Wahlkampf in Österreich: Muslime als Spielball
Frankreich, Ungarn, Deutschland - die Rechtspopulisten sind in Europa auf dem Vormarsch. Am 4. Dezember wählen die Österreicher einen neuen Bundespräsidenten. Die Chancen stehen nicht schlecht für Norbert Hofer von der rechtspopulistischen FPÖ. Die Partei macht seit Jahren Stimmung gegen Muslime. Auch in diesem Wahlkampf, sagt unser Gastkommentator Farid Hafez, Politikwissenschaftler an der Universität Salzburg.
Österreich befindet sich in der entscheidenden Runde eines höchst polarisierenden Wahlkampfes, der die gesamte Gesellschaft spaltet. Auf der einen Seite: der ehemalige Grünen-Chef Alexander Van der Bellen, der vielen zu links ist. Auf der anderen: Norbert Hofer, langjähriger Funktionär der rechtspopulistischen FPÖ, der seine rechte Seite jedoch rhetorisch geschickt kaschiert.
Muslime als Zielscheibe
Man könnte glauben, dass es österreichischen Muslimen besonders leicht fällt, hier eine Entscheidung zu treffen. Nach wie vor aber gilt: Viele von ihnen haben kaum Bezug zum aktuellen politischen Geschehen. Die Mehrheit stammt, genau wie in Deutschland, ursprünglich aus der Türkei. Einige orientieren sich immer noch an Ankara und wollen Van der Bellen aufgrund der Nähe der österreichischen Grünen zur prokurdischen HDP ihre Stimme verweigern.
Dabei lassen sie eines außer Betracht: Seit mehr als zehn Jahren schlägt die FPÖ auf die anti-muslimische Pauke. So sagte ihr derzeitiger Präsidentschaftskandidat Hofer zu einem muslimischen Studenten, er habe dessen Stimme ganz einfach nicht nötig. Und überhaupt: Der Islam sei kein Teil von Österreich. Obwohl er hier seit mehr als 100 Jahren als Religionsgemeinschaft gesetzlich anerkannt ist. Aber damit nicht genug. Norbert Hofer machte Österreichs Musliminnen und Muslime wiederholt zur Zielscheibe: Im Zusammenhang mit den Fluchtbewegungen sprach er von einer "Invasion von Muslimen", die uns derzeit angeblich heimsucht. Er fordert ein Kopftuchverbot für muslimische Frauen im öffentlichen Raum. Zudem warnt er pauschal vor Muslimen und bezeichnet es als "dramatisch", dass ihr Anteil an der österreichischen Bevölkerung in den kommenden Jahren angeblich enorm steigen soll.
Zuletzt stellte er gar die Behauptung auf, in Pflegeberufen seien keine Muslime tätig. Als christliche Sozialwerke widersprachen, behauptete er, nur "liberale Muslime" würden dieser Tätigkeit nachgehen. Schließlich, so Hofer, habe er noch nie "eine Frau in Burka" in einem Krankenhaus als Pflegerin gesehen.
Eine gespaltene Gesellschaft
Der Islam und die Muslime sind ein Spielball im Bundespräsidentschaftswahlkampf. Genauer gesagt: Die meisten von ihnen sitzen passiv auf der Zuschauertribüne, die wenigsten spielen aktiv mit. Zu ihnen zählen in erster Linie junge, höher gebildete Menschen, die in Österreich sozialisiert wurden. Muslimische Menschenrechtsaktivisten und Akademiker unterstützen mehrheitlich Van der Bellen. Für die ältere Generation gilt dies kaum. Sollte Hofer gewinnen, werden vermutlich vor allem die Jungen aufbegehren, während die Alten weiter ihren Blick ins Ausland richten - insbesondere in die Türkei. Nicht nur der Wahlkampf spaltet also die Gesellschaft Österreichs, sondern vor allem der Rechtspopulismus. Diese gefährliche Entwicklung sollte man in Deutschland aufmerksam verfolgen.
