Rund um den UNESCO International Jazz Day 2025
Die UNESCO feiert jährlich am 30. April den International Jazz Day mit Konzerten und Workshops. Wie zeitgemäß die Veranstaltung noch ist, kommentieren Claudia Hartmann (NDR) und Julia Neupert (SWR).
2011 von der UNESCO offiziell ins Leben gerufen, geht diese weltweite Veranstaltung 2025 in ihre vierzehnte Ausgabe. Am International Jazz Day wird die diplomatische und vereinende Rolle des Jazz in der Welt betont. In jedem Jahr ist eine ausgewählte Metropole Austragungsort eines großen Gala-Konzerts mit vielen internationalen Jazzgrößen. In diesem Jahr fiel die streitbare Entscheidung zugunsten Abu Dhabis aus. Ist der International Jazz Day als Veranstaltung und Gedenktag mittlerweile verzichtbar oder ist es gerade jetzt wichtig die kulturelle Vielfalt, die im Jazz steckt, hochzuheben und zu leben?
CONTRA International Jazz Day: Image statt Inhalt (Julia Neupert, SWR)
Bei der Frage "Warum ein Jazz Day?" argumentiert die UNESCO so: Jazz sei gesellschaftlich einfach so irrsinnig relevant, weil er hervorragende diplomatische Modelle liefern würde für "interkulturellen Austausch und Toleranz", für Diversität, für Menschenrechte und für ein "friedliches Miteinander". Aha, denkt man da und fragt sich, warum die Gastgeberstadt in diesem Jahr dann ausgerechnet Abu Dhabi ist? Die wahrscheinlichste Antwort darauf hat mit Geld zu tun.
Denn die UNSECO hat kein Budget für den Jazz Day, zur Finanzierung braucht es Sponsoren. Die aber wollen Image und kein Inhalt. Der Jazz beim Jazz Day muss also marktauglich sein und das widerspricht dann so ziemlich allem, was ihn für die UNESCO so interessant macht. Die kommerziellen Spielarten von Jazz funktionieren nämlich nach den auch im Popgeschäft üblichen Regeln, basieren auf strengen Bandhierarchien, ziemlich begrenzten Vorstellungen von musikalischer Freiheit und einem Star-Kult rund um wenige Namen. Auch bei der jährlichen Jazz-Day-All-Star-Gala gibt es quasi eine Stammbesetzung, die eigentlich "Herbie Hancock & Friends" heißen müsste: John Beasley, Dee Bridgewater, Teri Lyn Carrington… sie und andere sind seit 2012 fast jedes Jahr dabei.
Für mich ist der Jazzday als Veranstaltung und Gedenktag absolut verzichtbar - und offensichtlich für viele andere auch. Das Konzertvideo vom All-Star-Gobal-Concert im letzten Jahr jedenfalls hat auf Youtube noch nicht mal 22.000 Aufrufe.
PRO International Jazz Day: Vom Jazz kann unsere Gesellschaft etwas lernen! (Claudia Hartmann, NDR)
Natürlich feiern wir den International Jazz Day! Für den Jazz gibt es keine Stunde Null, keine Uraufführung und keine Erstveröffentlichung. Jazz ist in einer oralen Tradition entstanden – niemand weiß genau wann und wo.
Und ja klar: es gibt allerlei kurioser Gedenktage wie den Tag des Bieres, den Welttag der Gletscher oder den Weltkontaktlinsentag. Und auch wenn diese Tage mich persönlich manchmal kopfschüttelnd zurücklassen, werden sie im Zuge der Globalisierung immer wichtiger. Es tut gut ab und an mal den Fokus darauf zu richten, was scheinbar nicht besonders gewürdigt werden muss.
2011 hat die Unesco den Tag ausgerufen. Jazz ist per se ein ausgesprochen demokratischer, vielfältiger und kreativer Musikstil. Damals startete man euphorisch: es gab unzählige Veranstaltungen wie Flashmobs, Konzerte und Livestreams. Bisheriger Höhepunkt war sicherlich die Einladung von Barak Obama im Weißen Haus zu feiern. Seitdem ebbt die Begeisterung scheinbar nach und nach ab. Kaum vorstellbar, dass so etwas unter den aktuellen politischen Bedingungen in den USA heute möglich wäre. Momentan hat man ja fast Angst, dass die Entstehung des Jazz demnächst dort womöglich anders erzählt wird... Daher ist es um so wichtiger, gerade jetzt die kulturelle Vielfalt, die im Jazz steckt, hochzuheben!
Das muss man ja nicht "Feiern" - aber daran erinnern und es bewusst machen. Denn der Jazz hat nach wie vor keine Lobby, wie zum Beispiel die Klassik. Für viele ist Jazz keine leicht zugängliche Musik und muss immer wieder erklärt werden. Der gesellschaftliche Background und die Kraft, Menschen zusammenzubringen, daraus kann unsere Gesellschaft etwas lernen! Und darum ist es wichtig diesen Tag zu begehen.