Migration: Jeder dritte Geflüchtete hat Arbeit
Laut Auswertung des NDR hat jeder dritte Schutzsuchende einen Job. Und die, die arbeiten, werden oft schlecht bezahlt. Je nach Bundesland unterscheiden die Daten zum Teil deutlich.
Früher lebte Hasnaa Arafa in Aleppo und hat Kindern lesen, schreiben und rechnen beigebracht. 2015 floh die Grundschullehrerin mit ihrer Familie vor dem Krieg in Syrien nach Deutschland. Heute arbeitet die 51-Jährige in Stade in der Altenpflege. Sie ist glücklich mit ihrem Job, obwohl er körperlich fordernd ist: "Die alten Menschen haben ein großes Herz, ich liebe diese Arbeit von ganzem Herzen", erzählt sie.
Als erwachsene Frau mit zwei Kindern in einem fremden Land neu anfangen: Deutsch lernen, ein Asylverfahren durchlaufen und Arbeit finden - Hasnaa Arafa hat es geschafft. Sie ist sehr dankbar für die Chance, die ihr hier gegeben wurde. Ihrer Meinung nach muss bei den Geflüchteten der Wille da sein, an Sprachkursen und Jobsuche dranzubleiben. Unbedingt.
In Hamburg arbeiten anteilig die meisten Geflücheten
Vielen Schutzsuchenden in Deutschland steht ein solcher Kraftakt noch bevor. Bisher arbeitet nur jeder dritte Geflüchtete. Der tatsächliche Anteil dürfte höher liegen - bei etwa 40 Prozent - denn die Zahlen der Arbeitsagentur sind unvollständig. Unter Deutschen liegt die Quote dagegen bei gut 70 Prozent. Selbstständige werden dabei nicht berücksichtigt. Schutzsuchende brauchen also häufiger staatliche Unterstützung - und zwar oft auch dann noch, wenn sie schon eine Arbeitsstelle gefunden haben.
Denn selbst Geflüchtete, die wie Pflegerin Hasnaa Arafa schon 2015 nach Deutschland gekommen sind, verdienen meist kaum mehr als den Mindestlohn. Im Schnitt sind es keine 14 Euro pro Stunde, zeigt eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Der durchschnittliche Stundenlohn in Deutschland liegt mit mehr als 24 Euro deutlich darüber - doch die besser bezahlten Jobs erfordern in der Regel gute Deutschkenntnisse.
Ohne Deutschkenntnisse keine Arbeit für Migranten
"Die deutsche Sprache ist der Schlüssel in diesem Land. Ohne die deutsche Sprache kann man nicht arbeiten," sagt Hasnaa Arafa. Auch sie hat diese Erfahrung gemacht.
Fehlende Sprachkenntnisse - aber auch fehlende Angebote, Deutsch zu lernen - sind ein großes Problem - nicht nur für die Geflüchteten, sondern am Ende auch für den Staat, denn: "Jeden investierten Euro in den Spracherwerb bekommt der Steuerzahler wieder, weil die Menschen entweder weniger lang Sozialleistungen beziehen müssen oder höhere Einkommensteuer zahlen", sagt Jasper Tjaden, Migrationsforscher von der Universität Potsdam. Für gut qualifizierte Geflüchtete reicht der erste Sprachkurs, der Grundkenntnisse vermittelt, nicht aus. Um an ihren im Heimatland erlernten Beruf anknüpfen zu können, muss nicht nur der Abschluss anerkannt werden. Die Geflüchteten müssen häufig auch sehr gute Deutschkenntnisse vorweisen können. Doch einige Ämter genehmigen keine weiterführenden Deutschkurse, so etwa in Mecklenburg-Vorpommern.
Große regionale Unterschiede
Je nach Region gelingt es unterschiedlich gut, Schutzsuchenden einen Arbeitsplatz zu vermitteln. Im Osten arbeiten deutlich weniger Geflüchtete als im Westen. Bundesweit sind es in Mecklenburg-Vorpommern die wenigsten, in Hamburg und im Süden sind es hingegen anteilig die meisten. Das dürfte laut Statistik der Arbeitsagentur in Hamburg auch an den Pendlern aus dem Umland liegen.
Integration braucht Zeit - gelingt dann aber oft
Wer wie Hasnaa Arafa 2015 nach Deutschland gekommen ist, hat laut IAB-Studie inzwischen fast so oft einen Job wie der Durchschnitt im Land. Menschen wie sie fallen dann allerdings aus der Statistik der Arbeitsagentur heraus: Denn Hasnaa Arafa ist seit einem Jahr deutsche Staatsbürgerin. Dass sie und ihre Familie ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können, war dafür entscheidend.