Nordwestmecklenburg: 150 demonstrierten bei Kreistagssitzung

Stand: 03.02.2023 05:11 Uhr

Im Kreis Nordwestmecklenburg ist die Debatte um eine neue Flüchtlingsunterkunft in Upahl in die nächste Runde gegangen. Bei der Kreistagssitzung vor einer Woche hatte es in Grevesmühlen lautstarken Protest gegeben, es kam zu tumultartigen Szenen. Auch die Kreistagssitzung am Donnerstag wurde von Protesten begleitet. Landrat Schomann verteidigte die Pläne.

Vor dem Zeughaus in Wismar versammelten sich laut Polizei rund 150 Demonstranten. Sie hielten Schilder mit Parolen wie "Upahl sagt Nein!" und machten mit Fußballhupen und Trillerpfeifen ihrem Unmut Luft. Nach Angaben eines NDR Reporters vor Ort ist die Stimmung aber friedlich geblieben. Die Polizei war mit einer Hundertschaft im Einsatz, um das Sitzungsgebäude zu sichern. Hintergrund: Bei der Kreistagssitzung vor einer Woche in Grevesmühlen hatte es eine größere Kundgebung mit rund 700 Demonstranten gegeben. Einige waren bis zum Eingang der Alten Malzfabrik vorgedrungen, in der die Kreistagssitzung lief. Die Stimmung war so aufgeheizt, dass die Polizei im Laufe des Abends ihre Einsatzkräfte verdoppelte. Wie auch heute kritisierten die Demonstranten, dass Upahl mit seinen rund 500 Einwohnern zu klein sei für die Unterbringung von bis zu 400 Menschen. Außerdem fühlten sich die Anwohner übergangen, war immer wieder zu hören.

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Das Ortseingangsschild von Upahl. © dpa Foto: Bernd Wüstneck

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Flüchtlings-Thema spielt untergeordnete Rolle

Demonstranten in Wismar sind gegen die Flüchtlingsunterkunft in Upahl © NDR Foto: NDR
Vor dem Zeughaus in Wismar demonstrierten rund 150 Menschen gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft in Upahl.

In der Kreistagssitzung am Donnerstag spielte das Thema Flüchtlinge eher eine untergeordnete Rolle, denn das Gremium hatte vor einer Woche den Plänen der Kreisverwaltung für die Container-Unterkunft in Upahl bereits zugestimmt - in einer Dringlichkeitssitzung, denn wegen einer drohenden ablaufenden Reservierung der Container sollte es schnell gehen. In der aktuellen Sitzung wurde aber dennoch auch über die Flüchtlingsunterbringung gesprochen. Ein Anwohner trug im Rahmen der Einwohnerfragestunde die Sorgen der Upahler vor, stellte Fragen zu Busverbindungen und Sicherheitsmaßnahmen.

Landrat Schomann verteidigt Entscheidung

Landrat Tino Schomann (CDU) verteidigte die Entscheidung zum Bau der Flüchtlingsunterkunft. "Der Weg, der gegangen wurde, ist nicht der, den wir uns vorgestellt haben", räumte Schomann ein. Um die aktuell als Notunterkunft genutzten Sporthallen zu leeren, sei dies aber notwendig gewesen. Weitere Fragen zum Thema will Schomann heute bei einer Bürgerversammlung beantworten. Ein Flüchtlingshelfer machte sich angesichts des Aufenthaltsstatus der Flüchtlinge sorgen, ob er den Menschen angemessen helfen könne, außerdem kritisierte er die Unterbringung in Containern als nicht-menschenwürdig. Der Upahler Bürgermeister Steve Springer appellierte während der Fragestunde an den Landrat, sich nach der Fertigstellung der Unterkunft nicht zurückzulehnen, sondern baldmöglichst Alternativen zu schaffen. Die Geflüchteten sollen seinen Worten nach auf mehr Gemeinden und Unterkünfte verteilt werden.

Auf Bürgerversammlung für Verständnis werben

Demonstranten in Wismar sind gegen die Flüchtlingsunterkunft in Upahl © Bernd Wüstneck/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Bernd Wüstneck/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Die Polizei war mit einer Hundertschaft in Wismar vor Ort.

Das Thema bleibt in der Region aber dennoch aktuell. Heute steht eine Bürgerversammlung in Grevesmühlen an. Zugelassen sind dort 400 Leute - und zwar ausschließlich Einwohner von Upahl und Unternehmer aus dem dortigen Gewerbegebiet. Landrat Schomann will dann die Lage erklären und für Verständnis werben. Auch aus dem Innenministerium soll sich ein Vertreter den Fragen der Anwohner stellen. Und: Die Polizei, das örtliche Nahverkehrsunternehmen und das Rote Kreuz erklären ihre Pläne rund um die geplante Unterkunft in Upahl.

Landrat will mit Bürgermeistern Gespräche führen

Außerdem will Landrat Tino Schomann noch einmal mit den Kommunen sprechen. Es sei zwar schon "eine fast unzählbare Anzahl von Liegenschaften geprüft" worden, hatte der Kreissprecher zuletzt betont. Zwei Konferenzen mit den Bürgermeistern hätten zudem kein Ergebnis gebracht. Nun will der Landrat sich in der kommenden Woche aber noch einmal mit den Bürgermeistern der elf größten Gemeinden zusammensetzen. Sein Ziel: Eine solidarische Verteilung von Flüchtlingen und Asylbewerbern im Kreisgebiet.

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Nordmagazin | 02.02.2023 | 19:30 Uhr

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