Kommentar: Happy End für die Elbphilharmonie
Die Elbphilharmonie feiert Geburtstag. Seit der Eröffnung vor fünf Jahren hat das Konzerthaus das Kulturleben in Hamburg und Norddeutschland verändert. Das war allerdings nicht von Anfang an abzusehen, meint Daniel Kaiser in seinem Kommentar.
Es war eine Achterbahnfahrt. Erst die grandiose Idee, auf den gesichtslosen Klinkerklotz "Kaispeicher" eine Glaswelle zu setzen - dann Planungsfehler, Politikversagen und Geldverschwendung. Monatelang stand die Baustelle still, es regnete durchs offene Dach. Einer schlug vor, das unfertige Ding als Mahnmal für hanseatischen Größenwahn stehen zu lassen.
Die Akustik wurde zum Stadtgespräch
Doch die Wende gelang. Plötzlich wollte jeder in die Elbphilharmonie. Karten für ein Klassikkonzert oder sogar ein Abo wurden zu heißbegehrten Prestigeobjekten. Als der weltberühmte Sänger Jonas Kaufmann an der Akustik des Saals scheiterte und den Architekten die Schuld gab, war die Elbphilharmonie-Akustik plötzlich Stadtgespräch und man fachsimpelte über Konzertsäle, die "wie Weinberge" oder "wie Schuhkartons" gebaut sind.
Hamburg jetzt Musikstadt von internationalem Rang
Nach fünf Jahren ist klar: Die Elbphilharmonie hat Hamburg verändert. Die Hafenkulisse ist eine völlig andere. Hamburg ist eine Musikstadt von internationalem Rang geworden. Orchester aus der Champions League, die vorher vielleicht eher aus Versehen hierher kamen und erstmal im Atlas unter H das Reiseziel ausmachen mussten, steuern Hamburg jetzt regelmäßig und selbstverständlich an. Die Elbphilharmonie ist heute eine starke internationale Marke und in Hamburg ein Wahrzeichen auf Augenhöhe mit dem Michel.
Dank der Elbphilharmonie ist Kultur in der Pole Position
Jeden Tag strömen Touristen und Touristinnen aus aller Welt auf die Aussichtsplattform. Menschen, die man vorher nur unter Schmerzen in ein Klassikkonzert hätte bewegen können, besaßen plötzlich ein Elphi-Abo. Bis zur Corona-Pandemie waren fast alle Konzerte ausverkauft. Kultur hat in Hamburg einen ganz neuen Stellenwert bekommen - auch die Theater, Clubs und Museen der Stadt haben letztlich profitiert. Dank Elbphilharmonie ist Kultur in Hamburg in der Pole Position, weil klar geworden ist, dass Kultur ein starker Wirtschaftsfaktor ist.
Jetzt nicht nachlassen!
Die Elbphilharmonie darf jetzt nicht nachlassen beim Versprechen, ein Haus für alle zu sein. Im Konzertsaal erklingt vergleichsweise viel Musik aus dem 20. und 21. Jahrhundert. Der Saal ist dafür wie geschaffen. Aber die Programmmacher sollen die ungeübten Konzertgängerinnen und Konzertgänger nicht vergessen. Salopp gesagt: Weniger Hurz – mehr was fürs Herz!
Ein Wahrzeichen auch für die Kraft der Kultur
Kinderkrankheiten wie gefährliche Stufen, fehlende Taxi-Parkplätze oder die langen Schlangen vorm Damen-Klo scheinen mittlerweile überwunden. Die Hamburgerinnen und Hamburger können nach der Achterbahnfahrt wirklich stolz sein auf sich und ihr weltbekanntes Konzerthaus im Hafen. Teuer genug war es ja. Nach dem brutalstmöglichen Fehlstart beim Bau ist wirklich ein Happy End gelungen. Die Elbphilharmonie ist ein Wahrzeichen nicht nur für die Stadt sondern auch für die Kraft der Kultur - gerade in anspruchsvollen Zeiten wie diesen.
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