Prozess-Marathon in Braunschweig: Der VW-Abgasbetrug
Seit Mitte September stehen in Braunschweig vier Ex-VW-Manager wegen des Dieselskandals vor Gericht. Nach acht Verhandlungstagen stellt sich Ernüchterung ein - auch weil ein wichtiges Gesicht fehlt.
Bei der juristischen Aufrollung dieses beispiellosen Wirtschaftskrimis fehlt das Gesicht dieses Betrugsskandals, das vom ehemaligen Vorstandschef Martin Winterkorn, auf der Anklagebank. Das Verfahren gegen ihn wurde abgetrennt. Die von der Staatsanwaltschaft eingereichte Beschwerde dagegen hat das Oberlandesgericht Braunschweig abgelehnt.
Schlechte Akustik in der Stadthalle
Zum anderen liegt es an der Dauer dieses Strafverfahrens. 125 weitere Verhandlungstage sind angesetzt. Bis zum Sommer 2023. Die kommenden Monate finden diese noch in der Stadthalle Braunschweig statt. Hier verhandelt die Strafkammer von einer Bühne herunter, geschätzt 20 Meter entfernt von der Besuchertribüne. Allein akustisch waren hier Redebeiträge besonders in den ersten Tagen nicht immer gut zu verstehen. Außerdem bleiben ohne die Anwesenheit vom ehemaligen VW-Chef Winterkorn viele der knapp 100 Besucherplätze unbesetzt. Das Gericht wird folgerichtig zum Ende des Jahres in kleinere Räume umziehen. Ab Januar wird der Prozess in Wolfenbüttel fortgesetzt.
Es drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis
Jetzt müssen sich der ehemalige VW-Entwicklungsvorstand Heinz-Jakob-Neußer und drei Manager aus der zweiten und dritten Reihe in ihrer Funktion als Leiter der Aggregate-Entwicklung, der Abgasreinigung und der Antriebselektronik ohne den Hauptverantwortlichen vor Gericht verantworten. Ihnen wird sechs Jahre nach Auffliegen der Abgasmanipulation bei Millionen von Dieselfahrzeugen gewerbs- und bandenmäßiger Betrug in einem besonders schweren Fall vorgeworfen. Dafür drohen Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren Haft.
Verteidigung wegen weiterer Ermittlungen verärgert
Die Strafkammer des Landgerichts Braunschweig arbeitet sich acht Verhandlungstage nach Prozessbeginn mit der Befragung der Angeklagten ab. Zuvor hatte die Verteidigung nach der von Oberstaatsanwältin Elke Hoppenworth verlesenen Anklage die Staatsanwaltschaft scharf angegriffen, weil deren Ermittlungen noch immer nicht abgeschlossenen seien. Nach den Eingangsstellungnahmen der Rechtsanwälte haben die ersten Angeklagten dann persönlich Stellung genommen.
Angeklagte äußern sich zu Vorwürfen
Der Leiter der Abgasreinigung hat hierbei schwere Anschuldigungen gegen VW-Verantwortliche wie den mitangeklagten Entwicklungsvorstand Neußer und den damaligen VW-Chef Winterkorn erhoben, die er mehrfach über Abgas-Tricksereien informiert hätte. Der frühere Leiter der Antriebselektronik sagte aus, dass er keinen Betrug erkannt hätte und die Verantwortung bei den Leitern der Motorenentwicklung sehe. Der Leiter der Aggregate-Entwicklung berichtete, dass ihm bereits seit 2007 bekannt gewesen sei, dass die Diesel-Abgaswerte nicht eingehalten würden. Eine Betrugsabsicht sei für ihn aber nicht erkennbar gewesen.
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