Kommentar: Afghanistan - das Versagen der Politik
Fassungslos sehen die meisten von uns die dramatischen Bilder aus Afghanistan. Jetzt sind eine Woche nach der Machtübernahme der Taliban erste Gerettete in Hamburg angekommen. Wie viele andere fragt sich Wigand Koch in seinem Kommentar: Was ist da in Afghanistan passiert?
Wissen Sie, wie viele Menschen in Afghanistan leben? Ich weiß es auch nicht. Aber ich habe es gegoogelt: Es sind 38 Millionen. Wenn ich wissen will, warum dort so lange Krieg ist, und wer gegen wen gekämpft hat, muss ich das, ehrlich gesagt, nachlesen. Ich muss auch nachschauen, welcher Politiker diesen historischen Satz zum deutschen Kampfeinsatz in Afghanistan gesagt hat. Nämlich, dass "die Freiheit der Bundesrepublik Deutschland auch am Hindukusch verteidigt wird". Verteidigungsminister Peter Struck war das, 2004. Danke, Internet.
Ich bin also kein Afghanistan-Experte. Aber das ist auch nicht mein Job.
Wo ist Plan B?
Und nun? Wieder die Taliban. Noch im Juni hatte US-Präsident Joe Biden erklärt, eine baldige Machtübernahme der Taliban sei "äußerst unwahrscheinlich". Und ich frage mich: Ist es nicht sein Job, mehr zu wissen? So wie es der Job unserer Regierung, unserer Experten ist, mehr zu wissen? Pläne zu haben. Strategien zu haben. Plan A zu haben für diesen Fall und Plan B für jenen?
Stattdessen die schlimmen Nachrichten aus Afghanistan. Falls es einen Hoffnungsschimmer für Demokratie dort gegeben hat - es ist vorbei. Stattdessen Präsidenten, Außen-, Innen- und Verteidigungsministerinnen, die ihren Job nicht gemacht haben. Erschreckende Planlosigkeit.
Ein Lichtblick in Hamburg
Und ich sehe einen Hamburger Senat, der schnell gehandelt hat und Menschen aus Afghanistan aufnimmt, die dort jetzt um ihr Leben fürchten müssen. Weil sie zum Beispiel mit ihrer Arbeit als Dolmetscher für die Bundeswehr, auch die "Freiheit der Bundesrepublik Deutschland" verteidigt haben. Ein Lichtblick.
