VIDEO: Hamburg: Grünes Licht für Cosco-Beteiligung an HHLA-Terminal (4 Min)

Kommentar: Cosco-Einstieg nicht wünschenswert, aber vertretbar

Stand: 26.10.2022 17:00 Uhr

Das Bundeskabinett hat sich im Streit um den Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen auf einen Kompromiss verständigt. Wie das Wirtschaftsministerium mitteilte, können die Chinesen nur einen Anteil unterhalb von 25 Prozent erwerben.

Ein Kommentar von Hans-Joachim Vieweger, ARD Hauptstadtstudio

Porträt Hans-Joachim Vieweger © ARD-Hauptstadtstudio Jens Jeske
ARD-Hauptstadt-Korrespondent Hans-Joachim Vieweger

Um es vorweg zu sagen: Es gibt durchaus gute Argumente, die gegen den Hafen-Deal ins Feld geführt werden. China entwickelt sich unter Staats- und Parteichef Xi immer stärker von einem Handelspartner zu einem strategischen Gegner des Westens. Und wer davor warnt, von einer Abhängigkeit gleich in die nächste zu fallen, hat im Prinzip auch Recht.

Doch die Kritik übersteigt im konkreten Fall jedes Maß. Mag sein, dass der Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco am Containerterminal Tollerort in der aktuellen Zeit ein problematisches Signal aussendet. Doch er ist mit der Hamburger Hafengesellschaft ausgehandelt worden, also einem deutschen Partner, der gute Gründe für das Geschäft hat. Der Hafen-Deal ist also vielleicht nicht wünschenswert, sehr wohl aber vertretbar.

Es geht um Anteile an einer Betriebsgesellschaft

Zunächst einmal, weil es bei dem Geschäft lediglich um den Verkauf von Anteilen an einer Betriebsgesellschaft geht, nicht um Anteile am Hamburger Hafen selbst. Der Vorwurf, hier würde Infrastruktur nach China verkauft, läuft also ins Leere. Wer Abhängigkeiten beklagt, sollte zumindest dazu sagen, dass der Terminal schon jetzt überwiegend von chinesischen Schiffen angelaufen wird. Würde sich Cosco auf andere europäische Häfen konzentrieren, an denen der Staatskonzern bereits beteiligt ist, wäre das für den Standort Hamburg ein massiver Verlust.

China ist nach wie vor wichtiger Handelspartner

Vor allem aber wird beim aktuellen "China-Bashing", von dem heute BASF-Chef Martin Brudermüller gesprochen hat, die wirtschaftliche Realität völlig ausgeblendet. China ist Deutschlands wichtigster Handelspartner, insofern besteht längst eine dramatische Abhängigkeit, sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen. Unsere Autobauer verkaufen jedes dritte Fahrzeug im Reich der Mitte, ohne Zulieferungen aus China würde unsere Wirtschaft ins Stottern geraten, wie die Lieferschwierigkeiten wegen Corona gezeigt haben. Und nicht zuletzt: Die Energiewende mit dem geplanten Ausbau der erneuerbaren Energien können wir ohne Rohstoffe aus China vergessen.

Und noch einen Schritt weitergedacht: Glauben die Kritiker ernsthaft, wir könnten als vom Handel abhängige Volkswirtschaft nur noch mit Partnern Geschäfte machen, die uns in jeder Hinsicht genehm sind? Ganz praktisch: Wollen wir wirklich auf Öl aus Saudi-Arabien verzichten? Oder auf Flüssiggas aus anderen Golf-Staaten?

Die Wirtschaft muss sich breiter aufstellen

Nein, wir werden uns die Partner in der Welt nicht schnitzen können. So wichtig es ist, dass sich die deutsche Wirtschaft breiter aufstellt, um krisenfester zu werden - ein Abkapseln von China oder gar eine Deglobalisierung können wir uns nicht leisten. Schon gar nicht an einem so wichtigen Handelsort wie Hamburg.

 

Anmerkung der Redaktion: Liebe Leserin, lieber Leser, die Trennung von Meinung und Information ist uns besonders wichtig. Meinungsbeiträge wie dieser Kommentar geben die persönliche Sicht der Autorin / des Autors wieder. Kommentare können und sollen eine klare Position beziehen. Sie können Zustimmung oder Widerspruch auslösen und auf diese Weise zur Diskussion anregen. Damit unterscheiden sich Kommentare bewusst von Berichten, die über einen Sachverhalt informieren und unterschiedliche Blickwinkel möglichst ausgewogen darstellen sollen.

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NDR Info | Kommentar | 26.10.2022 | 17:15 Uhr

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