroße Chance für den Tourismus im Land identifiziert. Sowohl die bekannten Hochburgen an den Küsten, aber besonders der Binnenland-Tourismus könne davon groß profitieren, heißt es unter anderem bei der Tourismusagentur Schleswig-Holstein (TASH). Mit den Sperrungen werde diese Entwicklung empfindlich gestört, ergänzt Haalck.

Große Probleme auch für Schifffahrt

Die Schäden entstehen nach den Untersuchungen des Wasser- und Schifffahrtsamtes wohl durch die Schiffe selbst: "Wir wissen natürlich, dass die Schifffahrt mit ihren Antrieben unter Wasser Kräfte verursachen, Strömungen, Sunk und Schwall, dass das auch die Böschungen angreifen kann." Mit anderen Worten: An den Ufern herrscht durch die Antriebe ein ständiger Wechsel zwischen Sinken und Steigen der Wasseroberfläche, hinzu kommen Strömungen. Und so wird teilweise der Grund am Ufer abgetragen, die Hohlräume entstehen. Lösen will das WSA das mit Geschwindigkeitsbeschränkungen und Überholverboten. Denn Geschwindigkeit und Überholmanöver verstärken den Effekt. Wenn die Schiffe langsamer fahren müssen, kostet das allerdings mehr Zeit. Die Reedereien fordern deshalb entsprechende Ausgleiche - etwa durch geringere Gebühren für die Fahrten durch den Kanal.

Langjährige Sanierungen notwendig

Das große Problem für alle: Die Sanierungen sollen mehrere Jahre dauern - bis zu zehn Jahre, so kursierten Gerüchte. Das weist WSA-Sprecher Fischer jedoch zurück. Er spricht von mehreren Jahren - aber ein ganzes Jahrzehnt, davon geht er nicht aus. Das Wasser- und Schifffahrtsamt hat gerade alle Uferbereiche entlang des Kanals auf Schäden untersuchen lassen. Bis zum Ende kommenden Jahres soll ein weiteres Gutachten über die Böden an den Böschungen fertig sein. Dann sollen die Sanierungen europaweit ausgeschrieben werden. Wann die eigentlichen Bauarbeiten beginnen können, ist daher noch unklar. Das WSA erkennt die Dringlichkeit aber an, deshalb soll bereits im kommenden Jahr zumindest an den drei besonders betroffenen Stellen mit der Arbeit begonnen werden.

Kreis Dithmarschen fordert Bund zu schnellem Handeln auf

Der Kreis Dithmarschen als Träger der Tourismusarbeit im Kreis hat kürzlich eine Resolution verabschiedet: Darin fordert er den Bund auf, die Uferbereiche des Nord-Ostsee-Kanals besser instand zu halten sowie mehr Personal und Geld einzusetzen, um die erforderlichen Arbeiten deutlich zu beschleunigen.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 07.10.2022 | 19:30 Uhr

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