Kein Wasser in der Sportstunde: Schulalltag während des Ramadan
Seit Ende Februar ist Ramadan. Fast 80 Prozent der Musliminnen und Muslime in Deutschland fasten - darunter auch schulpflichtige Kinder. Das kann zu Problemen führen: Bei der Konzentration im Unterricht und auch beim Sport.
An der Ludwig-Povel-Schule in Nordhorn beginnt die fünfte Schulstunde. Die Sechstklässlerinnen Maha und Esraa Alsaho laufen zur Turnhalle. Denn auf dem Unterrichtsplan steht donnerstags Sportunterricht. Eine Doppelstunde. In ihrem Turnbeutel: Laufschuhe, Sportshirt und -hose. Was sie diesmal nicht dabei haben: Etwas Wasser oder einen Schokoriegel. Sie fasten. Esraa findet: Muslimische Schüler sollten im Ramadan keinen Sport mitmachen müssen: "Das ist besser. Weil man ja kein Wasser trinken kann. Und dann ist der Hals trocken."
Lehrkräfte wünschen sich Unterstützung

Auf der Bank sitzen: Für die Sportlehrerin trotzdem keine Option. Sie achte darauf, dass sich niemand überanstrenge. Jetzt aber erstmal warmlaufen. Maha hat Spaß am heutigen Unterricht. Sie spielt im Verein Handball, und das recht erfolgreich. Heute spielen sie Brennball. Genau das Richtige für Maha. Aber Sport und generell der Unterricht im Ramadan: Da gibt es Meinungsverschiedenheiten. Zwischen Kindern, Eltern und Lehrern: Schulsozialarbeiterin Hanna Rinke-Senft weiß: "Dass im Lehrerzimmer da auch in gewisser Weise eine Unwissenheit ist. Viele wissen natürlich, dass der Ramadan jetzt beginnt. Und dass das auch eine Zeit ist, in der gefastet wird. Aber ich glaube, viele Lehrkräfte wünschen sich einfach so ein bisschen Handreichungen. Sie fragen sich: Wie kann ich damit umgehen? Wie kann ich Kinder damit unterstützen, aber wie kann ich sie auch zum Lernen motivieren, dass sie sich gut konzentrieren können und einfach einen guten Schulalltag haben können? Und da ist noch viel Raum nach oben."
Handlungsempfehlungen auf Social Media
Die Islamwissenschaftlerin Annett Abdel-Rahman bildet Lehrkräfte an der Universität Osnabrück aus. Sie sieht das anders: "Der Ramadan kommt jedes Jahr - zuverlässig. Ich habe diese Handlungsempfehlungen dieses Jahr ohne Ende gelesen. Jeder Instagramer, jeder Mensch der muslimisch ist, hat auf seinen Social-Media-Kanälen Handlungsempfehlungen verbreitet. Selbst im Business-Bereich, wie man vielleicht mit Kollegen umgeht.
Junge Schüler sind stolz aufs Mitfasten
Der Umgang mit muslimischen Schülern - besonders mit noch recht jungen - er gestaltet sich schwierig. Die Schulsozialarbeiterin Leyla Rahimli ist selbst Muslimin. Sie fastet auch und weiß, warum auch die jungen Schüler mitfasten wollen: "Am ersten Fastentag hatte ich Unterricht in der fünften Klasse. Da waren auch etwa fünf, die gefastet haben. Die waren sehr stolz, als sie gesagt haben: Ja, ich faste heute."
Der Stolz - den sieht man auch den beiden Schwestern Maha und Esraa an. Aber auch sie sehen es so: Im Schulalltag könnte man schon etwas mehr auf den Ramadan achten. "Wir machen an Weihnachten ja immer Weihnachtsdeko. Es wäre auch schön, wenn man Ramadan-Deko macht", sagen sie. "Ich finde, dann hat man das Gefühl, dass man sich viel, viel wohler fühlt. An Weihnachten macht man auch Wichteln. Aber man kann ja auch an Ramadan wichteln."
Ausnahme vom Fasten: die Klassenfahrt
So richtig gemeinsam - Schüler und Lehrer - hat man sich zum Ramadan nie ausgetauscht, meinen die Schulsozialarbeiterinnen. Mehr über den Ramadan reden, so wie über Weihnachten. Maha und Esraa finden das eine gute Idee. Vielleicht bei der kommenden Klassenfahrt. Es geht an die Nordsee, nächste Woche. Darauf freuen sie sich. Und der Ramadan setzt dann für sie aus. Denn: "Wenn man im Ramadan auf Reise ist, schwanger oder krank oder klein ist, dann muss man nicht fasten."
