Lob und Enttäuschung: Reaktionen auf die rot-grünen Pläne

Stand: 02.11.2022 08:27 Uhr

Der von Rot-Grün in Niedersachsen vorgelegte Koalitionsvertrag ruft bei Verbänden und Gewerkschaften ein geteiltes Echo hervor. Fridays for Future beispielsweise geht der Klimaschutz nicht weit genug.

Die Klimabewegung in Niedersachsen erkannte in dem Koalitionsvertrag zwar vereinzelte Fortschritte, etwa beim Ausbau erneuerbarer Energien und bei der Einführung eines 29-Euro-Tickets für Schüler. Insgesamt seien die Maßnahmen aber nicht ausreichend. "Kleine Schritte in die richtige Richtung sind genau das: kleine Schritte", sagte Nele Evers, Sprecherin von Fridays for Future Niedersachsen. Sie kritisierte, dass die Landesregierung erst ab 2024 eine komplette Versorgung mit erneuerbaren Energien plant.

Landesverband Erneuerbare Energien ist zufrieden

Der Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen-Bremen (LEE) zeigte sich dagegen erfreut darüber, dass die Themen Klimastrategie und erneuerbare Energien den Stellenwert erhalten hätten, den sie benötigten. Wichtig sei, dass auch die notwendige personelle Kapazität zur Verfügung gestellt werde, sagte LEE-Vorsitzende Bärbel Heidebroek.

Lob für Kita-Pläne und Bekämpfung von Kinderarmut

Auch beim Thema Soziales fallen die Reaktionen auf den Koalitionsvertrag gemischt aus. Positiv hebt etwa der Sozialverband (SoVD) Niedersachsen hervor, dass Inklusion künftig einen größeren Stellenwert bekommen soll. Marco Brunotte von der Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege hingegen lobte Pläne zur Einführung der dritten Fachkraft in Kitas. Positiv sei zudem, dass der Vertrag der Bekämpfung der Kinder- und Familienarmut hohe Priorität einräume. Auch der Wille von Rot-Grün zur Verstetigung der Migrationsarbeit und der Anlaufstellen für Straffällige seien dringend notwendig.

Sozialverband will mehr Sozialwohnungen

Kritische Worte gibt es für Pläne in den Bereichen Wohnen, Pflege und Mobilität. "Die angestrebten 100.000 Sozialwohnungen sind viel zu wenig. Wir brauchen mindestens das Doppelte“, sagte der SoVD-Landesvorsitzende Bernhard Sackarendt. Auch fehlten Maßnahmen für die Schaffung bezahlbaren und barrierefreien Wohnraums für die Mittelschicht.

49-Euro-Ticket wird als "zu teuer" kritisiert

Im Bereich Pflege gebe es im Koalitionsvertrag zwar Ideen, wie mehr Fachkräfte gewonnen werden könnten. Unerwähnt blieben aber die massiv steigenden Heimkosten. Auch beim öffentlichen Personennahverkehr sieht der Sozialverband die Einführung eines 49-Euro-Tickets gerade für Menschen mit geringem Einkommen noch immer als zu teuer.

Polizeigewerkschaft mit Lob und Kritik für Koalitionsvertrag

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Niedersachsen hat sich ebenfalls geäußert und Zusagen zur Verbesserung der Polizeiarbeit begrüßt. "Hierzu zählen die personelle Stärkung, kürzere Beförderungszeiten, die Prüfung der Erhöhung der Einstiegsbesoldung, eine verbesserte Polizeizulage, das Stellenhebungsprogramm, Investitionen in Liegenschaften, IT, Ausrüstung und mehr", sagte Kevin Komolka, Landesvorsitzender der GdP Niedersachsen, laut Mitteilung vom Dienstag. Wünschenswert gewesen wären allerdings explizite Zusagen etwa bezüglich der Höhe der Polizeizulage oder der zusätzlichen Personalstärke.

GdP: Kennzeichnungspflicht für Polizisten kontraproduktiv

Die geplante individualisierte Kennzeichnungspflicht für Polizeikräfte in geschlossenen Einsätzen kritisiert Komolka. Die Beamten und Beamtinnen seien in geschlossenen Einheiten bereits so gekennzeichnet, dass sie auf Ebene der kleinsten Organisationseinheit zuzuordnen sind. Eine zusätzliche persönliche Etikettierung sei unnötig. "Gerade in Zeiten, in denen der Respekt vor der Polizei schwindet und Angriffe zunehmend auch persönlich werden, halten wir eine solche Kennzeichnungspflicht für kontraproduktiv." Mit der Argumentation, dass eine weitgehende Kennzeichnung dazu diene, das Fehlverhalten Einzelner besser aufklären zu können, sähen sich viele Kolleginnen und Kollegen zudem einem Generalverdacht ausgesetzt.

Weitere Informationen
Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen, und Julia Willie Hamburg (Bündnis 90/Die Grünen), kommen zur Vorstellung des Koalitionsvertrages von SPD und Grüne in Niedersachsen. © dpa-Bildfunk Foto: Swen Pförtner

Niedersachsen: Die Eckpunkte der künftigen Regierungspolitik

SPD und Grüne haben den Koalitionsvertrag für Niedersachsen vorgestellt: Bildung und Klimaschutz sind Schwerpunkte. (01.11.2022) mehr

Mitglieder von SPD und Grünen sitzen bei Koalitionsverhandlungen an Tischen zusammen. © picture alliance/dpa | Michael Matthey Foto:  Michael Matthey

Das ist die neue niedersächsische Landesregierung

Nicht nur der Koalitionsvertrag von Rot-Grün steht. Auch die Ministerposten sind bereits verteilt. (01.11.2022) mehr

Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 01.11.2022 | 19:30 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

SPD

Landtagswahl Niedersachsen

Grüne

Mehr Nachrichten aus Niedersachsen

Der Polizeipressesprecher Heiner van der Werp gibt eine Erkärung zu der Suche nach dem vermissten Arian ab. © NDR

Vermisster Arian: Einsatzkräfte stellen flächendeckende Suche ein

Der Junge ist seit einer Woche verschwunden. Nun soll von Zeven aus weiter ermittelt werden. mehr

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage: Demokratie unter Druck?