Kommentar: Landtagswahl war eine Persönlichkeitswahl
Sozialdemokrat Stephan Weil bleibt Ministerpräsident in Niedersachsen. Die Mehrheit der Menschen im Land hat sich für eine Persönlichkeitswahl statt einer Protestwahl entschieden.
Ein Kommentar von Ludger Vielemeier
Krieg und Krise in Europa. Ängste und Sorgen in Deutschland. Chaos in Berlin.
Hü und hott: erst Gasumlage, dann Preisdeckel. Ob die drei Atomkraftwerke im kommenden Jahr weiterlaufen, wissen wir immer noch nicht.
Dazu Hyperinflation, die Angst vor einem Blackout im Winter. Und eine Regierung, die wenig führt, deren Parteien täglich auf offener Bühne streiten. Und dabei vor allem den eigenen, oft ganz kleinen Vorteil im Blick haben.
Beste Zutaten also für eine Protestwahl in Niedersachsen!
Vertrauen in Landeschef Weil am größten
Es ist anders gekommen. Das war gestern eine Persönlichkeitswahl. Die Mehrheit der Niedersachsen hat Stephan Weil gewählt, weil sie ihm am meisten vertraut. In dieser neuen unruhigen Zeit strahlt er Sicherheit aus. Und in Krisenzeiten ist Sicherheit das höchste Gut.
CDU scheitert mit Angriffen auf Ampel - und steht vor Neustart
Die Union hat das Durcheinander der Ampel zu ihrem zentralen Thema gemacht; es hat ihr nicht geholfen. Bitterer noch: Die gute Bilanz der rot-schwarzen Regierung hat auf die SPD eingezahlt. CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann hat sich aus dem Schatten von Stephan Weil nicht lösen können. Sein Schritt zum Rückzug ist daher konsequent. Die Union in Niedersachsen steht vor dem Neuanfang.
Grüne hoffen auf Koalition, FDP fliegt aus dem Landtag
Die Grünen haben ihr bestes Ergebnis in Niedersachsen erzielt. Und sehr gute Chancen auf ein Comeback von Rot-Grün.
Die Liberalen hatten keine Machtoption. Ihre Auftritte in der Ampel unglücklich, der Wahlkampf wirkte konfus. Am Wahlabend langes Zittern. Um halb zwölf dann das vorläufige Wahlergebnis: Die FDP ist raus.
AfD schafft zweistelliges Ergebnis, hat aber keine Partner
Die AfD hat den Protest gegen die Berliner Politik aufgesogen. Fast elf Prozent. Die Partei ist Krisengewinnerin. Und sie hat wieder ein Alleinstellungsmerkmal: Ihre Russland-Politik ist exklusiv.
Das reicht für eine starke Stimme im Landtag. Für mehr aber auch nicht. Andere Parteien wollen mit der AfD nicht zusammenarbeiten. Weil aus ihrer Sicht die AfD nicht nur für Protest, sondern auch für Hass und Hetze steht.