China-Einstieg: Dressel mahnt bei Hafen-Streit zu Sachlichkeit

Stand: 22.10.2022 11:02 Uhr

Im Streit um die geplante Beteiligung des chinesischen Staatskonzerns Cosco an einem HHLA-Containerterminal hat Finanzsenator Dressel (SPD) zur Sachlichkeit gemahnt. Er verwies auf eine Erklärung der städtischen Hafenlogistiker.

In der Erklärung betonte die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), dass Cosco durch die geplante 35-Prozent-Beteiligung am Terminal Tollerort keinen Zugriff auf den Hamburger Hafen oder die HHLA und auch nicht auf strategisches Know-how erlange. Zudem bekomme Cosco an dem Terminal auch keine exklusiven Rechte. Das chinesische Außenministerium appellierte an Deutschland, bei der Frage der chinesischen Beteiligung offen zu bleiben. Seit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen vor 50 Jahren seien pragmatische Zusammenarbeit und gegenseitiger Nutzen immer Leitmotive gewesen, hieß es am Sonnabend in einer Erklärung.

Kein Ausverkauf an China

Dressel verteidigte die Pläne einer chinesischen Beteiligung am Freitag bei Twitter: "Dass in der aktuellen Lage Leute bei solchen (Minderheits-)Beteiligungen Fragen haben, ist mehr als verständlich." Um einen "#ChinaSellOut" (Ausverkauf an China; Anm. d. Red.) handele es sich nicht. "Da sollten die vielen selbst ernannten Hafen-Experten quer durch die Republik mal bei den Fakten bleiben."

Kanzleramt will wohl China-Deal durchsetzen

Bei der umstrittenen chinesischen Beteiligung an einem Hamburger Hafenterminal will das Kanzleramt den Deal offenbar durchsetzen. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hält ebenfalls an dem Plan fest. In der Sache hat sich nichts verändert", sagte Senatssprecher Marcel Schweitzer am Donnerstag mit Blick auf den Streit in der Berliner Ampelkoalition um die Genehmigung des chinesischen Einstiegs im Hamburger Hafen.

Am Kurs von Hamburgs Bürgermeister sowie dem Kanzleramt gibt es viel Kritik - unter anderem von Grünen-Fraktionschefin Jasberg.

Grünen-Fraktionschefin sieht chinesischen Einstieg kritisch

Die in Hamburg mitregierenden Grünen gehen zu den Plänen auf Distanz. Der Bundesnachrichtendienst warne aktuell vor China, twitterte die Fraktionsvorsitzende Jenny Jasberg am Donnerstag. "Das zu ignorieren ist fahrlässig. Aus den Folgen der Abhängigkeiten von Russland sollten wir gelernt haben und entsprechend auf unsere Infrastruktur schauen." Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der gegen den Deal ist, habe die Position seiner Partei klargemacht.

Habeck warnt vor neuen Abhängigkeiten

Habeck warnte am Rande der Ministerpräsidentenkonferenz am Freitag in Hannover vor neuen Abhängigkeiten. Man habe gelernt, "dass Abhängigkeiten von Ländern, die dann möglicherweise ihre eigenen Interessen in diese Abhängigkeiten hineinspielen, also uns dann erpressen wollen, nicht mehr nur ein abstraktes Phänomen sind, sondern - Gas/Russland - Realität in dieser Welt sind". Habeck betonte: "Wir sollten diese Fehler nicht wiederholen."

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte nach dem EU-Gipfel in Brüssel, es sei noch gar nichts entschieden. "Es sind noch viele Fragen zu klären."

Mehrere Ministerien gegen die Investition

Sechs Ministerien, die an der Investitionsprüfung fachlich beteiligt sind, haben das Geschäft abgelehnt. Das Kanzleramt drängt einer Recherche von NDR und WDR zufolge jedoch darauf, dass der Einstieg zustande kommen soll. Auch Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher setzt sich ebenfalls weiter für eine Beteiligung des chinesischen Terminalbetreibers Cosco ein.

Tschentscher teilt Befürchtungen nicht

Blick über die Elbe auf das Container Terminal Tollerort der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). © picture alliance/dpa | Markus Scholz Foto: Markus Scholz
Maximal 35 Prozent des Containerterminals Tollerort der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) sollen an den chinesischen Konzern Cosco verkauft werden.

