Perlen sollen Schweinswale vor Fischernetzen warnen
In Stellnetzen verenden immer wieder Schweinswale. Auch in der Ostsee kommen die Tiere so qualvoll zu Tode. Die Wissenschaftlerin Isabella Kratzer aus Rostock will das mit speziellen Netzen verhindern.
Schweinswale ertrinken qualvoll, wenn sie sich in Stellnetzen verfangen. Diese Todesfälle gibt es weltweit, auch in der Ostsee vor Mecklenburg-Vorpommern. Isabella Kratzer hat sich gefragt, wie das verhindert werden kann. Die 32-Jährige ist Wissenschaftlerin am Thünen-Institut für Ostseefischerei in Rostock. Über ihre Erfindung hat sie auch ihre Doktorarbeit geschrieben.
Rostocker Wissenschaftlerin erforscht Spezialnetz
Isabella Kratzer hält stolz ein Perlennetz in ihren Händen. Kleine Plexiglasperlen sind darauf befestigt. Dieses spezielle Netz beschützt möglicherweise bald Schweinswale vor dem Ertrinken. Denn die Tiere entdecken ihre Umgebung über Echolokation, erklärt Kratzer. "Das heißt, Schweinswale schicken ein akustisches Signal raus und anhand des Echos können die erkennen, was ist in ihrer Umgebung. Ist das ein Fisch, ein Stein, was auch immer." Doch die herkömmlichen Stellnetze sind aus dünnem Nylongarn und die werfen ein ganz schwaches Echo zurück. Schweinswale können dieses Signal nicht so gut wahrnehmen.
Kratzer und ihr Team haben sich daher gefragt: Was kann Schweinswale davon abhalten, in die Netze zu schwimmen? Am Computer hat die 32-Jährige simuliert, wie viel Echo bestimmte Materialien zurückgeben. "Wir haben Objekte von einem Millimeter bis sechs Zentimeter Durchmesser genommen, Kugeln, Vierecke, Quader, die auch ganz unterschiedliche Materialeigenschaften haben", sagt Kratzer. Ausschlaggebend für das Echo sei die Größe des Objekts und dessen Material.
Praxistests zeigen erste Erfolge
Bei unterschiedlichsten Tests hat sich herauskristallisiert, dass eine acht Millimeter große Plexiglasperle unter Wasser besonders viel Echo zurückwirft, nämlich so viel wie ein Tischtennisball. "Was der Schweinswal damit macht, ob er das versteht, das steht auf einem ganz anderen Blatt", so Kratzer. Die Wissenschaftlerin und ihr Team haben genau das erstmals im Schwarzen Meer getestet. Im vergangenen Jahr haben sie zwischen September und Dezember mehrfach die Perlennetze in der kommerziellen Fischerei eingesetzt. Das Ergebnis ist zwar nicht statistisch signifikant, dennoch vielversprechend. "Es haben sich viel weniger Schweinswale in den Perlennetzen verfangen als in den kommerziellen Stellnetzen", so die 32-Jährige. "Ein Restrisiko bleibt immer. Wir können Unfälle nicht komplett vermeiden, beispielsweise wenn ein Schweinswal taub ist."
Weitere Tests wohl in der Ostsee
Einen zweiten Praxistest wollen die Wissenschaftler im nächsten Sommer starten, höchstwahrscheinlich in der Ostsee vor Dänemark: "Wir werden uns dann auf eine sehr hohe Klippe daneben stellen und beobachten, was die Schweinswale machen, wenn sie unserem Stellnetz begegnen." Die gebürtige Regensburgerin hofft, dass ihr Perlennetz möglichst bald in sämtlichen Meeren der Welt aufgestellt wird, auch vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns. "Egal ob wir jetzt vom Schweinswal in der östlichen Ostsee sprechen oder vom Schweinswal, der in Kanada oder in Alaska durchs Wasser schwimmt, kein Schweinswal auf der Welt muss doch in so ein Stellnetz schwimmen."
Netzmacher aus Oldenburg zeigt Interesse
Um Perlennetze für die Fischerei produzieren zu können, muss noch ein automatisches Verfahren entwickelt werden. Das sei eine große Herausforderung, so Isabella Kratzer. Sie freut sich aber, dass ein Netzmacher in Oldenburg ihren Worten nach interessiert ist, solch ein Verfahren zu entwickeln. Auch erste Fischer wollen das Perlennetz ausprobieren. Die Erfindung kann auf alle Meerestiere übertragen werden, die ihre Umgebung über Signale erkunden. Das gilt beispielsweise auch für Delfine.
