Streit um muslimisches Gräberfeld in Wilhelmsburg
Die beiden verstorbenen Brüder von Kehad Isa liegen auf dem Friedhof Finkenriek im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg begraben. Die offizielle Liegezeit der Gräber endet im Jahr 2036. Aber die 40 Gräber auf dem muslimischen Grabfeld sollen für den zukünftigen Bau der Autobahn 26 umgebettet werden. "Es fühlt sich so an, als ob ich meine Brüder ein zweites Mal beerdigen müsste. Emotional ist das für mich eine extrem starke Belastung", sagt Isa.
Keine Bestattungen mehr auf Gräberfeld
Aufgrund der Planungen für die A26 hatte der für den Friedhof zuständige Bezirk Hamburg-Mitte vor sieben Jahren entschieden, keine Bestattungen auf diesem Gräberfeld mehr zuzulassen. Zudem hatte der Bezirk Ende vergangenen Jahres geplant, diesen Teil des Friedhofs aufzuheben. Dagegen hatte Kehad Isa eine Anwältin eingeschaltet. Der Beschluss wurde zunächst zurückgenommen. Sorina Weiland, Sprecherin des Bezirksamts Hamburg-Mitte, verteidigt die Entscheidung: "Ursprünglich ist es so, dass diese A26-Planung eine Rolle gespielt hat, aber für uns ausschlaggebend ist eben auch tatsächlich die Forderung des Rechnungshofes, die Friedhofsflächen zu verkleinern". Isa hält dagegen: "Hunderprozentig ist das vorgeschoben. Man versucht hier mit allen Mitteln Fakten zu schaffen, sodass ich nicht die Möglichkeit habe, zu klagen".
Verständnis, aber keine Lösung
Parallel zur Friedhofsneuordnung, laufen die Vorbereitungen für ein Planfeststellungsverfahren für die A26. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Planungsgesellschaft Deges, die im Auftrag des Bundes die Autobahn planen, haben Verständnis für die Angehörigen und deren Wünsche nach einem Tunnel oder einer Brücke zum Erhalt des Gräberfeldes. "Wir werden aus technischer Sicht keine Alternative finden können, die den Verbleib der Gräber an der Stelle ermöglicht. Ich gehe schon davon aus, dass das übergeordnete allgemeine Interesse für die A26 in dieser Lage inklusive des Tunnels möglicherweise über das Einzelinteresse eines Angehörigen, was ich sehr gut verstehen kann, hinweg geht", sagt Sebastian Haß, Projektleiter bei der Deges.
Verhärtete Fronten
Quasi als Entschädigung für die Verlegung der Gräber hatte die Deges auf dem Friedhof in Wilhelmsburg ein muslimisches Waschhaus und ein neues Gräberfeld finanziert. Damals hieß es, dass damit ein Kompromiss für alle gefunden sei. Zu einem Pressetermin zur Fertigstellung waren Angehörige wie Kehad Isa nicht eingeladen. "Das ist die letzte Ruhestätte und das soll die letzte Ruhestätte bleiben. Da ich die Möglichkeit habe, Rechtsmittel einzulegen, werde ich das machen. Das habe ich auch der Deges angekündigt. So lange ich lebe, werde ich dagegen vorgehen. Das ist auch eine Kampfansage an die Deges", sagt Isa.
Die Fronten sind verhärtet. Ende des Jahres soll das Planfeststellungsverfahren für die A26 starten.