Die Befürchtungen, dass China durch eine Minderheitsbeteiligung am Containerterminal Tollerort der HHLA Zugriff auf die kritische Infrastruktur erhalten könnte, teile Hamburgs Bürgermeister nicht. Tschentscher hatte bereits in der Vergangenheit betont, dass weder China noch andere Länder Zugriff auf die kritische Infrastruktur in Deutschland haben dürften.

"Infrastruktur darf nicht zum Spielball geopolitischer Interessen werden"

Marcel Emmerich, Obmann der Grünen im Innenausschuss des Bundestages, erneuerte die Kritik der Grünen am Donnerstag. "Unsere kritische Infrastruktur darf nicht zum Spielball geopolitischer Interessen anderer werden. Europa ist ein starker Handels- und Wirtschaftsraum und auch unsere Häfen zählen zu besonders schützenswerten Einrichtungen", heißt es in einer Mitteilung. "Wie Sigmar Gabriel damals Gasspeicher an Russland vertickte, will Olaf Scholz jetzt unbedingt Teile des Hamburger Hafen an China verhökern. Offenbar hat die SPD nichts gelernt."

Spahn gegen chinesischen Einstieg bei Hamburger Hafenterminal

Während sich die Hamburger CDU als größte Oppositionspartei in der Frage einer möglichen Beteiligung des chinesischen Cosco-Konzerns noch nicht festlegen wollte, wurde Unionsfraktionsvize Jens Spahn deutlicher. "Eine Lehre aus Pandemie und Energiekrise ist: Wir müssen unabhängiger von China werden." Doch Kanzler Olaf Scholz (SPD) wolle die Abhängigkeit offenbar noch vergrößern. "Das wäre ein fataler Fehler." Wirtschaftsminister Robert Habeck habe Recht. "Deutsche Häfen gehören nicht in chinesische Hand. Zumal Europäer sich in China nicht an Häfen beteiligen können."

Linke und AfD lehnen Cosco-Beteiligung ab

Linke und AfD lehnen eine Beteiligung am HHLA-Containerterminal Tollerort ab. Ein Verkauf der Terminal-Anteile an Cosco wäre ein Fehler, sagte Norbert Hackbusch, wirtschaftspolitischer Sprecher der Linken. "Er beschädigt die Souveränität des Hamburger Hafens." Die AfD befürchtet zu großen Einfluss Chinas im Falle eines Einstiegs des Staatskonzerns im Hafen. "Deutschland darf sich in keine einseitigen Abhängigkeiten begeben - schon gar nicht in die der Kommunistischen Partei Chinas", sagte ihr Hafen-Experte Krzysztof Walczak.

HHLA sieht keine sachlichen Gründe gegen Chinas Einstieg

Der Hamburger Hafenlogistiker HHLA zeigt sich weiter optimistisch, dass der vereinbarte Einstieg des chinesischen Konzerns Cosco beim Terminal Tollerort von der Bundesregierung genehmigt werden kann. "Die HHLA befindet sich nach wie vor in dem laufenden Verfahren zur Erteilung der erforderlichen investitionsrechtlichen Freigabe. Von einer ablehnenden Haltung durch sechs Bundesministerien ist der HHLA nichts bekannt", teilte ein HHLA-Sprecher am Donnerstag mit. Der HHLA seien in dem Verfahren keine sachlichen Gründe genannt worden, die gegen eine Freigabe der Investition sprechen würden.

China begrüßt geplante Zusammenarbeit

China hat den vom Hamburger Hafen geplanten Teilverkauf eines Container Terminals an das chinesische Staatsunternehmen Cosoc begrüßt. Gemeinsame Projekte zwischen Deutschland und der Volksrepublik seien immer begrüßenswert, wenn sie gegenseitig vorteilhaft sind. Das teilte das chinesische Außenministerium auf Anfrage des ARD-Hörfunks mit.

Gemeinsame Zusammenarbeit betont China immer wieder, obwohl es sich selbst seit einigen Jahren abschottet und europäischen Unternehmen den Marktzugang erschwert. Gleichzeitig investiert China massiv in Infrastruktur im Ausland. Kritiker bemängeln, Staaten würden sich dadurch erpressbar machen.

Mehr als ein Drittel der Anteile am Containerterminal Tollerort will der chinesische Cosco-Konzern von der HHLA erwerben. Bereits im vergangenen Sommer wurde der Vertrag unterzeichnet.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 20.10.2022 | 13:00 Uhr

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