Ursula Hinrichs - Eine Ohnsorg-Legende wird 90
45 Jahre lang begeisterte Ursula Hinrichs das Publikum im Hamburger Ohnsorg-Theater. Auch im Fernsehen und unzähligen Hörspielen war sie zu erleben. Am 27. April feiert Ursula Hinrichs ihren 90. Geburtstag.
Über viele Jahrzehnte hinweg prägte Ursula Hinrichs das norddeutsche Theater- und Fernsehschaffen. Dabei blieb sie stets bodenständig, vielseitig – und der plattdeutschen Sprache eng verbunden. "Eine große Erfüllung, dass ich meinen Weg so gegangen bin, wie er war", resümmiert Ursula Hinrichs ihr Leben im Interview mit NDR 90,3.
Mit Plattdeutsch zum Star

Geboren wird Ursula Hinrichs 1935 als Ursula Tammen in Apen im Oldenburger Land. Schon in jungen Jahren entdeckt sie ihre Leidenschaft fürs Theater - ein Impuls, der ihr Leben entscheidend prägen soll. "Ich hatte es wohl einfach im Blut", sagt Ursula Hinrichs heute. Trotzdem macht die junge Ursula Hinrichs zunächst einmal eine Ausbildung zur Handelskauffrau. Doch die Liebe zur Bühne ist stärker - sie wird Schauspielerin. 1957 debütiert sie an der August-Hinrichs-Bühne in Oldenburg. Dort begegnet sie bei einer Premierenfeier Heike Hinrichs, dem Enkel des bekannten plattdeutschen Dramatikers August Hinrichs. Aus der Begegnung wird eine Beziehung, aus der Beziehung eine Ehe – 1960 heiraten die beiden. In den folgenden Jahren wächst die Familie auf sechs Mitglieder an. Doch auch mit vier Kindern bleibt Ursula Hinrichs Begeisterung für die Schauspielkunst ungebrochen.
Ik bün glücklich över de ganzen Johrn, dat ik över mien Spraak, de plattdüütsche Spraak, so veel erreichen kunn. / Ich bin glücklich, dass ich über all die Jahre mit meiner Sprache, der plattdeutschen Sprache, so viel erreichen konnte. Ursula Hinrichs im Interview bei NDR 90,3
Der Ruf ans Ohnsorg-Theater

Nach vielen Jahren an der August-Hinrichs-Bühne in Oldenburg beginnt Anfang der 70er Jahre eine neue, prägende Etappe in Ursula Hinrichs Leben: Intendant Hans Mahler, der Ehemann von Heidi Kabel, bietet ihr eine Rolle am Ohnsorg-Theater an. "Lünken sünd ok Minschen" ("Spatzen sind auch Menschen") heißt das erste Stück, in dem sie zu erleben ist. Bereits im zweiten Stück mit dem Namen "Quartett zu Dritt" steht sie gemeinsam mit Ohnsorg-Star Heidi Kabel auf der Bühne. "Sie in der Hauptrolle - und ich hatte auch eine feine Rolle. Aber das war auch das einzige mal überhaupt, dass ich mit ihr zusammen auf der Bühne gestanden habe!", sagt Ursula Hinrichs. Dafür tritt sie aber natürlich immer wieder mit all den anderen großen Stars des Ohnsorgs auf: ob mit Hilde Sicks, Karl-Heinz Kreienbaum, Jochen Schenck, Christa Wehling oder auch Edgar Bessen. "Eine schöne Zeit!", schwärmt Ursula Hinrichs.
Mit lustigen und auch ernsten Rollen zum Publikumsliebling
Über Jahrzehnte prägt Ursula Hinrichs das Ohnsorg-Theater als Schauspielerin und Publikumsliebling entscheidend mit. In mehr als 60 Produktionen ist sie zu sehen und überzeugt dabei nicht nur durch ihr schauspielerisches Talent, sondern auch durch ihr enormes Sprachgefühl und ihre wunderbare Bühnenpräsenz. Oft lustig, immer wieder aber auch ernst sind Ihre Rollen. Sie überzeugt in beiden Fächern - ob als Martje Krull in Friedrich Hans Schaefers plattdeutscher Bearbeitung des „Zerbrochnen Kruges“, als Tante Anna in „Swieg still, Jung!“ oder als resolute Blumenhändlerin Nolte in „Sturm im Wasserglas“ – Hinrichs verleiht ihren Rollen stets eine unverwechselbare Handschrift. Legendär auch ihre „Queen vun Quekenbüttel“ – eine Figur, mit der sie zu ihrem 70. Geburtstag auf der großen Ohnsorg-Bühne zu erleben ist und mit der sie wahre Begeisterungsstürme erntet.
"Der große Bellheim", "Süderhof" und "Die Kinder vom Alster"

