Halbzeit in Niedersachsen: Rot-Grün lobt sich selbst
Niedersachsens rot-grüne Landesregierung zieht eine Halbzeitbilanz - und stellt sich selbst ein gutes Zeugnis aus. Auch Verbände sehen gute Ansätze, fordern aber mehr Tempo für die zweite Hälfte der Regierungszeit.
Zweieinhalb Jahre Rot-Grün in Niedersachsen waren geprägt von Krisen - erst die Energiekrise, dann das Hochwasser und nun eine Wirtschaftskrise. "Wir konnten zeigen, dass wir souverän und ruhig durch diese Zeiten geführt haben", so die Kultusministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin Julia Willie Hamburg (Grüne). Trotz dieser Krisen habe die Regierung auch gestaltet.
Erfolge: Mehr Windräder und schneller Bauen
So sieht Hamburg etwa einen deutlichen Schub beim Ausbau der erneuerbaren Energien, zum Beispiel durch eine Verdoppelung der Zahl der genehmigten Windräder. Außerdem sei die allgemeine Investitionsquote deutlich gesteigert worden. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sieht Niedersachsen bei der Versorgung mit Glasfaser und 5G weit vorn. Als Erfolg verbucht er zudem die neue Niedersächsische Bauordnung. Damit soll das Bauen schneller werden. Trotzdem: "Natürlich müssten wir in Niedersachsen viel mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen." Das Land selbst könne durch die Bauordnung aber nur das Verfahren beschleunigen, nicht die Standards. Da sieht Weil die künftige Bundesregierung in der Pflicht.
Wirtschaft und Sozialverbände: Landesregierung muss mehr tun
Die Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN) ziehen eine gemischte Zwischenbilanz. Es gebe Absichtserklärungen und "Fahrpläne", so Hauptgeschäftsführer Benedikt Hüppe. "Aber nach diesen Plänen fährt noch kein Zug." Die Landesregierung müsse ihre Ideen auch umsetzen. Das sei in der ersten Hälfte der Regierungszeit nicht ausreichend geschehen. Auch die Landesarmutskonferenz fordert, dass Rot-Grün ins Handeln kommt. Es fehlten mehr als 100.000 bezahlbare Wohnungen. Der Start der landeseigenen Wohnungsgesellschaft sei ein wichtiger erster Schritt. Nun müsse schnell bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden.
"Halbzeit beim Land – Endzeit bei den Kommunen"
Das positive Zwischenfazit von Rot-Grün teilen die kommunalen Spitzenverbände nicht. "Halbzeit beim Land – Endzeit bei den Kommunen" so der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund (NSGB). Viele Städte, Gemeinden und Samtgemeinden stünden kurz vor dem finanziellen Aus, so NSGB-Präsident Marco Trips. Das Land hatte zwischenzeitlich 600 Millionen Euro aus dem Haushaltsplus an die Kommunen weitergegeben. Trips fordert jedoch weiterhin, dass die Kommunen dauerhaft mehr Mittel bekommen. Der kommunale Finanzausgleich Niedersachsens sei seit Jahren der schlechteste im Bundesvergleich.
GEW: Lehrkräftemangel weiter ungelöst
"Sehr durchwachsen" falle die Halbzeitbilanz von Rot-Grün aus, urteilt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). "Positiv sehen wir, dass es mit A 13 nun eine deutliche bessere Bezahlung vieler Lehrkräfte gibt", so der Landesvorsitzende Stefan Störmer. Der weiter bestehende Lehrkräftemangel sorge für viele Probleme. Störmer fordert zum Beispiel eine Arbeitszeitserfassung. "Die Lehrkräfte arbeiten permanent am oder sogar über ihrem Limit." Mit mehr Elan in der zweiten Halbzeit könne es eine erfolgreiche Gesamtbilanz werden.
BUND fordert mehr Tempo beim Artenschutz
Licht und Schatten sieht der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Beim Ausbau der erneuerbaren Energien seien gute Zwischenergebnisse erzielt worden, so die Landesvorsitzende Susanne Gerstner. Sie fordert aber mehr Tempo beim Artenschutz. Die von Umweltminister Christian Meyer (Grüne) angekündigte Artenschutzoffensive bleibe aus. In Sachen Moorschutz lobt der BUND die Arbeit von Rot-Grün. Beim längst überfälligen Torfabbauverbot gebe es aber noch zu viele Schlupflöcher. Das Landvolk Niedersachsen ist unzufrieden mit der Arbeit der Landesregierung. In Sachen Düngerecht arbeiteten die zuständigen Ministerien gegen die Landwirte.
