Legendäre Konzerte und neueste Trends: 70 Jahre Jazz-Redaktion
Der Jazz stand nach dem Zweiten Weltkrieg für Aufbruch und Freiheit. Vor 70 Jahren wurde im NWDR, der öffentlich-rechtlichen Rundfunkstation Hamburgs, eine Jazz-Redaktion ins Leben gerufen.
Hans Gertberg leitete seit 1952 diese Redaktion. Er entwickelte aus den Studiokonzerten den NDR Jazz Workshop - eine innovative Konzertreihe, die 1958 startete: Völkerverständigung in Klang und Kreation.
Im NDR Archiv liegen Konzertmitschnitte aus sieben Jahrzehnten mit Musikern wie Bill Evans, Dizzy Gillespie, Ella Fitzgerald, Jan Garbarek, Keith Jarrett, Carla Bley, Pat Metheney und Al Jarreau. Dessen erstes Konzert in Europa fand 1973 in der legendären Hamburger Kneipe Onkel Pö statt, die Jazzredaktion unter dem neuen Redakteur Michael Naura nahm das legendäre Event auf.
In der Redaktion wirkten namhafte Jazzautoren wie Redaktionsleiter Michael Naura selbst, Ekkehard Joost, Werner Burkhard, Konrad Heidkamp und Peter Niklas Wilson. Die Jazz-Konzerte im NDR wurde zu einer weltweit bewunderten Reihe. Unter Michael Nauras Einfluss entwickelte sich die Jazz-Redaktion zur dynamischsten der europäischen Rundfunkanstalten, hieß es im "Jazz Rough Guide".
Sternstunden des Jazz in der Mediathek
Heute bespielt die Jazz-Redaktion nicht nur das Radio, sondern auch die umfangreiche Jazz-Mediathek, die wie eine Schatztruhe aus kreativen Klängen ist. "Improvisierte Musik aufzuführen, ist wie in eine andere Dimension einzutauchen", sagte Pianist Esbjörn Svensson über sein Konzert in der Hamburger Laeiszhalle, das die Redaktion des NDR im Jahr 2006 aufnahm. Solche Mitschnitte für das Radio gehören zu den Sternstunden, von denen einige auf CD erschienen sind - Mitschnitte aus der Hamburger Fabrik oder von der Jazz Baltica.
Jazz als Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen
In etwa 425 Sendungen pro Jahr, in Play Jazz und Round Midnight, taucht die Redaktion in die Geschichte des Jazz ein, spürt aber auch neue Trends auf: Wie spiegelt und beeinflusst der Jazz die Gegenwart und die multikulturelle Gesellschaft? Identität, Gender, Migration, Black Lives Matter, kulturelle Aneignung und ökologisches Bewusstsein - alles wird im Jazz verhandelt.
Brücke zwischen Musik und Publikum
Jazz ist vielfältig und bunt, das ideale Medium für das 21. Jahrhundert, spannend und unterhaltsam. Das motiviert auch den heutigen Redakteur Stefan Gerdes: "Jazz ist eine Musik, die nie stillsteht, die sich selbst immer wieder neu erfindet und Überraschendes hervorbringt. Das ist auch der Grund, weshalb wir jeden Morgen mit Begeisterung in der Redaktion die Stapel neuer Musik, die wir bekommen, sichten und hören und dann genau das Überraschende mit den Zuhörerinnen und Zuhörern teilen wollen. Ich sehe uns immer als eine Brücke zwischen den Musikerinnen, den Musikern, den Plattenfirmen, den Festivals und Clubs und dem Publikum!"