Szene aus "Perfect Days" von Wim Wenders, ausgezeichnet beim Wettbewerb von Cannes. ©  2023 MASTER MIND Ltd
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AUDIO: Filmtipp: "Perfect Days" (4 Min)

Poetisch und voller Schlichtheit: Wim Wenders' "Perfect Days"

Stand: 11.03.2024 02:05 Uhr

Wim Wenders' in Tokio gedrehter Film "Perfect Days" hat für Japan eine Oscar-Nominierung als bester internationaler Film erhalten. Er erzählt vom schlichten Leben eines Mannes, der Toiletten reinigt. 

von Anna Wollner

Ein Mann liegt vor dem offenen Fenster seines spärlich eingerichteten Zimmers: eine Futon-Matte auf dem Boden, ein kleines Regal ordentlich sortiert mit Musikkassetten, eine kleine Leselampe für die wenigen Bücher, die er jede Woche gebraucht kauft und wieder verkauft. Die Sonne scheint ihm ins Gesicht, er liegt einfach da und hört Musik.

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Regisseur und Autor Wim Wenders (r.) mit Hauptdarsteller Koji Yakusho (l) bei den Governor's Awards (Ehrenoscars) im Januar 2024 in Los Angeles © picture alliance / Chris Pizzello/Invision/AP | Chris Pizzello Foto: Chris Pizzello

Oscar-Nominierung für Japan: Wim Wenders' Drama "Perfect Days"

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Es ist eine von vielen Momentaufnahmen, einer von vielen Einblicken in das alltägliche Leben der Hauptfigur Hirayama. Es sind Rituale und Routinen: das morgendliche Aufstehen, Anziehen, Zähneputzen, Fertigmachen, das Ziehen eines Kaffees in einem Automaten vor seiner Wohnung, der Weg zur Arbeit, das tägliche Aussuchen der perfekten Musik für den Tag.

"Perfect Days": Die Geschichte eines Toilettentempel-Reinigers

Wim Wenders' "Perfect Days" ist fast schon dokumentarisch. Ein Spielfilm, entstanden aus einer Einladung nach Tokio. Eigentlich sollte er sich nur ein Prestigeobjekt der japanischen Metropole angucken: 17 öffentliche Toiletten, entworfen von Star-Architekten des Landes. Toiletten, die nichts mit dem traurig-tristen stillen Örtchen hierzulande gemein haben - Design-Perlen, mal aus Holz, mal mit futuristischen Licht- und Glasinstallationen. Alle sauber, weil sie von Männern wie Hirayama mit liebevoller Hingabe gereinigt werden.

Wenders sollte eigentlich einen Dokumentarfilm über diese Orte drehen, ist aber nach einer ersten Besichtigung schnell von der Idee abgekommen, wollte diese Toilettentempel, wie er sie beschreibt, in einen fiktionalen Kontext heben, um den Ort eine Geschichte entspinnen. Eine Geschichte über das schlichte Leben eines Mannes, der voll und ganz mit sich im Reinen ist.

Ausdrucksstarkes Spiel von Haupdarsteller Kōji Yakusho

Hirayama ist kein Mann der großen Worte, er spricht kaum bis selten, geht jeden Tag in denselben Park zur Mittagspause, abends in ein öffentliches Badehaus zum Duschen, danach in ein kleines Restaurant, um Suppe zu essen. Hauptdarsteller Kōji Yakusho, der in Japan ein gefeierter Star ist und der bei den Filmfestspielen in Cannes als bester Darsteller ausgezeichnet wurde, schafft es mit wenigen Gesten, ein unglaublich ausdrucksstarkes Spiel zu präsentieren. Erst als Hirayamas Nichte auftaucht, wird er gezwungen, zu kommunizieren, gezwungen, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. Aber selbst hier bleibt Wenders vage.

Unterlegt hat Wenders seinen Film - dank der Liebe seines Protagonisten zur Musik - mit einem ganz besonderen Soundtrack, dem Soundtrack seines Lebens, mit Velvet Underground, Patti Smith, The Kinks und immer wieder Lou Reed.

"Perfect Days" ist ein großartiger Film - ganz ruhig, ganz zärtlich, poetisch und voller Schlichtheit.

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Regisseur und Autor Wim Wenders (r.) mit Hauptdarsteller Koji Yakusho (l) bei den Governor's Awards (Ehrenoscars) im Januar 2024 in Los Angeles © picture alliance / Chris Pizzello/Invision/AP | Chris Pizzello Foto: Chris Pizzello

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Perfect Days

Genre:
Komödie | Drama
Produktionsjahr:
2023
Produktionsland:
Japan
Zusatzinfo:
Mit Koji Yakusho, Tokio Emoto, Arisa Nakano u.a.
Regie:
Wim Wenders
Länge:
125 Minuten
FSK:
ab 0 Jahren
Kinostart:
21. Dezember

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NDR Info | Neue Filme | 20.12.2023 | 07:50 Uhr

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