Lob und Enttäuschung: Reaktionen auf die rot-grünen Pläne
Der von Rot-Grün in Niedersachsen vorgelegte Koalitionsvertrag ruft bei Verbänden und Gewerkschaften ein geteiltes Echo hervor. Fridays for Future beispielsweise geht der Klimaschutz nicht weit genug.
Die Klimabewegung in Niedersachsen erkannte in dem Koalitionsvertrag zwar vereinzelte Fortschritte, etwa beim Ausbau erneuerbarer Energien und bei der Einführung eines 29-Euro-Tickets für Schüler. Insgesamt seien die Maßnahmen aber nicht ausreichend. "Kleine Schritte in die richtige Richtung sind genau das: kleine Schritte", sagte Nele Evers, Sprecherin von Fridays for Future Niedersachsen. Sie kritisierte, dass die Landesregierung erst ab 2024 eine komplette Versorgung mit erneuerbaren Energien plant.
Landesverband Erneuerbare Energien ist zufrieden
Der Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen-Bremen (LEE) zeigte sich dagegen erfreut darüber, dass die Themen Klimastrategie und erneuerbare Energien den Stellenwert erhalten hätten, den sie benötigten. Wichtig sei, dass auch die notwendige personelle Kapazität zur Verfügung gestellt werde, sagte LEE-Vorsitzende Bärbel Heidebroek.
Lob für Kita-Pläne und Bekämpfung von Kinderarmut
Auch beim Thema Soziales fallen die Reaktionen auf den Koalitionsvertrag gemischt aus. Positiv hebt etwa der Sozialverband (SoVD) Niedersachsen hervor, dass Inklusion künftig einen größeren Stellenwert bekommen soll. Marco Brunotte von der Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege hingegen lobte Pläne zur Einführung der dritten Fachkraft in Kitas. Positiv sei zudem, dass der Vertrag der Bekämpfung der Kinder- und Familienarmut hohe Priorität einräume. Auch der Wille von Rot-Grün zur Verstetigung der Migrationsarbeit und der Anlaufstellen für Straffällige seien dringend notwendig.
Sozialverband will mehr Sozialwohnungen
Kritische Worte gibt es für Pläne in den Bereichen Wohnen, Pflege und Mobilität. "Die angestrebten 100.000 Sozialwohnungen sind viel zu wenig. Wir brauchen mindestens das Doppelte“, sagte der SoVD-Landesvorsitzende Bernhard Sackarendt. Auch fehlten Maßnahmen für die Schaffung bezahlbaren und barrierefreien Wohnraums für die Mittelschicht.
49-Euro-Ticket wird als "zu teuer" kritisiert
Im Bereich Pflege gebe es im Koalitionsvertrag zwar Ideen, wie mehr Fachkräfte gewonnen werden könnten. Unerwähnt blieben aber die massiv steigenden Heimkosten. Auch beim öffentlichen Personennahverkehr sieht der Sozialverband die Einführung eines 49-Euro-Tickets gerade für Menschen mit geringem Einkommen noch immer als zu teuer.
Polizeigewerkschaft mit Lob und Kritik für Koalitionsvertrag
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Niedersachsen hat sich ebenfalls geäußert und Zusagen zur Verbesserung der Polizeiarbeit begrüßt. "Hierzu zählen die personelle Stärkung, kürzere Beförderungszeiten, die Prüfung der Erhöhung der Einstiegsbesoldung, eine verbesserte Polizeizulage, das Stellenhebungsprogramm, Investitionen in Liegenschaften, IT, Ausrüstung und mehr", sagte Kevin Komolka, Landesvorsitzender der GdP Niedersachsen, laut Mitteilung vom Dienstag. Wünschenswert gewesen wären allerdings explizite Zusagen etwa bezüglich der Höhe der Polizeizulage oder der zusätzlichen Personalstärke.
GdP: Kennzeichnungspflicht für Polizisten kontraproduktiv
Die geplante individualisierte Kennzeichnungspflicht für Polizeikräfte in geschlossenen Einsätzen kritisiert Komolka. Die Beamten und Beamtinnen seien in geschlossenen Einheiten bereits so gekennzeichnet, dass sie auf Ebene der kleinsten Organisationseinheit zuzuordnen sind. Eine zusätzliche persönliche Etikettierung sei unnötig. "Gerade in Zeiten, in denen der Respekt vor der Polizei schwindet und Angriffe zunehmend auch persönlich werden, halten wir eine solche Kennzeichnungspflicht für kontraproduktiv." Mit der Argumentation, dass eine weitgehende Kennzeichnung dazu diene, das Fehlverhalten Einzelner besser aufklären zu können, sähen sich viele Kolleginnen und Kollegen zudem einem Generalverdacht ausgesetzt.