Kindesmissbrauch: Schwere Versäumnisse bei der Polizei?
Gegen die Polizeiinspektion Northeim werden schwere Vorwürfe erhoben. Sie soll nach NDR Informationen trotz klarer Erkenntnisse Hinweisen auf Sexualstraftaten zu spät nachgegangen sein.
Der Mann aus Northeim steht wegen der schweren Vorwürfe mittlerweile in Göttingen vor Gericht. Ermittler waren ihm im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal in Lügde auf die Spur gekommen. Die Qual der insgesamt fünf Kinder, die der Northeimer missbraucht haben soll, hätte aber schon viel früher ans Licht kommen können, wenn die Polizei eher ermittelt hätte.
Hinweise nur nach NRW weitergeleitet?
Die Vorwürfe, die Landespolizeipräsident Axel Brockmann gegen die Polizei-Inspektion in Northeim erhebt, wiegen schwer. Laut Brockmann hatte das Jugendamt in Northeim der Polizei bereits im Frühjahr 2019 eindeutige Hinweise auf Kindesmissbrauch geliefert - und das nicht nur einmal. Doch die Polizei fühlte sich nicht zuständig und leitete die Hinweise an Kollegen in Nordrhein-Westfalen weiter, die damals für den Fall Lügde zuständig waren. Selbst aktiv wurde die Polizei in Northeim nicht - möglicherweise, so der Polizeipräsident, mit schwerwiegenden Folgen.
Polizeidirektion Göttingen prüft Vorwürfe
Brockmann sagte gegenüber NDR 1 Niedersachsen, dass man die möglicherweise anhaltenden Missbrauchshandlungen früher hätte unterbinden können, wenn die Polizei die Staatsanwaltschaft bereits im April vergangenen Jahres informiert hätte. Das unterblieb jedoch. Erst ein knappes Jahr nach den Hinweisen des Jugendamts in Northeim wurde der Beschuldigte festgenommen. Abgeordnete von FDP und Grünen im Niedersächsischen Landtag nannten den Fall am Donnerstag im Innenausschuss "dramatisch". Konsequenzen gibt es bisher allerdings nicht. Die Polizeidirektion in Göttingen soll nun prüfen, ob es sich bei den Versäumnissen innerhalb der Polizei um Straftaten oder dienstrechtliche Verstöße handeln könnte.
Dem Angeklagten werden 28 Fälle von schwerer sexueller Gewalt vorgeworfen. Seine Opfer sind Mädchen im Alter von sechs bis 13 Jahren. Der Mann soll Kontakt zum Haupttäter von Lügde, Andreas V., gehabt haben.
