Stand: 11.04.2019 15:42 Uhr

"Amal, Hamburg!": Nachrichten für Flüchtlinge

von Susanne Röhse

In Hamburg gibt es ein neues digitales Nachrichtenportal: "Amal, Hamburg!" heißt die Nachrichtenplattform im Internet. Sie richtet sich an Menschen, die sich wegen mangelnder Sprachkenntnisse nicht in deutschen Medien informieren können. Deshalb informiert "Amal, Hamburg!" in arabischer und persischer Sprache. Susanne Röhse hat die Macher aus Syrien, Afghanistan und Iran kennengelernt.

Amal, Hamburg! berichtet auf Arabisch und Persisch über Ereignisse aus der Hansestadt. Im Bild die drei Redakteure Nilab Langar, Omid Rezaee und Ahmad Alrifaee (v.l.n.r.) © Körber-Stiftung/Jann Wilken Foto: Jann Wilken
Das Redaktionsteam von "Amal, Hamburg!": Nilab Langar, Omid Rezaee und Ahmad Alrifaee (v.l.n.r.).

Ihre Schreibtische stehen mitten im Großraumbüro der Kollegen vom "Hamburger Abendblatt". Morgens nehmen die drei "Amal"-Redakteure an der Konferenz teil - sowohl inhaltlich als auch räumlich arbeiten die drei Journalisten eng mit den Hamburger Lokalredakteuren zusammen. Ihre Texte schreiben sie in ihrer Muttersprache - für alle diejenigen, die hier neu leben, erklärt der Iraner Omid Rezaee: "Die Partizipation gelingt nur, wenn man weiß, was in seiner Nachbarschaft, in seiner Stadt, in seinem Bezirk passiert. Das ist die Grundidee von 'Amal'."

Hamburger Nachrichten und eigene Themen

Sie übernehmen Themen aus dem "Hamburger Abendblatt", recherchieren - wenn nötig - weitere Hintergrundinformationen dazu - und sie schreiben über eigene Themen: Wie funktioniert das Schulsystem in Hamburg? Warum gehen junge Menschen für das Klima auf die Straße? Was bedeuten neue Gesetze? "Die Gesetze, die verabschiedet werden, über Flucht, über Flüchtlinge, die bewegen die deutsche Gesellschaft kaum, aber die sind absolut wichtig für unsere Communitiy - und darüber berichten wir auch", sagt Omid Rezaee.

"Die Freiheit ist der Grund, warum wir hier sind"

"Amal" ist das arabische Wort für "Hoffnung" - die drei, die bereits in ihrer Heimat als Journalisten gearbeitet haben, hoffen, dass sie mit ihren Artikeln und Videos den Menschen aus ihrer Heimat dabei helfen können, sich hier einzuleben. Finanziell werden sie von der Körber-Stiftung und der evangelischen Kirche unterstützt. Das Schwesterprojekt in Berlin existiert bereits seit zwei Jahren - dort hat Omid Rezaee schon gearbeitet. Das Konzept des Nachrichtenformats soll er als Redaktionsleiter nun auch in Hamburg umsetzen: "Die Freiheit, die wir hier haben, ist der Grund, warum wir hier sind. Ich wurde wegen der journalistischen Arbeit verhaftet und habe dann mein Land verlassen. Die Freiheit, die ich in der deutschen Medienszene erfahren habe, wundert mich immer noch jeden Tag."

Auch Rezaees Kollegin, die Fernsehjournalistin Nilab Langar, floh mit Mann und Kind aus Afghanistan, nachdem sie wegen eines Artikels im Internet über den sogenannten Islamischen Staat bedroht worden war: "In Afghanistan ist es sehr schwer, besonders für die Frauen. Frauen können nicht in vielen Bereichen arbeiten. Wegen dieser Bedrohung, wegen dieser Unsicherheit sind viele Menschen geflohen - ich auch. Deswegen bin ich hier."

"Wir finden einen Weg, um zusammenleben zu können"

Über soziale Medien, über Freunde und Familie sind sie in Kontakt mit ihren Landsleuten, wissen, was sie bewegt, welche Themen für sie wichtig sind. Auch darüber wollen die drei "Amal"-Redakteure berichten. Einige dieser Artikel werden auf Deutsch auf den Lokalseiten des "Hamburger Abendblatts" veröffentlicht. So erfahren Hamburger, was die Geflüchteten bewegt und umgekehrt.

Das Zusammenleben ist ein Thema, das den jungen Syrer Ahamd Alfrifaee beschäftigt: "Integration bedeutet für mich, dass ich mich verändere, damit ich zu einer Sache passe. Inklusion heißt, dass beide Parteien sich kennenlernen und sich gegenseitig anhören, bis sie zusammenleben können. Ich verzichte nicht auf meine Identität, die anderen auch nicht, sondern wir finden einen Weg, um zusammenleben zu können - und dann leben wir bunt. Inklusion heißt bunt, Integration heißt eine Farbe."

Übrigens: Als Flüchtling würde sich der Fotograf und Fernsehreporter nicht mehr bezeichnen: "Man ist geflüchtet, aber man lebt dann in dem anderen Land. Ich bin ein Mensch, der hier lebt."

Amal, Hamburg! berichtet auf Arabisch und Persisch über Ereignisse aus der Hansestadt. Im Bild die drei Redakteure Nilab Langar, Omid Rezaee und Ahmad Alrifaee (v.l.n.r.) © Körber-Stiftung/Jann Wilken Foto: Jann Wilken
AUDIO: "Amal, Hamburg!" (5 Min)

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Freitagsforum | 12.04.2019 | 15:20 Uhr

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