Auch vor der Kamera ist Ursula Hinrichs über viele Jahre präsent. Regisseure schätzen ihre Natürlichkeit, ihre Vielseitigkeit und ihre Präzision. So wirkt sie unter anderem in Produktionen des Regisseurs Karl Fruchtmann mit und spielt markante Nebenrollen in zahlreichen TV-Serien. Als Oma Brendel in der Familienserie „Süderhof“ wird sie zur Kultfigur. Ebenso als Hausdame von Mario Adorf ("Ein toller Mensch!") in dem vielfach ausgezeichneten ZDF-Vierteiler „Der große Bellheim“. Und auch in „Die Kinder vom Alstertal“ bringt sie über 50 Folgen lang als Ami Sommerland Charme und Herzenswärme auf den Bildschirm. "Adelheid und ihre Mörder", "Großstadtrevier" oder "Nicht von schlechten Eltern" - die Liste der Fernsehserien, in denen sie zu sehen ist, ist lang.
Stimme mit Charakter – Ein Herz für das plattdeutsche Hörspiel
Neben Bühne und Fernsehen ist das Hörspiel seit 1956 ein zentrales künstlerisches Betätigungsfeld für Ursula Hinrichs – und das sowohl als Sprecherin wie auch als Regisseurin. An insgesamt 260 Produktionen des plattdeutschen Hörspiels vom NDR und Radio Bremen wirkt sie mit. Dabei beweist sie auch hier immer wieder aufs Neue, was allein ihre Stimme zu leisten vermag. Ihre letzte große Rolle im plattdeutschen Hörspiel übernimmt Ursula Hinrichs 2018 in der Hörspielserie „Düsse Petersens“. Die Rolle der Herta Thams ist Ursula Hinrichs von den Autoren - langjährige Wegbegleiter von ihr - auf den Leib geschrieben worden.
Auszeichnungen und Rückzug
Für ihre Verdienste um das niederdeutsche Theater wird Hinrichs mehrfach geehrt – unter anderem mit der Ohnsorg-Verdienstmedaille (1998) und dem Kulturpreis „Blauer Löwe“ des Landkreises Harburg (2008). Ihren letzten Auftritt auf der Bühne des Ohnsorg-Theaters hat sie in der Wiederaufnahme des Stückes „Keerls dör un dör“ im Jahr 2015. Seither genießt sie ihren wohlverdienten Ruhestand – und verfolgt mit großer Leidenschaft Sportübertragungen im Fernsehen.
Geburtstag feiern mit "Botterkoken"
Ihren Geburtstag begeht Ursula Hinrichs mit ihrer Familie und Freunden in Buchholz in der Nordheide, dort, wo sie bereits seit den 60er Jahren lebt. "Erstmal geht es in ein Restaurant - und hier zuhaus, dor gifft dat denn ok noch Botterkoken (Butterkuchen)!", sagt Ursula Hinrichs im Interview mit NDR 90,3 - und fügt hinzu: "Ik frei mi op den Dag!" - "Ich freue mich auf den Tag!".
