Rot-Grün will komplett auf erneuerbare Energien setzen
Klimaschutz, Wirtschaft und Verkehr: SPD und Grüne haben am Mittwochabend erste Pläne für die rot-grüne Koalition in Niedersachsen vorgestellt. Besonders der Klimaschutz soll einen hohen Stellenwert einnehmen.
SPD und Grüne haben sich deshalb darauf verständigt, die erneuerbaren Energien deutlich auszubauen. Bis 2030 sollen mindestens 75 Prozent des Energieverbrauchs über erneuerbare Energien gedeckt werden. 2035 soll der Anteil bei 90 Prozent liegen. 2040 sollen dann gar keine fossilen Energieträger mehr eingesetzt werden. "Entweder made in Niedersachsen oder durch Energieimporte", machte SPD-Chef Stephan Weil deutlich.
Klimafolgenabschätzung in künftigen Entscheidungen
Die künftige Landesregierung will bei ihrer gesamten Arbeit den Blick auf den Klimaschutz legen - und zwar in allen Ressorts. Julia Willie Hamburg, Verhandlungsführerin der Grünen, erklärte, dass man bei jedem Vorhaben prüfen wolle, ob damit die Klimaziele der Landesregierung erreicht werden.
Niedersachsen soll klimaneutral sein
Es sind Ziele, die auch für die Wirtschaft entscheidend sind. "Wir haben den Anspruch, dass wir in Niedersachsen künftig klimaneutral sind", sagte Weil. Kurzfristig bedeute dies, dass den Unternehmen auch in der Energiekrise geholfen und ein Rettungsschirm gespannt werde. Über die konkrete Ausgestaltung müsse aber noch beraten werden, machte Weil deutlich. Unter Rot-Grün sollen sich außerdem mehr Unternehmen in Niedersachsen ansiedeln. Eine Landesflächensiedlung soll größere Ansiedlungen vorbereiten.
49-Euro-Ticket soll kommen
SPD und Grüne haben sich darüber hinaus darauf verständig, den Länderanteil des geplanten 49-Euro-Tickets mitzufinanzieren. Darüber hinaus wollen sie ein 29-Euro-Ticket für Schülerinnen und Schüler und Auszubildende einführen. Hamburg verwies zudem auf eine Mobilitätsgarantie für den ländlichen Raum - wie diese konkret aussehen könnte, ließen SPD und Grüne allerdings offen.
Aufschwung für sozialen Wohnungsbau?
Daneben ging es auch um das Thema Bauen: SPD und Grüne haben sich auf eine Landeswohnungsbaugesellschaft geeinigt. Mit ihr soll der soziale Wohnungsbau, der in den vergangenen Jahren nahezu zum Erliegen gekommen ist, neuen Aufschwung erhalten. Hamburg machte zudem deutlich, dass die neue Landesregierung künftig auch bei den eigenen Gebäuden auf klimaschonendes Bauen setzen wolle. Sie sollen dafür einem Klimacheck unterzogen werden. Zudem soll die Solardachpflicht und Wärmewende kommen.
SPD und Grüne geben sich geschlossen
"Wir hatten uns keine einfachen Themen vorgenommen, sondern ausgesprochene Schwergewichte", machte Weil nach dem ersten Tag der Koalitionsverhandlungen deutlich. Gekriselt hat es dabei offenbar nur bedingt - Rot-Grün setzt auf Nähe, Geschlossenheit und Kompromisse. "Unser Ziel ist es, schnelle und tragfähige Antworten für den kommenden Winter und die kommenden Monate zu geben", machte Hamburg am Morgen deutlich.
Koalitionsvertrag soll am 7. November unterzeichnet werden
Der Zeitplan ist straff: In der kommenden Woche am Donnerstag wollen die künftigen Koalitionäre die Ergebnisse ihrer Verhandlungen präsentieren. "Wir sind guten Mutes, dass wir am Ende den berühmten weißen Rauch aufsteigen lassen können", sagte Weil. Am ersten November-Wochenende sollen die Parteitage dann über den ausgehandelten Koalitionsvertrag abstimmen. Stößt der auf Zustimmung, soll er am 7. November unterzeichnet werden. Wenn am 8. November der neue Landtag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammenkommt, soll Ministerpräsident Stephan Weil im Amt bestätigt werden.
Wer bekommt welches Ministeramt?
Außer dem Amt des Regierungschefs ist die Postenverteilung zurzeit unklar. Dem Vernehmen nach legen die Grünen Wert darauf, dass Julia Willie Hamburg Wirtschaftsministerin wird. Ihr Co-Spitzenkandidat Christian Meyer könnte Umweltminister werden. Der aktuelle Umweltminister und frühere Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) müsste dann ein anderes Ressort übernehmen. Nach der Wahl hatte er gesagt, dass er im vorigen rot-schwarzen Kabinett gerne Wirtschaftsminister geblieben wäre. SPD-Innenminister Boris Pistorius und SPD-Gesundheitsministerin Daniela Behrens könnten ihre bisherigen Posten behalten. Behrens hat zwar kein Landtagsmandat, könnte aber dennoch wieder Ministerin werden.
Geld dürfte bei rot-grün lockerer sitzen
Generell wollen SPD und Grüne mehr investieren als die rot-schwarze Vorgängerregierung - auch wenn das neue Schulden bedeutet. Unter anderem soll mehr Geld in den Wohnungsbau fließen, in die Hochschulen, in den schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien und die Gehälter von Grund-, Haupt- und Realschullehrern sollen steigen. Bei diesen Punkten dürften sich beide Seiten schnell einig werden. Strittig hingegen könnte es in Sachen Verkehrspolitik, Klimaziele, beim Umgang mit dem Wolf, der Gasförderung in der Nordsee und bei Polizeithemen wie beim Einsatz von Bodycams werden.
