23. Bertini-Preis für Schüler mit Zivilcourage
Am 27. Januar ist der "Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus". Traditionell wird an diesem Tag der Bertini-Preis verliehen.
In diesem Jahr werden fünf Projekte junger Hamburgerinnen und Hamburger ausgezeichnet, die in besonderer Art und Weise Erinnerungsarbeit für die Opfer des Nationalsozialismus leisten und sich gegen Fremdenhass und für Zivilcourage engagieren. Die offizielle Preisverleihung fällt in diesem Jahr aufgrund der Corona-Maßnahmen aus. Wir stellen die Preisträgerinnen und Preisträger vor.
"Wer ist Hans.com" - eine Spurensuche
Zu den ausgezeichneten Projekten gehört die Spurensuche "Wer ist Hans". 21 Wilhelmsburger Jugendliche haben sich dabei dem Thema "Widerstand gegen den Nationalsozialismus" gewidmet. Dabei sind sie auf die Geschichte von Hans Leipelt und seiner Familie aufmerksam geworden. Leipelt führte nach der Hinrichtung der Geschwister Scholl die Arbeit der Weißen Rose in Hamburg fort und wurde von den Nazis wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Auch seine Mutter Katharina fiel den Nazis zum Opfer. Die Jugendlichen entwickelten eine digitale Spurensuche - gewidmet dem Schicksal der Familie Leipelt.
Bertini-Preis für Filmprojekt des KAIFU-Gymnasiums
Der Anschlag auf den Gottesdienst der Jüdischen Synagoge an der Hohen Weide war Anlass für die Gemeinschaft des KAIFU-Gymnasiums, einen Film gegen Antisemitismus zu realisieren. Die Schülerinnen und Schüler, Eltern und das Kollegium beschlossen, mit Videobotschaften Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde zu bekunden. Die einzelnen Videoaufnahmen wurden zu einem Film gearbeitet und an die Gemeinde überreicht, mit der Botschaft: "Wir müssen auch in unserem Alltag ganz genau darauf achten, was diskriminierend ist. Wir müssen es erkennen und uns ganz klar davon distanzieren. Zusammen können wir diese Welt zu einem besseren Ort machen."
Interview-Projekt: "Familiengeschichten aus der NS-Zeit"
Im Frühjahr konnten aufgrund Corona weder Gedenkfeiern zum 75. Jahrestag des Kriegsendes stattfinden noch Gedenkstätten besucht werden. Wie kann eine Auseinandersetzung mit der Geschichte dennoch gelingen? Das war die Grundlage für die Idee zum Interview-Projekt der Klosterschule und dem Helmut-Schmidt-Gymnasium. Hintergrund für die Interviews war die Beschäftigung mit individuellen Familiengeschichten aus der NS-Zeit. Die Gesprächspartnerinnen und -Partner der Schülerinnen und Schüler waren die Zeitzeugin und Holocaust-Überlebende Esther Bejarano sowie Angehörige mit unterschiedlichen Familienbiografien aus Hamburg: Jüdische Familien, Verfolgten und Widerständler, Familien von NS-Tätern. Die Video-Interviews wurden als Film geschnitten und mit dem Bertini-Preis ausgezeichnet.
Bertini-Preis für "Weiter als die Angst"
Die Theater AG des Heinrich-Heine-Gymnasiums und Regisseur Nils Daniel Finckh entwickelten mit dem Theaterstück "Weiter als die Angst" eine Gegenüberstellung der Lebensläufe von Sophie Scholl und Anne Frank: Sophie Scholl kämpfte gegen die Judenvernichtung des Hitler-Regimes. Welche Auswirkung dieses Regime auf das jüdische Leben hatte, verdeutlicht das Theaterstück anhand der Darstellung des Exils von Anne Frank und ihrer Familie in Amsterdam und des nachfolgenden Zwangsaufenthaltes mit Todesfolge in dem Konzentrationslager Bergen-Belsen. Die Auseinandersetzung der Schülerinnen und Schüler mit dem NS-Regime und seinen Folgen wurde mit dem Bertini-Preis ausgezeichnet.
Projekte leisten Erinnerungsarbeit
Das bilaterale Theatergroßprojekt "Why should I care about your history?" setzt sich mit Identitätskonzepten, Zugehörigkeit sowie Erinnerungs- und Gedenkkultur zwischen Deutschland und Israel auseinander. Zwischen Hamburg-Wilhelmsburg und dem drei Kilometer vom Gazastreifen entfernten Kibbuzim Gevim in Sderot wurde die deutsche Geschichte und Identität - sowie die Aufarbeitung des Holocausts und der deutschen Verantwortung - von Schülerinnen und Schülern - aus verschiedenen Perspektiven - angegangen. Das Projekt aus Begegnungen, Workshops, Seminaren, Lesungen, Poetry Nights, Podiumsdiskussionen, Theateraufführungen und Performance- und Kunstaktionen im öffentlichen Raum ist mit dem Bertini-Preis ausgezeichnet worden.
Benannt nach einem Roman Giordanos
Der Bertini-Preis: Der Name geht auf den Roman "Die Bertinis" des Hamburger Schriftstellers Ralph Giordano zurück. Der im Dezember 2014 verstorbene Giordano arbeitete mehr als 40 Jahre an dem Buch, in dem er das Schicksal seiner Familie in der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur schildert, das geprägt war von Ausgrenzung, Verfolgung und ständiger Angst. Ralph Giordano war Ehrenvorsitzender des Vereins und immer zuversichtlich, dass der Bertini-Preis seine Botschaft "Lasst euch nicht einschüchtern" weitertragen werde.
Die Ausschreibung zum Bertini-Preis richtet sich seit 1998 an alle jungen Hamburgerinnen und Hamburger ab 14 Jahren. Sie können sich einzeln, als Gruppe oder Schulklasse mit einem Projekt bewerben - oder von anderen für ihr mutiges "Eintreten gegen Unrecht, Ausgrenzung oder Gewalt von Menschen gegen Menschen in dieser Stadt" vorgeschlagen werden.
