"Jugend debattiert" im Landtag gegen Spitzenkandidaten
Am 9. Oktober 2022 wird der Niedersächsische Landtag neu gewählt. Um im Vorfeld gerade auch junge Menschen anzusprechen, fand heute ein Sonderformat von "Jugend debattiert" statt.
Bei der Veranstaltung traten die Landesfinalistinnen und -finalisten des Wettbewerbs "Jugend debattiert" gegen die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der als Fraktion im Landtag vertretenen Parteien an. In einer anspruchsvollen und abwechslungsreichen Debatte haben die vier Jugendlichen die Politiker auf die Probe gestellt. Diese vertraten jeweils eine Forderung ihres Wahlprogramms, die jungen Erwachsenen nahmen die Gegenposition ein. Im Publikum saßen Schulklassen aus ganz Niedersachsen und auch einzelne Besucherinnen und Besucher. Sie bekamen jeweils im Anschluss an die verschiedenen Debatten die Möglichkeit, in die Diskussion einzusteigen. Die Veranstaltung war ausgebucht.
Sorgen um Klima, Energieversorgung, Lehrermangel
Landtagspräsidentin Gabriele Andretta hielt zuvor ein Plädoyer für den Landtag als Ort des fairen und sachlichen Streits. Zwar falle die Wahl am 9. Oktober in eine Zeit, in der die Sorgen vieler Bürger um das Klima, die Energieversorgung im Winter, den Lehrermangel oder die wachsende Kluft in der Gesellschaft groß wären. Dennoch gäbe es zum Streit keine wirkliche Alternative. Denn wer streite, spreche miteinander und höre dem anderen zu, und das sei ein "Lebenselixier" der Demokratie, sagte die SPD-Politikerin. Darum ging es in den Rededuellen:
Ganztagsschulen
Ministerpräsident Stephan Weil, der gegen Stella Wolke antrat, machte sich für einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an allen Schulen stark. In den Rückmeldungen von Lehrern, die mehr Zeit benötigten, und von Eltern, die beide berufstätig seien, sehe er den Bedarf dafür. Er schränkte aber ein, dass keine Pflicht bestehen solle, das Ganztagsangebot auch anzunehmen. Wolke hingegen monierte die zusätzlichen Kosten, die dabei entstehen würden und warnte davor, dass die Schülerinnen und Schüler dann fast nur noch mit Jugendlichen ihrer Schulform in Kontakt kommen könnten, anders als etwa in Vereinen. Außerdem stehe dem Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung die Angst von Schülern entgegen, etwas zu verpassen, wenn sie nicht am Ganztagesangebot teilnähmen.
Ausbildungsberufe
Wirtschaftsminister Bernd Althusmann wollte das Publikum davon überzeugen, dass Ausbildungsplätze stärker gefördert werden sollten als Studienplätze. Ein Meister sei für den CDU-Kandidaten genauso gut ausgebildet wie ein Bachelor oder Master. Allerdings fehlten derzeit Tausende Auszubildende und damit zukünftige Fachkräfte. Die 16-jährige Emilia Fritz aus Northeim erwiderte, dass die Ausbildung an sich oft attraktiv sei, weil sie anders als das Studium bezahlt werde - die darauf folgenden Berufe, etwa in der Pflege, seien es hingegen nicht.
Klimaziele
Die Grünen-Fraktionschefin Julia Willie Hamburg sprach sich dafür aus, die Klimaziele des Landes konkreter per Gesetz zu regeln als bisher - etwa mit Zielen für den Verkehrssektor und ehrgeizigen Flächenvorgaben für die Windkraft. Das schulde die Politik nachfolgenden Generationen. Ihr Gegenredner, der 18-jährige Mohamed El-Zein aus Uelzen, argumentierte, dass das bloße Festschreiben im Gesetz das Klima noch nicht schütze. Auch schnellere Ausschreibungen und mehr Fachkräfte für die Umsetzung der Ziele seien notwendig. Außerdem müssten diese realistisch gehalten werden.
Internetzugang
Stefan Birkner von der FDP verlieh der Forderung nach einem Grundrecht auf einen Internetzugang Nachdruck, der nötig sei, weil das Internet mittlerweile eine Wichtigkeit erlangt habe, wie die Trinkwasserversorgung oder die Müllabfuhr. Außerdem soll durch den Schritt auch ein besserer Schutz vor staatlicher Überwachung ermöglicht werden. Der 15-jährige Lukas Kramer aus Göttingen hielt dagegen, dass nicht alle Grundbedürfnisse auch Grundrechte seien, und nannte die Versorgung mit Wasser, Nahrung, Wohnraum oder sauberer Luft. Im Telekommunikationsgesetz gäbe es bereits ein Recht auf Internet und eine Regelung in der Landesverfassung sei von Einzelpersonen nicht einklagbar.