Richter Serra de Oliveira (M) spricht in einem Saal im Landgericht Braunschweig. © dpa-Bildfunk Foto: Moritz Frankenberg

Genitalien verstümmelt? Angeklagter erscheint nicht vor Gericht

Stand: 06.11.2023 18:29 Uhr

Am Montag sollte der Prozess gegen einen Frauenarzt aus Niedersachsen beginnen. Erschienen ist der 54-Jährige vor dem Landgericht Braunschweig nicht. Die Staatsanwaltschaft beantragte Haftbefehl.

Im Laufe der vergangenen Woche sei bei der Strafkammer ein Attest eingegangen, sagte ein Sprecher des Landgerichts auf Nachfrage des NDR Niedersachsen. Der Richter teilte im Laufe des Tages mit, dass die Strafkammer erhebliche Zweifel an dem Attest habe. Die zeitliche Abfolge sei "auffällig". Dem Dokument zufolge soll der 54-Jährige, der sich wegen schwerer Körperverletzung an seiner Ehefrau verantworten muss, Ende Oktober im Irak gestürzt sein. Die Verletzungen seien so schwerwiegend, dass er nicht reisen könne. Zweifel habe das Gericht auch an den Angaben des Angeklagten zu dessen Wohnort. Die Staatsanwaltschaft sieht Fluchtgefahr. Das Gericht wolle zeitnah über den Haftbefehl entscheiden. Der Prozess ist vorübergehend ausgesetzt.

Genitalien der eigenen Frau verstümmelt?

Der Übergriff auf die Frau des 54-Jährigen soll sich im April 2019 auf der Hochzeitsreise des Paares in einem Hotel in Dubai ereignet haben. Mit einer Schere soll der Angeklagte seiner Ehefrau laut Anklage ein Stück des Jungfernhäutchens entfernt haben. Zuvor sei der Versuch des gemeinsamen Geschlechtsverkehrs gescheitert. Den Eingriff soll er ohne jegliche Betäubung vorgenommen haben. Laut Anklage erlitt die Frau starke Schmerzen und verlor viel Blut. Aus Angst vor einer angedrohten Scheidung und der damit verbundenen Ächtung in ihrem Kulturkreis habe die damals 31-jährige Frau die Tat über sich ergehen lassen.

Verteidigung weist Vorwürfe zurück

Ob der Tatbestand der Verstümmelung von Genitalien erfüllt ist, ist der Kammer zufolge fraglich. Der Verteidiger des Mannes wies alle Vorwürfe zurück. Es bestehe keine Fluchtgefahr. "Unser Mandant hat ein großes Interesse, sich hier zu verteidigen und seine Reputation als Arzt wiederzugewinnen", sagte der Jurist. Er gehe von einem Freispruch aus. Die Anwältin der Frau, die als Nebenklägerin auftritt, sprach von einer "große Belastung, dass das Verfahren nicht weitergeht". Der Prozess sei für die Frau wichtig, um den Vorfall zu verarbeiten.

Gynäkologe übte Beruf weiter aus

Bisher hat der 54-jährige Angeklagte zu allen Vorwürfen geschwiegen. Der Fall war 2021 - zwei Jahre nach der mutmaßlichen Tat - bekannt geworden. Bis zu diesem Zeitpunkt übte der Gynäkologe seinen Beruf aus. Der Niedersächsische Zweckverband zur Approbationserteilung (NiZzA), der über die Berufserlaubnis entscheidet, verwies damals darauf, dass er den Ausgang des Strafverfahrens abwarten wolle. Dem Gynäkologen drohen bis zu zehn Jahre Haft wegen gefährlicher Körperverletzung. Ein Urteil wird Ende November erwartet.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Braunschweig | 06.11.2023 | 13:30 Uhr

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